Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Brechtfestival: Mit Kunst und Kultur gegen die Zukunftslosigkeit

Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ wird im Zuge des Festivals am 2. und 3. März in einer Fassung von Helgard Haug mit dem inklusiven Theater „Hora” aufgeführt. (Foto: © Monika Rittershaus)
Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ wird im Zuge des Festivals am 2. und 3. März in einer Fassung von Helgard Haug mit dem inklusiven Theater „Hora” aufgeführt. (Foto: © Monika Rittershaus)
Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ wird im Zuge des Festivals am 2. und 3. März in einer Fassung von Helgard Haug mit dem inklusiven Theater „Hora” aufgeführt. (Foto: © Monika Rittershaus)
Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ wird im Zuge des Festivals am 2. und 3. März in einer Fassung von Helgard Haug mit dem inklusiven Theater „Hora” aufgeführt. (Foto: © Monika Rittershaus)
Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ wird im Zuge des Festivals am 2. und 3. März in einer Fassung von Helgard Haug mit dem inklusiven Theater „Hora” aufgeführt. (Foto: © Monika Rittershaus)

In einer völlig entmenschlichten Welt versucht eine Mutter sich und ihre Kinder lebend durch den Krieg zu bekommen. Erschreckend aktuell sei „Mutter Courage” in einer Zeit vieler Kriege und Krisen, weswegen sich die Macher des Brechtfestivals dazu entschieden, die kommende Festivalausgabe mit einer Neu-Inszenierung des Klassikers von Bertolt Brecht zu beginnen. Eröffnet wird das Kulturfest zu Ehren des berühmten Augsburger Dichters und Dramatikers mit der neuen Inszenierung von „Mutter Courage und ihre Kinder” am 23. Februar 2024.

Für Kurator Julian Warner ist es das zweite Brechtfestival nach seiner Premiere in diesem Frühjahr. Das Programm der kommenden Ausgabe, das der Festivalleiter am Dienstag vorstellte, steht unter der Überschrift „No Future“. Vom 23. Februar bis zum 3. März will Warner Brecht mit Science-Fiction verbinden, Raum geben für Uraufführungen der lokalen Theaterszene und für Community-Beiträge sowie auf Internationale Gastspiele und Lesungen setzen. Zudem soll das Stadtviertel Augsburg-Oberhausen im Mittelpunkt stehen, nachdem die vergangene Ausgabe sich mit Lechhausen befasst hatte.

„Ändere die Welt, sie braucht es”, laute ein vielzitierter Satz Brechts. Das Festival aber wolle fragen, wie veränderbar die Welt eigentlich noch sei. Kann man den „unheilsamen Lauf der Geschichte” aufhalten? Wo die Geschichtsphilosophie kapituliere, übernehmen im Brechtfestival Sport, Science-Fiction und Post-Punk. Aus dem „No Future” der Punks werde „die Bejahung einer neuen Zeit”. Man wolle „Fit for no Future” sein.

Kunst baue „Widerstand auf, den es gegen eine dystopische Zukunftsdeutung aufzubringen gilt”, sagt Augsburgs Kulturreferent Jürgen Enninger. Für das Brechtfestival sei dies mit den vielfältigen Erfahrungen der Persönlichkeit Brechts verknüpft. „Das Programm von Julian Warner und seinem Team begeistert erneut mit seiner energiegeladenen, partizipativen Deutung”, so der Kulturreferent.

Theater, Gespräche, Lesungen, Konzerte, Filme, Clubnächte und Sport

Vom Theater „Moda Sahnesi” aus Istanbul, über die Philosophin Eva von Redecker, den 80-jährigen Mulatu Astatke aus Äthiopien, der als Erfinder des Ethio-Jazz gilt, die Straßentischtennis-Community „TT Arena Augsburg”, die russische Regisseurin Anastasia Patlay, den Kulturwissenschaftler Diedrich Diederichsen, den Skateboard Verein „Razed“, den türkischen Journalisten Can Dündar, die Autorin Şeyda Kurt, die Münchner Band „Friends of Gas”, die Regisseurin und Choreografin Thais Di Marco bis zu Irina Scherbakowa, Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde – die Liste der Beteiligten ist lang und vielfältig. Das Brechtfestival möchte erneut ein internationales Theaterprogramm mit Kunstformaten, Gesprächen, Lesungen, Konzerten, Filmen und Clubnächten sowie mit lokalen Communities, Vereinen und Kultur-Akteuren verbinden.

Sport „als gruppenbildende und stärkende Ausdrucksform des städtischen Miteinanders”, wie es Kulturreferent Enninger formuliert, soll ebenfalls wieder Teil des Festivals sein. Zur Eröffnung der Festivalzentrale ist am Samstag, 24. Februar, ein großes Turnfest geplant – in Brechts Kraftklub, der Zentrale am Plärrer vor den Toren von Oberhausen. Zahlreiche Augsburger Sportgruppen präsentieren sich in einer großen Choreografie. „So wie die historischen Turnerinnen und Turner ihr Körpertraining mit einer politischen Idee verbanden, ist auch dieses Turnfest eine politische Geste: Mit Kraft, Spannung und Schwung steht es für ein Aufbäumen gegen den Lauf der Geschichte in eine aussichtslose Zukunft und blinden Fortschrittsglauben”, kündigen die Festivalmacher an.

In Brechts Kraftklub sollen zudem zahlreiche weitere Veranstaltungen stattfinden, unter anderem ein „Basketball-Streetball-Battle” inklusive Freestyle-Rap, ein Box-Schaukampf und ein Folklore Mitmach-Abend mit türkischen und bayerischen Tänzen. Die täglichen Trainings, zum Beispiel in Yoga, Skate Dance, Krafttraining und Capoeira, sind für alle offen, auch für Anfängerinnen und Anfänger.

Auch zwei Clubnächte soll es in Brechts Kraftklub geben. Da das Gebäude, in dem sich die Festivalzentrale befinden wird, mittelfristig abgerissen werden soll, stehen die Veranstaltungen unter dem Motto „Tanzen bis die Abrissbirne einschlägt”. (jaf)


Von Janina Funk

Redakteurin Augsburg-Redaktion

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