Als 2015 in Affing ein Tornado eine Spur der Verwüstung hinterließ und Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz standen, waren sie zur Stelle, hörten zu, trösteten, gaben Halt und hielten Wut und Trauer aus: die Mitarbeiter der Notfallseelsorge im Bistum Augsburg. Nun hat die Einrichtung ihren Bericht für die Jahre 2021 bis 2023 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass die Arbeit dieser Helfer in der Not wichtig bleibt.
Diakon Martin Linder ist seit 2022 Leiter der Notfallseelsorge. Er stellt fest, dass sich die Anzahl der Einsätze seit Jahren „auf einem konsequent hohen Niveau” bewege. Dies liege nicht zuletzt an dem wachsenden Bekanntheitsgrad der Notfallseelsorge, „aber auch an den vielen positiven Rückmeldungen von Menschen, denen in Krisen- und Extremsituationen geholfen werden konnte”, ist Linder überzeugt. Doch in den vergangenen drei Jahren waren die Helfer besonders stark gefordert. Im Jahr 2022 waren es 1737 Einsätze - bisheriger Rekord. Bereits für 2021 ist ein sprunghafter Anstieg auf knapp 1500 Einsätze festzustellen, nachdem es im Jahr 2020 - pandemiebedingt - lediglich 1211 waren.
Linder erinnert daran, dass die vergangenen drei Jahre geprägt waren von „mehreren herausfordernden Krisen”. Neben der Corona-Pandemie waren dies bedingt durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die Wirtschafts- und Energiekrise. „Viele Menschen sind mittel- oder auch unmittelbar von diesem Dauerkrisenzustand betroffen”, sagt Linder. „Unser Leben folgt einer neuen Normalität, vieles ist nicht wie zuvor.” Geschehen dann vor diesem Hintergrund tragische Ereignisse, wie plötzliche Todesfälle, Unfälle oder Naturkatastrophen könnten für die Betroffenen die Krisen als „Verstärker” in besonderer Form zur Herausforderung werden, so Linder weiter.
Insgesamt 4799 Einsätze listet der Bericht der Notfallseelsorge für die vergangenen drei Jahre auf, was bei einer mittleren Einsatzdauer von knapp drei Stunden insgesamt 13 860 Stunden in Anspruch nahm. Häufigster Einsatzgrund über alle drei Jahre hinweg waren häusliche Todesfälle und andere im heimischen Bereich stattfindende Betreuungsfälle. Ebenfalls zu den häufigeren Einsatzgründen zählt die Betreuung im Zusammenhang mit Reanimationen, Suiziden und Suizidversuchen, Verkehrsunfällen und wenn die Notfallseelsorger Polizisten begleiten, die eine Todesnachricht zu überbringen haben, um dann für die Angehörigen da zu sein.
Organisiert ist die Notfallseelsorge in 15 regionale sogenannte „Systeme”, die nahezu das gesamte Bistumsgebiet abdecken. Das größte System „Augsburg”, zu dem auch der Landkreis Aichach-Friedberg gehört, hatte allein im vergangenen Jahr 392 Einsätze. Im Rekordjahr zuvor waren es 66 mehr. Insgesamt betreute die Notfallseelsorge in den drei Berichtsjahren 21 550 Betroffene und 934 Einsatzkräfte.
Von den 245 Einsatzkräften, die sich im Jahr 2023 in den Dienst der Notfallseelsorge stellten, waren lediglich 48 hauptamtlich tätig. 198 stellten ehrenamtlich ihre Zeit zur Verfügung. Im Alter zwischen Mitte 20 und Mitte 70 decken sie in einem Schichtsystem zusammen mit Kriseninterventionsteams des Bayerischen Roten Kreuzes, der Johanniter-Unfall-Hilfe, des Malteser-Hilfsdienstes und anderen die Dienstpläne ab. So könne sichergestellt werden dass „die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) jederzeit erreichbar ist, wenn Menschen psychosoziale Begleitung brauchen”, heißt es im Bericht.
Die Notfallseelsorger sind dabei für Nachwuchs dankbar. Zwar ließen sich beim jährlich stattfindenden Grundqualifizierungskurs im Durchschnitt zwischen 20 und 30 Personen zu Notfallseelsorgenden ausbilden, trotzdem hoffe man, „dass sich auch in den kommenden Jahren weiterhin viele Menschen qualifizieren und somit die Zahl an Notfallseelsorgenden wächst, um die Fülle an Einsätzen bewältigen und so Menschen in Not beistehen zu können”.
Die Notfallseelsorge des Bistums Augsburg ist erreichbar über Telefon 0821/31 66 27 21 oder per E-Mail an notfallseelsorge@bistum-augsburg.de.