Nicht nur die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs treffen die Wirtschaft im Wirtschaftsraum Augsburg. Vor allem ansteigende Handelshemmnisse, überbordende Bürokratie und der zunehmende Protektionismus hemmen das Auslandsgeschäft, wie eine aktuelle Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben zeigt. „Das nimmt den Unternehmen den nötigen Spielraum, um auf die geopolitischen Herausforderungen zu reagieren, Lieferketten zu diversifizieren oder neue Märkte zu erschließen”, sagt Stefan Offermann, stellvertretender IHK-Präsident und Vorsitzender des Ausschuss International der IHK Schwaben. „Hier ist die Politik gefragt.”
Der Außenhandel hab für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft einen hohen Stellenwert. Rund 3000 Unternehmen sind laut IHK auf ausländischen Märkten aktiv. In der Stadt und im Landkreis Augsburg sowie im Landkreis Aichach-Friedberg sind es insgesamt fast 900 Unternehmen. Mehr als jeden zweiten Euro verdiene die heimische Industrie im Ausland. Vor allem der Maschinen- und Fahrzeugbau, die Logistik und Infrastruktur, aber auch die Lebensmittel- und Verpackungsindustrie seien stark vom internationalen Geschäft geprägt. China, die USA und der europäische Binnenmarkt identifiziert die IHK als die wichtigsten Handelsregionen.
Wichtiger Indikator für den Umfang der Außenhandelsaktivitäten ist die Zahl der ausgestellten Exportdokumente. Im Jahr 2022 hat die IHK Schwaben 46 000 solcher Dokumente ausgestellt - das sind zwölf Prozent weniger als im vorangegangenen Jahr. Im Wirtschaftsraum Augsburg waren zuletzt gut 15 000 Exportdokumente beantragt worden. Laut Offermann ein Beleg, dass sich die geopolitische Lage massiv auf das Alltagsgeschäft der Unternehmen auswirkt: „Der Außenhandel erholt sich zwar allmählich von den coronabedingten Beeinträchtigungen”, sagt er. Der drastische Rückgang der Exporte nach Russland und Belarus schlage nun aber durch.
Wie die regionalen Ergebnisse der bundesweiten IHK-Umfrage „Going International” für Bayerisch-Schwaben zeigen, leiden die Unternehmen dabei auch unter zunehmenden Handelshemmnissen. 60 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, eine Zunahme der Barrieren zu spüren, vor allem durch Sanktionen, verstärkte Sicherheitsanforderungen oder Zertifizierungen.
Wie die Umfrage zeigt, stemmen sich die Unternehmen mit aller Macht gegen diese Hemmnisse und Risiken, etwa durch eine höhere Lagerhaltung oder eine veränderte unternehmerische Ausrichtung. 60 Prozent gaben an, bereits neue Märkte für den Export erschlossen zu haben. Dabei zeigt sich ein klarer Trend: Die Unternehmen machen sich unabhängiger von China.
Auch das Lieferkettengesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, stellt laut IHK für viele Unternehmen eine Belastung im Auslandsgeschäft dar. Fast 95 Prozent der befragten Unternehmen beklagen den erhöhten bürokratischen Aufwand, über drei Viertel halten die Regelungen für nicht praktikabel und umsetzbar. Mehr als 60 Prozent bemängeln die Rechtsunsicherheit aufgrund der derzeitigen Regelungen. „Wie verunsichert die Unternehmen sind, spüren die Experten der IHK Schwaben derzeit deutlich. Das Beratungsaufkommen hat stark zugenommen”, berichtet Offermann, der eine „praxisgerechte Umsetzung des Lieferkettengesetzes” einfordert. (pm)