Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Bänker aus dem Landkreis Augsburg zockt Omas ab

Ein 57-jähriger Vermögensberater nutzte die Situation betagter Damen aus, die sich mit ihren Geldangelegenheiten überfordert fühlten. Sie vertrauten sich dem jahrelangen Kundenberater ihrer Bank an. Dieser zweigte jedoch über Jahre kleinere Beträge von den Konten der älteren Herrschaften ab, um sich selbst finanziell zu bereichern. So geschehen in der Weldener Sparkasse. Der 57-jährige stellvertretende Geschäftsstellenleiter soll laut Anklageschrift Gelder in Höhe von 92 000 Euro veruntreut haben. Tatsächlich beläuft sich der Schaden aber auf mehrere Hunderttausend Euro. Nun musste er sich vor einem Augsburger Schöffengericht dafür verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten neben Unterschlagung, Untreue und Urkundenfälschung auch Computerbetrug vor. Der 57-Jährige aus Zusmarshausen machte 1977 bei der Außenstelle der Kreissparkasse Augsburg seine Ausbildung. Ab 1989 war er Kundenberater und von 2007 bis zu seiner Entlassung 2016 stellvertretender Geschäftsstellenleiter und Vermögenskundenberater. In dieser Tätigkeit soll er im Laufe der Jahre laut Anklage über 92 000 Euro von dem Konto zweier älterer Damen auf andere Konten überwiesen haben oder Barauszahlungen vorgenommen haben. Die Kreissparkasse stellte im Rahmen einer Überprüfung Ungereimtheiten fest und kam dem Angeklagten auf die Schliche. In über 200 Fällen fälschte er Unterschriften und buchte Geld auf die Konten von bis zu sechs weiteren Personen, die davon profitierten. Anhand der Handschrift konnten dem 57-Jährigen die gefälschten Urkunden zugeordnet werden. Außerdem soll er mit den Personalnummern der Kollegen und sogar der Auszubildenden und somit in deren Namen am Computer diverse Transaktionen getätigt haben.
Als der Betrug aufflog, bekannte sich nach Aussagen der Kreissparkasse der Angeklagte sofort schuldig und arbeitete mit der Bank konstruktiv zusammen. Er hat den Geschädigten eine Aussage vor Gericht ersparen wollen und seine Vorgehensweise detailliert preisgegeben, erklärte sein Verteidiger Steffen Kraus.
Monatlich bereicherte er sich zwischen 2007 und 2016 immer wieder mit kleineren Beträgen. In einem Fall erstellte er mit einer gefälschten Unterschrift gar ein Konto, um Geld überweisen zu können. Dieses Konto habe er nach eigenen Angaben auch dazu benutzt, um Beratungsfehler und Reklamationen auszugleichen. Die Fälle zwischen 2007 und 2012 sind bereits verjährt. Ab 2012 kam eine Summe von 112 000 Euro zustande und im gesamten Zeitraum wurden 221 000 Euro ergaunert.

„Ich weiß nicht warum ich so einen Mist gebaut habe. Wir hatten ein super Verhältnis, sie war wie eine Mutter für mich”, sagte der Angeklagte über eine 87-Jährige, die er bereits seit 30 Jahren kennt. Ein Ermittler des Landeskriminalamts sagte aus, dass die Geschädigte, die der Angeklagte um 87 000 Euro erleichtert hat, in der Vernehmung angegeben habe, dass sie dem Vermögensberater eine Vollmacht gegeben und ihm in den Geldangelegenheiten voll vertraut habe. Sie hatte nicht einmal ihr Sparbuch zu Hause. Einsicht in dieses hatte sie erst, als der Schwindel aufflog.
Der Angeklagte hat bereits Anfang des Jahres 112 000 Euro zurückgezahlt. Somit sind die betrogenen Kunden entschädigt. Er hat nun schon 68 000 Euro Schulden auf seinem Konto, muss der Kreissparkasse aber noch insgesamt 191 000 Euro zurückzahlen und die Anwaltskosten des Verfahrens belaufen sich nach Angaben des Verteidigers ebenso auf knapp 75 000 Euro. Zu Beginn der Ermittlungen hat er darum einer Zwangsvollstreckung zugestimmt. Er wird das Haus, in dem er gemeinsam mit seiner Ehefrau im Zusamtal lebt und welches ihnen zu gleichen Teilen gehört, verkaufen müssen.

„Sie haben sich und ihre Frau in eine finanzielle Schieflage gebracht”, sagte Richterin Rita Gresel und merkte an, dass er seine Strafe bereits im Vorfeld des Verfahrens erhalten habe, denn er habe sich „beruflich komplett ruiniert”. Das Schöffengericht um Vorsitzende Gresel verurteilte den Finanzexperten zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Gresel hakte nach, wollte vom Angeklagten wissen, warum er die Situation älterer Damen so „schamlos ausgenutzt” und was er mit dem Geld angestellt habe.

„Wir haben uns mehr Kleidung gekauft, Urlaube gemacht und sind öfter fortgegangen. Also einen höheren Lebensstandard ermöglicht”, sagte der 57-Jährige. Das Schöffengericht war fassungslos, wie jemand so einfach Zugriff auf fremde Konten haben könne. „Man sollte doch meinen, dass eine gewisse Fürsorgepflicht seitens der Bank besteht, gerade für betagtere Kunden”, sagte einer der Schöffen, der selbst jahrelange Erfahrung im Bankwesen hat und erklärt, dass „normalerweise das Vier-Augen-Prinzip” gelte.


Von Patrick Bruckner
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