Sieben verschiedene Sorten Kartoffeln baut Familie Karl an. Ungekrönter Star sind die Rosa Tannenzapfen, die bereits um 1850 in mehreren Ländern Europas angebaut wurden. Geschätzt werden sie heute noch als Delikatesse - wegen ihres intensiven, würzig-erdigen Geschmacks. Ihren Namen verdanken sie der länglichen Knollenform mit leichten Verwachsungen und der leichten Rosafärbung der Schale. Das Fleisch ist dagegen hellgelb. „Wir haben sie vor 20 Jahren im Fernsehen gesehen”, erzählt die 57-Jährige, wie sie zu der historischen Kartoffelsorte kam, „das war in einem Beitrag über den Kartoffelsepp”. Die Karls fuhren zu ihm und kauften einige Kilo Saatkartoffeln. Seitdem haben sie die Rosa Tannenzapfen im Sortiment und bauen sie solange wie möglich nach. Lizenzgebühren fallen hier natürlich nicht an, nicht nur, weil die Sorte uralt ist, sondern auch, weil Kleinbetriebe unter fünf Hektar grundsätzlich davon befreit sind. Neben den Tannenzapfen stechen Heiderot und Blaue St. Galler ins Auge. Beide sind moderne Sorten. Letztere ersetzt seit vergangenem Jahr die historische Sorte „Hermanns Blaue”, die Hans und Gabriele Karl früher anbauten, jedoch wegen ihrer Schorfanfälligkeit aus dem Sortiment genommen haben. Außerdem halten die Blauen St. Galler die Farbe besser als frühere Sorten. Vorsicht ist allerdings bei der Zubereitung geboten - bei allen rot- und blaufleischigen Sorten. Denn die Anthocyane, die den Kartoffeln die auffällige Farbe verleihen, sind wasserlöslich. Daher sollten diese Kartoffelsorten nicht als Salzkartoffeln ohne Schale in Wasser gekocht, sondern schonend in der Schale gedämpft, im Backofen zum Beispiel als Rosmarinkartoffeln gebacken oder in der Pfanne in Fett gebraten werden. Dazu schneidet Gabriele Karl rote, blaue und gelbe Kartoffeln in Würfel oder Scheiben, brät sie in Fett an und lässt sie bei geschlossenem Deckel garen. Zum Schluss wird der Pfannendeckel abgenommen, so dass die Kartoffeln noch etwas anrösten. In mit Essig angemachtem Kartoffelsalat verlieren alle farbigen Kartoffeln die Farbstoffe, auch die Milch im Kartoffelbrei zieht sie heraus. Die Farbe bei der Zubereitung zu erhalten, ist nicht nur dekorativ, sondern dient auch der Gesundheit. Denn die Farbpigmente sind Antioxidantien wie Vitamin C oder E. Sie fangen schädliche Radikale und beugen so der Zellalterung vor. Zudem sollen sie entzündungshemmend und gefäßschützend wirken und Sehvorgänge positiv beeinflussen. Die jüngste Sorte im Sortiment ist Lilly, eine moderne, 2011 zugelassene mehlig kochende, mittelfrühe Sorte. Die übrigen vier der insgesamt sieben Kartoffelsorten, die die Karls heuer angebaut haben, trugen bereits die Auszeichnung „Kartoffel des Jahres”. Die wurde 2006 für ältere oder aus bäuerlicher Zucht stammende, also ohne Gebühren nachbaubare Sorten eingeführt. Rosa Tannenzapfen wurden 2013 prämiert, Linda 2007. Hintergrund war, dass Linda 2004 aufgrund ausgelaufener Lizenz vom Markt genommen worden war und nicht mehr angebaut werden durfte - was vor allem ökologisch arbeitende Betriebe traf. Nach zähem Kampf wurde sie 2010 schließlich wieder in Deutschland zugelassen. Sieglinde, die älteste noch erhältliche, vom Bundessortenamt für gewerblichen Anbau zugelassene Kartoffelsorte aus dem Jahr 1935, durfte sich 2010 mit dem Prädikat schmücken, Quarta im vergangenen Jahr. Sie ist eine leicht an ihren roten Augen erkennbare, vielseitig einsetzbare Kartoffelsorte, die in den vergangenen Jahren allerdings etwas aus der Mode gekommen ist. Gabriele Karls Stammkunden jedoch wissen ihre Kartoffelsorten zu schätzen. „Vergangenes Jahr haben wir so viel Kartoffeln wie nie verkauft”, erzählt sie, „wir hatten kaum noch Saatgut übrig”. Verkauft wird nicht zentner-, sondern kilogrammweise direkt ab Kartoffelkeller. Die Kunden kommen auf den Hof, wo sie auch frische Eier und saisonal Kürbisse kaufen können. Auf Wochenmärkten ist die Weilacherin nicht zu finden. „Der Wochenmarkt lohnt sich für uns nicht”, weiß Gabriele Karl aus Erfahrung, denn dort werde das Besondere alltäglich. Sehr wohl aber ist sie auf besonderen Märkten wie dem Bauernmarkt in Hundszell oder beim Museumsfest in Kleinhohenried am Haus im Moos unterwegs. Das Fest entfällt heuer zwar, dafür aber wird sie einen Kartoffelstand am Gemüseerntetag dort aufbauen, wenn die Besucher die Museumsgärten abernten dürfen. Gabriele Karl ist mit ihrem Kartoffelstand am Sonntag, 18. Oktober, von 13 bis 17 Uhr zum Gemüseerntetag im Freilichtmuseum am Haus im Moos zu finden und am Sonntag, 25. Oktober, von 10 bis 17 Uhr, auf dem Herbstmarkt am Bauerngerätemuseum in Hundszell. Kartoffel des Jahres