Theoretisch könne man frühestens Anfang 2022 starten, gab Küspert bekannt, dies habe ihr das federführende Büro Schrammel aus Augsburg signalisiert. Bürgermeister Klaus Habermann (SPD) erklärte zu einem späteren Zeitpunkt der Diskussion, es werde mindestens noch bis 2025 dauern, bis das Gebäude bezugsfertig sei und der „gschlamperte” Zustand der Vier-Häusigkeit mit weit verstreuten Verwaltungsteilen über die ganze Stadt endlich eine Ende habe. Obwohl die Debatte um den Erweiterungsbau am Donnerstagabend durchaus emotional geführt wurde, ging es im eigentlichen Sinne noch gar nicht um den Startschuss für den Bau, sondern nur um einen weiteren Planungsschritt, genauer gesagt, um die Leistungsphasen fünf und sechs. Diese beinhalten vor allem die Ausführungsplanung, sprich es geht darum, den Rohbau, die Fenster, das Dach fertig zu planen beziehungsweise planen zu lassen. Leistungsphase sieben, damit sind Ausschreibung und Vergabe der Gewerke gemeint, bat die Aichacher Bauamtsleiterin noch einmal zurückzustellen. Gleichzeitig warnte sie: Ohne den heutigen Beschluss könne die Stadt 2022 nicht mit dem Bau beginnen. Bei der anschließenden Diskussion über Für und Wider der Fortführung der Planung, natürlich verbunden mit weiteren Kosten, bildeten sich im Stadtrat zwei Blöcke heraus: Hier die „Große Koalition” aus CSU und SPD, die dafür eintrat, den Weg weiterzugehen; dort die Freie Wählergemeinschaft, Bündnis 90/Die Grünen, die FDP in Person von Noch-Stadtrat Patrick Kügle, BZA und CWG. Letzterer führte ins Feld, da man nicht wisse wie sich die finanzielle Lage bedingt durch die Corona-Pandemie in den kommenden Jahre entwickeln werde, solle man die Planungen erst einmal aussetzen. Bettina Stief (FWG) versuchte diesen Standpunkt mit einem Vergleich zu veranschaulichen: Ein Paar, das mit den Eltern in einem Haus wohnt, erwartet ein Kind. Die Pläne für einen Anbau liegen bereits in der Schublade, doch dann verdient der Mann in Folge der Corona-Krise kein Geld mehr. „Ich frage euch: Wie würdet Ihr privat in einer solchen Situation entscheiden”, wandte sich Stief an ihre Ratskollegen, „würdet ihr bauen oder den Anbau ruhen lassen?” Eine direkte Antwort erhielt sie auf ihre Frage nicht, was wohl auch daran lag, dass sich eine Kommune nicht so einfach mit einem Privathaushalt vergleichen lässt. Wenn man allerdings im Bild bleiben möchte, müsste man ergänzen: Die Familie plagen nicht erst seit der Schwangerschaft der Frau Platzprobleme. Das Paar hat schon mehrere Kinder und die sind auf Keller und Speicher verteilt. Auf die Stadt umgemünzt bedeutet das: Die Stadtverwaltung ist auf verschiedene Standorte aufgeteilt, und sitzt unter anderem im alten Rathaus, in der alten Sparkasse sowie in den Verwaltungsgebäuden am Tandelmarkt 10 und 13. Dadurch, führte Bürgermeister Klaus Habermann nicht zum ersten Mal aus, ergeben sich verschiedene Probleme: Die Bürger seien durch diese Zersplitterung verwirrt, sie müssten von A nach B laufen; die Verwaltung könne nicht effizient arbeiten, Kassensicherheit und Datenschutz seien so nicht gegeben, überdies fehle es an Rettungswegen. Und, dass einige Mitarbeiter in „besseren Besenkammern” arbeiten müssen, dürfe ebenfalls kein Zustand auf Dauer bleiben. Es gehe also nicht darum, zu diskutieren, ob ein solcher Erweiterungsbau nötig ist. Vielmehr müsse man sich jetzt in die richtige Position bringen, um loslegen zu können, wenn die finanzielle Lage die Umsetzung eines solchen Baus erlaube. Für Überraschung sorgte die Wortmeldung von Marion Zott von Bündnis 90/Die Grünen. „Wir werden hier und heute die Reißleine ziehen”, verkündete die Grünen-Politikerin. Es gebe sehr viele andere Aufgaben der Stadt, etwa Erhalt und Ausbau der Kindergärten oder die Schaffung von Integrationsplätzen, wo Geld dringender benötigt werde. Zudem entspreche die Architektur nicht den Anforderungen des kürzlich vorgestellten Gestaltungshandbuchs. Unterstützung erhielt sie von ihren Parteikolleginnen Magdalena Federlin, die fand, die Lochfassade des Verwaltungsbaus sehe aus wie aus den 70er Jahren, und Sabine Kreitmeir. Sie erklärte, die Stadt müsse in puncto Architektur eine Vorbildfunktion einnehmen. Kreitmeir bezeichnete zudem die ökologische Bilanz des Gebäudes als katastrophal. Dieses Argument sorgte bei Kristina Kolb-Djoka (SPD) für Unbehagen. Die Stadt habe eine Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern, und fragte, was sich einige Räte denn vorstellten: „Wenn wir das Grundstück dort verkaufen, entsteht da sicher keine Wiese oder Ackerland, sondern eher noch ein massiverer Bau.” Helmut Beck (CSU) stellte fest: Zum Standort direkt neben dem jetzigen Verwaltungsgebäude gebe es keine sinnvolle Alternative. Das sah auch Lothar Bahn (FWG) so. Er gab jedoch zu bedenken, die Pflichtaufgaben der Kommune würden in absehbarer Zeit nicht weniger werden, dazu komme die unsichere wirtschaftliche Lage. Dem schloss sich sein FWG-Kollege Marc Sturm an. Er sagte, es gehe nicht darum, das Projekt zu beerdigen, sondern lediglich jede weitere Planung zurückzustellen. Erol Duman (BZA) indes pochte darauf, die Stadt solle bei der Sparkasse anfragen, ob man die aktuell angemieteten Räume nicht ganz kaufen könne. Dafür müsste man zwei, maximal 2,5 Millionen Euro aufwenden, bekäme aber ein fertiges Gebäude. Brigitte Neumair erklärte: Die Zeiten seien zwar schwierig, „aber es gibt sicher auch eine Zeit nach Corona”. Mit 15:14 Stimmen beschloss der Stadtrat, die Planungen für den Erweiterungsbau voranzutreiben und die weiteren Stufen für die Leistungsphasen fünf und sechs zu beauftragen. „Große Koalition” aus CSU und SPD gegen den Rest des Stadtrats