Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 07.12.2022 12:08

"Ein Kraftakt"

Susanne Steger, Leiterin der Aichacher Tafel (rechts), mit Ehrenamtlichen bei der Ausgabe. Steger kann auf 40 Helfer, meist im Rentenalter, zurückgreifen, die "einen Knochenjob" machen.  (Foto: Ines Speck)
Susanne Steger, Leiterin der Aichacher Tafel (rechts), mit Ehrenamtlichen bei der Ausgabe. Steger kann auf 40 Helfer, meist im Rentenalter, zurückgreifen, die "einen Knochenjob" machen. (Foto: Ines Speck)
Susanne Steger, Leiterin der Aichacher Tafel (rechts), mit Ehrenamtlichen bei der Ausgabe. Steger kann auf 40 Helfer, meist im Rentenalter, zurückgreifen, die "einen Knochenjob" machen. (Foto: Ines Speck)
Susanne Steger, Leiterin der Aichacher Tafel (rechts), mit Ehrenamtlichen bei der Ausgabe. Steger kann auf 40 Helfer, meist im Rentenalter, zurückgreifen, die "einen Knochenjob" machen. (Foto: Ines Speck)
Susanne Steger, Leiterin der Aichacher Tafel (rechts), mit Ehrenamtlichen bei der Ausgabe. Steger kann auf 40 Helfer, meist im Rentenalter, zurückgreifen, die "einen Knochenjob" machen. (Foto: Ines Speck)

Es ist Mittwochmorgen. Heute gibt die Aichacher Tafel Lebensmittel aus. Vor der Tür wartet eine Traube von Menschen, bunt gemischt und überschaubar, weil gut organisiert. Das ist neu diese Woche. Bis Ende November noch wurden die Lebensmittel "synchron" ausgegeben - an der normalen Theke und durch die Hintertür. Vor dieser warteten in einer langen Schlange Flüchtlinge aus der Ukraine, die bis dahin noch nicht in das Farbsystem zur Ausgabe integriert waren. Weil die schiere Menge an Bedürftigen, die da auf einmal angekommen ist, kaum zu bewältigen gewesen sei. Hinter Ulrike Herger von der Caritas-Sozialberatung, Susanne Steger von der Aichacher Tafel und den rund 40 Ehrenamtlichen, die den Laden am Laufen halten, liegt "ein Kraftakt".

Im November sei es nun gelungen, die zahlreichen ukrainischen Flüchtlinge "ins System zu integrieren", erklärt Ulrike Herger. Sie ist quasi die Managerin der verschiedenen Angebote der Caritas in Aichach. Bei ihr klingeln Menschen in akuter Not; bei ihr weinen sich auch einmal Ehrenamtliche aus dem Tafel-Betrieb aus, die am Ende sind; sie koordiniert deren Einsatz, aber auch Termine von Ratsuchenden und schnelle Hilfe, die entweder sie selbst leisten kann oder ein Ansprechpartner aus den weiteren Angeboten, wie der Schuldnerberatung etwa.

150 Tafel-Ausweise sind derzeit ausgestellt. Hinter jedem verbirgt sich ein Schicksal und hinter den meisten mehrere Personen. Das sei wichtig, um den Ansturm an den Öffnungstagen in den Griff zu bekommen. Jüngst seien zum Beispiel sieben Flüchtlinge aus der Ukraine, die in einer Unterkunft wohnen, auf einen Ausweis zusammengelegt worden. "Damit nicht jeder einzeln hierher kommt", erklärt Herger. Eine riesige Menge an Menschen, die im Winter in der Kälte draußen warten müssen, ist für die Ehramtlichen in der Ausgabe kaum zu stemmen. Jetzt läuft die Tafel wieder nach dem Farbsystem, das sich seit der Corona-Pandemie bewährt hat. Über die Farbe ist jedem Ausweisinhaber eine Uhrzeit zugewiesen, zu der er Nahrungsmittel holen kann. Stündlich ist eine andere Farbe an der Reihe, monatlich rotieren sie durch.

Das scheint zu funktionieren. Am Mittwoch ging es eingermaßen ruhig zu. Das bestätigte auch Susanne Steger, die Leiterin der Tafel. Sie ist froh, dass es nun weniger Gewusel gibt in den Räumen. Wenn parallel an der Theke und an der Tür Bedürftige versorgt werden müssen, dann gehe das gehe auf Lasten von Menschen, auf Kosten der Ehrenamtlichen.

"Die ehrenamtliche Arbeit bei der Tafel hat sich zu einer Fließbandarbeit gewandelt", sagt auch Ulrike Herger. Da sei keine Zeit mehr für einen kleinen Plausch, ein nettes Wort am Rande. Im Blick hätten die Ehrenamtlichen stets die Schlange. 100 "Kunden" in vier Stunden werden teils an Mittwochen durch die Räume geschleust.

Würde die Diplom-Sozialpädagogin einen Wunschzettel für den Betrieb der Tafel schreiben, dann stünde dort neben Lebensmittelspenden, Miteinander, Einsicht und Solidarität "eine hauptamtliche Fachkraft, die die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Tafel koordiniert".

Herger begründet diesen Wunsch: 40 Ehrenamtliche seien "Menschen, die gesehen und gepflegt" werden wollen. Derzeit seien es fast ausschließlich Rentner, die "einen Knochenjob" für die Tafel leisteten. Die Fahrer klappern an vier Tagen die Woche die Supermärkte ab und sammeln Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können, ein. Die schweren Kisten bringen sie in die Aichacher Bahnhofstraße, wo überwiegend Frauen die Waren dann sortieren. An zwei Vormittagen – Mittwoch und Freitag – wird das Essen ausgegeben. Ist die Ausgabe vorüber, müssen die Räumlichkeiten noch aufgeräumt und geputzt werden. Alle diesen Tätigkeiten, die rein auf ehrenamtlicher Basis erledigt werden, müssten koordiniert werden. Schließlich hat die Tafel inzwischen die Dimension eines kleinen Unternehmens.

Ein Unternehmen, das ein rein freiwilliges Angebot sei, betont Herger, das aber zunehmend als "Grundversorger" angesehen werde. "Dass wir Lebensmittel zukaufen, war eigentlich nie der Sinn", so die Sozialpädagogin. Niemand habe ein Recht darauf, Lebensmittel von der Tafel zu beziehen, "aber wir wollen natürlich alle versorgen". Das werde zunehmend schwierig, weil Nahrungsmittel teilweise knapp würden; weil das, was da ist, auf viele, viele Köpfe verteilt werden müsse. Weil auch die Tafel mit hohen Energiekosten – etwa für Fahrzeuge und Kühlschränke – zu kämpfen hat.

Wer der Tafel helfen möchte, der könne dies am sinnvollsten mit Lebensmittelspenden machen. Gegen Kassenbon gebe es auch eine Spendenquittung. Damit sei zumindest das Waren-Problem gelöst, so Herger. Das Personalproblem, der Wunsch nach einem hauptamtlichen "Tafel-Koordinator" hingegen sei "ein Politikum".

Die Aichacher Stiftung "Bürger für Bürger" arbeitet schon seit vielen Jahren sehr eng mit der Caritas zusammen. Gemeinsam haben sie verschiedene Projekte umgesetzt. Damit jeder Euro sinnvoll eingesetzt wird, übernimmt das Verlagshaus Mayer & Söhne die Verwaltungskosten. Spenden an die Bürgerstiftung tragen dazu bei, dass das ganze Jahr über Menschen und wohltätige Organisationen schnell und unbürokratisch finanziell unterstützt werden können. Informationen zur Stiftung unter buergerstiftung-aichach.de.

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