Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 16.09.2022 15:11

"Dann steht jeder Keller unter Wasser"

Schlimm, schlimmer, am schlimmsten: So ist der Zustand der Kanäle, mit denen sich der Pöttmeser Gemeinderat am Donnerstag befasste. Das Ergebnis einer Kanalbefahrung in Pöttmes und Reicherstein hat ergeben, dass Handlungsbedarf besteht und in den kommenden Jahren viel Geld in die Hand genommen werden muss.

Für nächstes Jahr ist die Erneuerung der Schwedenstraße in Pöttmes geplant. Deshalb rückt der dortige Kanal in den Fokus. Der Mischwasserkanal kann mit Renovierungsarbeiten, etwa so genannten Inlinern, repariert werden. Deutlich schwieriger ist der Regenwasserkanal. Wie Stefan Wolf vom Bauamt darlegte, ist der Kanal erheblich beschädigt - was unter Umständen sogar von Vorteil ist. Denn in der Schwedenstraße ist der Grundwasserpegel hoch. Wolf geht davon aus, dass der undichte Kanal das Grundwasser aufnimmt und abtransportiert. Möglicherweise läuft auch Wasser aus dem Schimmelwiesbach in den Kanal. Würde man das Rohr abdichten, würde das Grundwasser steigen - um bis zu 30 Zentimeter. "Dann steht da jeder Keller unter Wasser", sagte der Fachmann. Wegen der schwierigen Bodenverhältnisse hat das mit der Kanalinspektion beauftragte Ingenieurbüro Mayr bereits eine zusätzliche Baubegleitung durch die Firma Crystal Geotechnik angeregt. Schon beim bau des Kanals im Jahr 1962 hat Grundwasser Probleme verursacht.

Die rechtliche Lage ist widersprüchlich: Wird der Kanal erneuert, muss er dicht sein. Bleibt der Kanal unberührt, darf er undicht sein. Stefan Wolf hofft, dass mit einem Teilsickerrohr eine Grundwasserabsenkung erzielt werden kann. Eine solche Maßnahme muss aber zuvor vom Wasserwirtschaftsamt genehmigt werden. Mit der Sanierung der Schwedenstraße wird es in der Konsequenz im nächsten Jahr nichts. Erst muss der Kanal repariert werden, die Straße folgt dann 2024.

Sorgen bereiteten die Bilder vom maroden Kanal nicht nur Alwin Wagner (CWG): Wer denn die Gewährleistung für eventuelle Schäden durch eingestürzte Kanäle oder Wasser in den Kellern trage, wollte er wissen. Dafür hatte Stefan Wolf eine einfache Antwort parat: "Wir." Von der Schwedenstraße zweigt übrigens in östlicher Richtung ein Kanal ab, "der ist noch viel schlimmer", sagte er. Da wurde auch Thomas Huber (Bürgerblock) angesichts möglicher Haftung mulmig. Immerhin gab Stefan Wolf Entwarnung. Eine Kommune könne und müsse nur im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit solche Projekte abarbeiten. Aber wenn es einen akuten Schaden gibt, müsse der natürlich sofort behoben werden. Der abzweigende Kanal ist auch deshalb schwierig, weil er vorwiegend über Privatgrundstücke läuft.

In Reicherstein rückten die Kanäle ebenfalls wegen einer Straßenbaumaßnahme ins Blickfeld. Dort soll die Kreisstraße AIC 27 ausgebaut werden. An den dortigen Regenwasserkanal wurden Hausanschlüsse angedockt, sodass es sich inzwischen um einen Mischwasserkanal handelt. Der Kanal muss wegen des Straßenbaus 60 Zentimeter tiefer gelegt werden. Weil er aber an den Kanal in der Sebastianstraße anschließt, müsste auch dieser Kanal tiefer gelegt werden. In der Mitte des Knotens befindet sich zu allem Überfluss ein abenteuerliches Rohrkreuzungssystem. Stefan Wolf hofft, dass eine Führung des Kanals durch weniger Gefälle über den Geisbergweg möglich. Eine wenig sinnvolle Alternative wäre eine weite Umleitungsstrecke in den Norden der Ortschaft, von wo aus das Wasser mit einer Druckleitung nach Echsheim und Wiesenbach geleitet wird. Auch hier liegt ein Teil des Stücks auf Privatgrund, was in der Regel nicht nur hohe Kosten, sondern auch andere Probleme mit sich bringt. Kein Einzelfall: "In vielen unserer Ortsteile verlaufen die Kanäle auf Privatgrund." Mehrere Varianten für Reicherstein werden nun geprüft.

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