Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 13.01.2023 16:25

Wach bleiben

White Noise, das weiße Rauschen, entwickelt sich zum Soundtrack in deutschen Betten. Schließlich lassen sich immer mehr Menschen von der monotonen Geräuschkulisse in den Schlaf begleiten. Die Bandbreite an Klangkulissen ist riesig: Von den Klassikern Meer und Flugzeug bis hin zu Kuriositäten wie Traktoren und Sonnenstürmen - es gibt kaum ein berauschendes Berieseln, das es nicht gibt. Allerdings fehlt in der Palette bislang die Spielweise der Handballer der HSG Lauingen-Wittislingen. Dabei entfaltet auch sie eine schwer ermüdende Wirkung.

Für die Gegner in der schwäbischen Bezirksoberliga ist sie jedoch keine wohlige Schlummer-Hilfe, sondern eine zähe Zermürbung. Stefan Knittl, Spielertrainer des TSV Aichach, und seine Mannschaft hatten zuletzt Anfang November schwer damit zu kämpfen, dass ihnen bei den sich quälend hinziehenden Ballbesitzpassagen der Lauinger nicht die Augen zufielen. "Sie schläfern einen ein, verschleppen das Tempo", beschreibt Knittl vor dem Rückspiel, das am Sonntag um 17 Uhr in Lauingen angeworfen wird. Wenngleich er sich nach dem ersten Aufeinandertreffen weniger über die gemächliche Gangart des Gegners ärgerte, sondern darüber frustriert war, dass sich seine Spieler davon einlullen ließen und nach Halbzeitführung dem damaligen Tabellenführer noch 28:30 unterlagen.

"Wir kennen sie, wir wissen, was sie machen", hadert er und fordert von seiner Auswahl, dass sie im ersten Spiel nach der Weihnachtspause besser mit dem Modus Operandi der HSG umgeht. "Wir haben saisonübergreifend die letzten drei Aufeinandertreffen gegen sie verloren. Ein viertes Mal würde zeigen, dass wir nichts gelernt haben", sagt der Übungsleiter. Wenngleich Knittl um die Schwere der Aufgabe beim aktuellen BOL-Zweiten weiß - nicht nur wegen des Schlaftrunks, der via Ballstafetten verabreicht wird. "Lauingen hat keinen Starspieler, sondern eine sehr breit besetzte und variable Mannschaft. Fast in jedem Spiel ist jeder Spieler auch Torschütze. Das ist beeindruckend."

Dass zum Auftakt gleich "ein echter Kracher" ansteht, stört ihn indes weniger. "Das tut uns gut", betont Knittl. Und das obwohl er während der Pause lediglich mit durchschnittlich acht Spielern trainieren konnte. Am Sonntag aber kann er auf einen kompletten 14-Spieler-starken Kader zurückgreifen. Alle seien heiß, versichert Knittl. Was wenig verwundert, angesichts der drei Siege in Serie, mit denen Aichach das Jahr 2022 beendete. Wir wollen die Rückrunde definitiv positiver gestalten als die Hinrunde", schiebt Knittl hinterher. Ein erfolgreicher Sonntagabend wäre dabei hilfreich - und Knittl könnte nach einem Sieg in Lauingen mit Sicherheit bestens Einschlafen.

Schlaflose Nächte durchlebt Lutz Augner wegen der dramatisch zustande gekommenen ersten Saisonniederlage mit den Handballerinnen des TSV Aichach gewiss nicht. Dennoch räumt der Trainer ein, dass das 30:31 im Derby gegen den Kissinger SC "uns allen noch immer nachhängt". Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Mannschaft nach einer bis dahin makellosen BOL-Hinserie mit einem Negativerlebnis in die Weihnachtspause musste. Sondern eher an dessen Zustandekommen. Zum einen weil sich die Aichacherinnen mit einer bemerkenswerten Schlussphase gegen die Niederlage auflehnten und trotz späten Ausgleichs mit leeren Händen dastanden. Zum anderen "weil wir vor allem in den ersten 20 Minuten grottenschlecht waren", wie Augner sagt.

Die Niederlage ändert aber keineswegs etwas daran, wie überzeugt der Handball-Veteran von seinen Spielerinnen ist. "Die Mannschaft hat großes Potenzial, ist jung und noch lange nicht am Limit", schwärmt er und sagt ohne Umschweife: "Wir wollen hoch." Hoch, zurück in die Landesliga. Und das in einer "spannenden und ausgeglichenen Liga", wie Augner die Bezirksoberliga beschreibt. Daher sei ein Sieg heute Abend beim TSV Göggingen (Anwurf 17.30 Uhr) immens wichtig, wenngleich er betont, dass "Spiele nach einer längeren Pause immer schwer sind". Zumal dem Tabellenführer beim Liga-Sechsten Lara Leis (Meniskusprobleme) sowie Spielmacherin und Antreiberin Iva Vlahinic (beruflich) fehlen.

Das äußerst enge Hinspiel entschied Aichach mit 33:31 (13:13) für sich. Bei den Augsburgerinnen stach Svenja Kolodziej mit zwölf Toren heraus. Vielleicht wäre es Augner in Anbetracht dessen noch wohler, wenn er bereits seine Wunsch-Abwehrvariante aufs unangenehm rutschige Parkett der Anton-Bezler-Halle bringen könnte. Das ließ die Trainingsbeteiligung in der Pause allerdings nicht zu, sagt der Coach, der darauf so gelassen reagiert wie einer, der gewiss kein Flugzeug- oder Sonnensturm-Rauschen nötig hat, um entspannt einzuschlafen: "Trotz allem habe ich keine Angst. Ich bin mir sicher, dass wir oben dranbleiben."

north