Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 19.11.2010 11:12

Curt-Frenzel-Stadion: Sicht unter null

<p> <x_bildunterschr> <b>Die Sicht im </b> umgebauten Curt-Frenzel-Stadion ist gleich Null, wie AEV-Ehrenpräsident Gottfried Neumann (mit seinem Enkel) zuletzt demonstrierte. </x_bildunterschr> </p>
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Augsburg – Wäre dieser Tage zufällig ein auswärtiger Journalist in die Pressekonferenz des Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl zum Umbau des örtlichen Eishockeystadions geraten, er hätte vermutlich die Welt nicht mehr verstanden. Und vielleicht dies an seine Heimatredaktion geschrieben: „Liebe Kollegen, lacht jetzt bitte nicht, aber in Augsburg haben sie beschlossen, ein altes Stadion umzubauen und beauftragten dafür einen Architekten, der von Stadionbau ungefähr so viel Ahnung hat wie ich von der Bedeutung mongolischer Schriftzeichen. Nämlich gar keine. Trotzdem ließ man ihn werkeln und die Bauherren fanden das, was er dort fabrizierte, prima. Als aber dann Anfang Oktober die ersten Fans die neuen Tribünen betraten, klagten diese über furchtbar schlechte Sichtverhältnisse. Die meisten konnten von ihren Plätzen aus nicht mal die Spielerbänke sehen. ,Das wird schon noch, sagten die Bauherren und die Architekten und der Sportreferent Peter Grab.’ Einzig den Oberbürgermeister trieb offenbar im Rathaus die Frage um, ob nun mehrere Tausend Augenzeugen die Wahrheit berichteten, oder ob er einer Handvoll Beamten trauen sollte, die mit viel Eifer die Architekten verteidigten. Also beauftragte er ein Gutachten bei Stefan Nixdorf, einem Experten für Stadionbau und Sichtlinien. Der präsentiere jetzt seine Ergebnisse und gab den Zuschauern Recht: Die Sichtverhältnisse auf allen erstellten Tribünen seien nicht akzeptabel. Kurzum: Sie sind katastrophal. Sie sind sogar noch schlechter, als von vielen befürchtet. Liebe Kollegen in der Redaktion, nur zur Sicherheit: Ich bin nüchtern, befinde mich in Augsburg, Bayern, also nicht in Schilda oder gar im Legoland.“

So unglaublich und vielleicht sogar witzig das klingt, so ernst ist die Situation in der Fuggerstadt tatsächlich. Denn das Thema Eishockeystadion betrifft inzwischen nicht nur die Fans, sondern bringt weite Bevölkerungsteile und Vertreter aller Parteien auf die Palme. Nicht wenige zweifeln in diesem Zusammenhang daran, ob die Verantwortlichen in der Stadtregierung überhaupt grundsätzlich in der Lage sind, derartige Großprojekte durchzuziehen. Großprojekte wie etwa den Umbau des Königsplatzes, die weitaus komplizierter sein dürften als der Bau von Stadiontribünen, die eine freie Sicht auf ein Spielfeld ermöglichen.

Oberbürgermeister Gribl kündigte nun an, schnell nach Lösungen zu suchen und erst hinterher nach den Schuldigen, denn die würden schließlich nicht davonlaufen. Ein Vorgehen, das mittlerweile auf großes Unverständnis stößt. Heidemarie Ostermeier, eine 63-jährige Verkäuferin in der Innenstadt, sagt das, was viele denken: „Da sollen Leute in der Stadtregierung gedeckt werden. Wenn ich mit meinem Auto ins Rathaus donnere, sagt auch niemand, dass zunächst eine Lösung für das Loch gesucht werden muss. Sondern die fragen sofort: Wer war’s?“

Mittlerweile hat sich in Augsburg eine Gruppe „Bürger für das Curt-Frenzel-Stadion“ gebildet, ein Zusammenschluss von Persönlichkeiten, Fans, Journalisten und Baufachleuten, die genau diese Fragen beantwortet haben wollen: Wer hat was und warum genehmigt? Wer hat nicht auf die Pläne geschaut? Wer hat dafür gestimmt, dass das jetzige Architekturbüro auch für die Tribünen verantwortlich ist?

Gottfried Neumann, Ehrenpräsident des AEV und Mitglied der „Bürger für das CFS“: „Wenn auch nur ein Teil der Informationen, die ich täglich bekomme, stimmt, dann verbirgt sich hinter dieser Affäre ein tiefer Sumpf.“ Die Gruppe fordert, dass die sogenannten C-Werte für die Sichtlinien auf mindestens 95 Prozent der Plätze und in allen Reihen nach dem Umbau 12 betragen, der laut Gutachter Nixdorf optimale Wert. Alles darunter sei bei einer Renovierung für immerhin 16 Millionen Euro nicht akzeptabel, zumal die Sichtverhältnisse früher auch perfekt gewesen seien. Nebenbei: Auf den derzeit gebauten Tribünen ergeben sich teilweise Sichtwerte im negativen Bereich, also unter Null.

Bei irgendwelchen Kompromissen bezüglich der Sicht bestehe die Gefahr, so die „Bürger für das CFS“, dass das Stadion allenfalls als mittelmäßig wahrgenommen werde, was die Zukunft der Augsburger Panther akut gefährde. Gerade in diesem Punkt fordern die Fans detaillierte Einsicht in die Nixdorf-Ergebnisse, wobei sich derzeit der Verdacht erhärtet, dass die Stadtspitze entscheidende Passagen des Gutachtens noch bewusst unter Verschluss hält, dort also kein ernsthaftes Interesse an einer Aufklärung des Skandals besteht. So wird zum Beispiel über den Baureferenten Gerd Merkle derzeit eine wundersam schützende Hand gehalten, obwohl dieser nachweislich mit seinem Referat an der Auswahl des Architektenbüros beteiligt war. Merkle nimmt weder an Pressekonferenzen teil, noch hat er bislang erklärt, wie ein Planer den Zuschlag bekommen konnte, der noch nie ein Stadion gebaut oder umgebaut hat, obwohl dies ausdrücklich im Anforderungsprofil gefordert war.

Inzwischen wurde auch bekannt, dass eine angedachte Lösung, die Anhebung der Eisfläche um einen Meter, mit fast unüberwindbaren technischen Problemen verbunden wäre. Allein die Eismaschinen bräuchten, um künftig auf diese Höhe zu kommen, eine 15 Meter lange Rampe. Inwiefern die bestehenden Tribünen um mehr als einen Meter in den hinteren Reihen aufgestockt werden können, eine Forderung des Gutachters, prüft derzeit das Architektenbüro. „Man muss nicht viel von Stadionbau verstehen, um zu erkennen, dass das eine teure Flickschusterei wird“, erklärt Gottfried Neumann. Deshalb müsse alles abgebrochen und neu errichtet werden.


Von HWalther
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