Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Tierheim macht Schule: Achtklässler engagieren sich freiwillig

Zweimal im Jahr können Augsburger Achtklässler bei dem Projekt „change in“ mitmachen und sich freiwillig in einer von rund 100 Einsatzstellen engagieren. Von Kindertagesstätten über Seniorenheime und Sportvereine bis hin zu Büchereien beteiligen sich die unterschiedlichsten Einrichtungen. Besonders beliebt bei den Schülern ist unter anderem das Tierheim in der Holzbachstraße. Hier wurde nun die 33. Runde von change in eröffnet.

Lautes Bellen erwartet die Besucher schon am Eingang. Die Hunde sind aufgeregt, als eine große Gruppe Menschen an ihren Zwingern vorbei läuft. Zur Eröffnung der neuen Runde von change in sind einige Schüler im Tierheim zusammen gekommen. Außerdem Mentoren des Projekts und die verantwortlichen Koordinatoren vom Stadtjugendring und vom Freiwilligenzentrum, die change in gemeinsam organisieren. Tierpflegerin Tamara Hofmann führt die Gruppe durch das Tierheim und erläutert dabei die Arbeit der Einrichtung. Zur Zeit sind rund 30 Hunde und 40 Katzen hier, erzählt sie. Außerdem gibt es Igel, die im Tierheim überwintern, verschiedene Vögel sowie die Kleintierabteilung mit Mäusen, Ratten, Kaninchen, Meerschweinchen und Chinchillas. Momentan leben auch Baby-Eichhörnchen in der Einrichtung. Hofmann zeigt den Schülern eines der pelzigen Tierchen und wird prompt gebissen. Die Tierpflegerin lacht nur. Sie ist die tägliche Arbeit mit den Vierbeinern gewohnt. Und will sie auch den Schülern näher bringen. Im Gegensatz zu vielen anderen Tierkindern seien kleine Eichhörnchen sehr zutraulich. Wenn die Mütter die Kinder nicht mehr versorgen könnten, weil sie etwa überfahren wurden, suchten die Kleinen gezielt Kontakt zum Menschen. „Wenn die Babys einem hinterher laufen, sollte man sie mitnehmen“, rät die Expertin. Für viele andere Tierkinder gelte das nicht. „Wir können die Babys einfach nicht so versorgen, wie es die Eltern können. Am besten ist immer: Erstmal bei uns anrufen und nachfragen, was man tun soll, bevor man die Tierkinder mit nach Hause nimmt.“

Die Schüler lauschen Hofmanns Erklärungen aufmerksam. Für viele von ihnen ist das Tierheim eine der spannendsten Einsatzstellen von change in. So wie für Evelin Ziebert vom Gymnasium Maria-Stern. „Ich liebe Tiere, am liebsten hätte ich einen ganzen Zoo“, erzählt sie. Von Klein auf habe sie immer Haustiere gehabt. Auch wenn sie zu Hause bereits eine Katze hat, will Evelin Ziebert sich zusätzlich für andere Tiere einsetzen, die Hilfe brauchen.
Im Tierheim ist sie da an der richtigen Adresse. „Momentan haben wir auch zwei Border Collies, die ihr Leben lang nur im Zwinger gehalten wurden“, berichtet Hofmann. „Wir müssen ihnen alles erst zeigen: Autos, Jogger, Straßen. Die kennen bisher nichts.“ Neben den Hunden, die nicht artgerecht gehalten wurden und deshalb nun im Tierheim sind, bis sie ein neues Zuhause gefunden haben, gibt es auch Hunde, die illegal eingeführt wurden oder die in Bayern gar nicht gehalten werden dürfen. „Wir haben zur Zeit einen American Bully. Der wird aus verschiedenen Rassen gezüchtet. Da darunter auch ein Kampfhund ist, ist der Hund bei uns nicht erlaubt“, erklärt Hofmann.
Es sind aber nicht nur die klassischen Haustiere wie Hunde und Katzen, die im Notfall im Tierheim landen. Es gibt in der Einrichtung etwa auch eine Taubenvoliere. „Oft haben wir weiße Zuchttauben bei uns“, sagt Hofmann. Die Tiere lasse man gerne bei Hochzeiten fliegen. In der „freien Wildbahn“ könnten die Tauben dann aber nicht überleben. „Sie sind wegen ihrer Farbe ein leichtes Opfer für Greifvögel.“
Unterstützung kann das Tierheim also immer gut brauchen, das bestätigt auch Sabina Gaßner. Sie ist die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Augsburg und Umgebung, der Träger des Tierheims ist. „Besonders junge Menschen interessieren sich sehr für das Thema Tiere. Sie setzen sich oft vermehrt mit dem Tierschutz auseinander. Wir freuen uns, wenn wir durch change in zweimal im Jahr Hilfe von den Schülern bekommen.“ Der Verein beteiligt sich bereits seit rund 15 Jahren als Einsatzstelle am Projekt change in. Zum Verein gehören auch Taubentürme, das Projekt Stadttiere und der Gnaden- und Archehof Gut Morhard in Königsbrunn. „Der Haupteinsatzort für Schüler ist aber das Tierheim“, sagt Gaßner. Hier dürfen die Schüler bei täglichen Arbeiten helfen, bei der Gartenpflege oder der Versorgung der Kleintiere.

Aktuell beteiligen sich rund 250 Augsburger Achtklässler an change in. Neben dem Tierheim können sie sich für ihren freiwilligen Einsatz etwa für Kinderkrippen, Seniorenheime oder Büchereien entscheiden. Aber auch die FCA-Fußballschule macht mit, Greenpeace und Secondhand-Kleiderläden. „Die sind oft der Renner bei den Mädels“, erzählt Ulrico Ackermann, Projektleiter am Freiwilligenzentrum. Auch Kooperationen mit dem Staatstheater und der Puppenkiste habe es schon gegeben. Die Einsatzstellen variieren von Jahr zu Jahr etwas und die Schüler haben neben den vorgegebenen Einrichtungen auch die Möglichkeit, sich selbst einen Einsatzort zu suchen. „Unsere Stellen sind vor allem in Augsburg und Umgebung, Schüler, die außerhalb wohnen, machen aber auch gerne selbst Vorschläge“, sagt Ackermann. So sind diesmal zum Beispiel auch eine Kindertagesstätte in Affing-Bergen und ein Kinderhaus in Aindling dabei.
Die Schüler leisten 40 Stunden freiwillige Arbeit in der Einrichtung, die sie sich ausgesucht haben. Am Ende des Schuljahres gibt es eine Abschlussfeier, auf der die Achtklässler Urkunden für ihr freiwilliges Engagement erhalten. Die Jugendlichen sammeln also nicht nur neue Erfahrungen und tun etwas Gutes, sondern erhalten zugleich einen Nachweis ihrer sozialen Kompetenz. Der kommt ihnen möglicherweise auch für ihre berufliche Zukunft gelegen, da Arbeitgeber bei Bewerbern vermehrt Wert auf „soft skills“ legen.


Von Kristin Deibl
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