Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 22.01.2023 17:54

Belastungsgrenze erreicht

Die kommunale Flüchtlingsaufnahme in Bayern ist, wie in der ganzen Bundesrepublik Deutschland, durch den Zustrom von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine sowie Asylsuchenden am Limit. Dies wurde in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder von den Kommunen und Flüchtlingshelfern kommuniziert. „Die Lage ist dramatisch und wir fühlen uns von Berlin nicht ausreichend wahrgenommen. Berlin muss handeln!” stellte Dr. Joachim Jacob, einer der Sprecher der Helferkreise im Landkreis Dachau und Vorsitzender des Verbands der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer fest.

Die vorhandenen Unterkünfte sind nahezu vollständig belegt. Das Landratsamt arbeitet daran, weitere Unterkünfte anzumieten, kann aber die zumindest temporäre Belegung von Turnhallen oder anderen Notunterkünften nicht ausschließen. In Planung sind bis zu 350 Plätze in neuen Containeranlagen in Dachau und Markt Indersdorf. Auch die Anmietung weiterer Bestandsobjekte wird forciert.

„Die Unterbringung allein reicht jedoch nicht,” bestätigte Harald Dirlenbach, Bürgermeister der Gemeinde Vierkirchen. „Für uns als Gemeinde hört es nicht bei der Unterbringung auf. Wir sind dafür zuständig, dass sich die Menschen auch hier im Landkreis integrieren können. Dazu bedarf es Wohnungen, ehrenamtlicher Helferkreise, Betreuungsplätze in Kita und Schule, Arbeitsplätze, Sprachkurse und vieles mehr. All diese Parameter sind endlich und wir haben sie inzwischen nahezu ausgeschöpft.”

Gerade das Thema dauerhafter Wohnraum stellt im Landkreis Dachau ein massives Problem da. Laut Schätzungen des Landratsamtes fehlen für die Menschen, die schon seit Jahren hier im Landkreis sind, bereits 650 Wohnungen, mit dem Bedarf an Sozialwohnungen fehlen mindestens 1500 Wohnungen.

Richard Reischl, Bürgermeister der Gemeinde Hebertshausen bestätigte diese Aussage: „Die Regierung hat aus der Flüchtlingswelle 2015 nichts gelernt. Die Verfahren, ob Menschen bleiben können oder nicht, dauern zu lange, Unterkünfte fehlen und die Integration wird durch knappen Wohnraum und fehlende Betreuung erschwert.” Diese Wahrnehmung teilen auch die Helferkreise. Heidi Schaitl, Kreisgeschäftsführerin der Caritas erwartet mittel- und langfristig zusätzlich Klimaflüchtlinge. Franz Obesser, Bürgermeister von Markt Indersdorf, ist sich dieser Verantwortung bewusst, sieht aber auch Grenzen: „Wie helfen, wo wir können, aber eben auch nur so viel, wie wir können. Und in einigen Bereichen, insbesondere Wohnen und Kinderbetreuung, können wir Gemeinden nicht mehr.”

Nach Ansicht aller Teilnehmenden fehlt es an vielen Stellen und Dingen, nicht nur an der Finanzierung oder den notwendigen Fachkräften und ehrenamtlich Engagierten. „Wir sind mit unseren Mitarbeitenden an der Belastungsgrenze und können Hilfeanfragen nicht mehr zeitnah bewältigen”, betonte Irmgard Wirthmüller, Leiterin der Asylsozialberatung der Caritas.

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