Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 25.05.2018 12:00

Experte: Imkerei nicht gefährdet

Die Abschlussveranstaltung der Reihe „Blühende Rahmen” war für die gesamte Öffentlichkeit gedacht, gekommen waren 80 Besucher, größtenteils aus der Landwirtschaft. Dabei hatte man mit Johann Dennert einen kompetenten und gefragten Experten und zugleich Imker gewinnen können. Dennert war als Leiter der Versuchsabteilung anerkannter Pflanzenbaufachmann am Gut Roggenstein, der größten landwirtschaftlichen Einrichtung der TU München, und brachte in seinem Vortrag Erfahrungen als Imker und wissenschaftliche Erkenntnisse sowie des deutschen Bienenmonitorings ein.

Einseitige Schuldzuweisungen an die Landwirtschaft im Zusammenhang mit dem Bienensterben lehnte Dennert ab. Bei Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis und bei strikter Einhaltung der Bienenschutzverordnung sah der Experte die Imkerei in Deutschland nicht gefährdet. Entscheidend sei ein verantwortungsvoller Umgang mit Pflanzenschutzmitteln; dabei habe sich die Pflanzenschutzintensivität in den vergangenen Jahren nicht wesentlich geändert. Die Mittel würden präziser eingesetzt, und modernste Anwendungstechniken, wie Spritztechnik mit sogenannten Droplegs, verhinderten, dass Spritzmittel auf den Blüten landet. Bei diesem modernen Verfahren befinden sich die Spritzdüsen weit unterhalb der Blütenstände und können dort das Spritzmittel gezielt versprühen. Diese Methode ist vor allem bei blühenden Rapsfeldern im Frühjahr zu empfehlen, denn Chemie in Rapsblüten macht den Imkern Sorgen.

Insgesamt habe der Einsatz von klassischen Pflanzenschutzmitteln in den vergangenen Jahren nicht zugenommen, stellte Dennert klar. Bei den Bienenverlusten sei jedoch ein leichter, regional unterschiedlicher Anstieg zu verzeichnen gewesen. Dies führte der Referent auf die Etablierung der Varroamilbe ab 1976 zurück. Die Belastung mit dem Bienenparasiten Varroa und damit verbundene Erkrankungen sind nach wie vor von großer Bedeutung für die Bienenverluste während der Wintermonate. Die Varroamilbe mache den Imkern größere Sorgen und erfordere richtige Maßnahmen, sagte Dennert.

Bayerische Imkereien, die am Bienenmonitoring beteiligt waren, meldeten 2015/16 Überwinterungsverluste zwischen 6,5 und 6,7 Prozent; in den Vorjahren lagen die Verluste schon bei über 22 Prozent. Die Forschung habe keinen einzelnen Faktor als Ursache der Bienengesundheit identifiziert, sondern mache vielmehr eine Kombination von Gründen für den Rückgang der Bienenpopulation in einigen Regionen verantwortlich.

Zu den Ursachen zählen etwa Viren, Bakterien und Parasiten, die Bienenstöcke mit Krankheiten infizieren und damit schwächen. Hinzu kommen eine ungenügende Ernährungsgrundlage über die gesamte Saison, der Verlust natürlicher Lebensräume wie Hecken, ungünstige Klimabedingungen sowie in einigen Fällen unsachgemäße Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder nachlässige Haltung.

Die Honigproduktion in Deutschland sei seit 1991 bis 2017 relativ konstant geblieben, erklärte der Experte. Allerdings mit regionalen Unterschieden: Die Zahl der Imker war 2016/17 deutlich auf 120 000 gestiegen. Jeder Imker hat im Schnitt knapp sieben Bienenvölker. Der Referent sah die Imkerei in Deutschland insgesamt nicht als gefährdet an.

Die Bestäubungsfunktion von Honig- und Wildbienen ist für die Erzeugung von Lebensmitteln für die globale Ernährungssicherheit von ganz entscheidender Bedeutung, führte Dennert aus. 80 Prozent aller in Europa angebauten Pflanzen und 40 Prozent der globalen Lebensmittelproduktion profitierten von den Bestäubungsleistungen der Bienen.

Bei den Belastungen und festgestellten Rückständen im Honigbrot und Honig dominieren wie in den Vorjahren Wirkstoffe aus der Rapsblüten-Spritzung, gefolgt von Anwendungen bei Obst- und Sonderkulturen. Wie bereits bei anderen Untersuchungsjahren sind Fungizide bezüglich Häufigkeit und Menge besonders auffällig.

Auch das Thema Glyphosat im Honig sprach Dennert an. Im Untersuchungsjahr 2016 wurden 98 Sommerhonige auf Glyphosat untersucht. In sieben konnte Glyphosat in geringen Mengen nachgewiesen werden; bei zweien lag der Wert über der zulässigen Höchstmenge.

Die belasteten Honige wiesen vor allem Kornblumen-Pollen auf. Dass dabei die Glyphosatspritzung auf Feldern mit Kornblumen im Feld oder am Rand ursächlich für den Eintrag in die Bienenvölker ist, sei sehr wahrscheinlich. meinte Dennert. Er riet, Glyphosat im Frühjahr, wenn nötig, unbedingt vor der Blüte einzusetzen.

Grundsätzlich befürwortete Dennert die Initiative, Blühflächen oder Blühstreifen auf den Feldern anzulegen; jedoch müsse bei den Blühstreifen am Feldrand gewährleistet sein, dass sie von der Pflanzenschutzbehandlung verschont blieben.

Grundsätzlich sei für die Bienen alles förderlich, was blüht, sagte Dennert. Er setzt sich auch für eine Verständigung von Bauern und Imkern ein, was die Pflanzenschutzbehandlung angeht. So könne der Landwirt den Imker informieren, wenn er Pflanzenschutz auf die Rapsblüte ausbringen will. Der Landwirt solle auch nicht bienengefährliche Pflanzenschutzmittel möglichst außerhalb der täglichen Hauptflugzeiten ausbringen.

Fazit des Experten Dennert: Jeder kann seinen Beitrag zum Erhalt einer artenreichen Bienenfauna leisten.

BBV-Kreisobmann Reinhard Herb und Kreisbäuerin Sabine Asum bezeichneten das Gespräch zwischen Landwirten und Imkern als sehr wichtig. Alle bräuchten die Bienen, alle sollten deshalb das gleiche Ziel verfolgen. Der gleichen Meinung war nach einer regen Diskussion auch der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, Ernst Haile, der zum gemeinsamen Dialog aufrief und auf das Projekt „Wittelsbacher Land summt” hinwies. Landwirte wollen Beitrag zum Schutz der Bienen leisten und Gespräche mit Imker suchen


Von Ines Speck
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