Ein solcher Konflikt ist vor einigen Wochen erneut aufgeflammt, diesmal in der Gemeinde Todtenweis. Dort gibt es Leute, die - weil es früher guter Brauch war, sich aus dem Gemeindewald zu bedienen - gerne eine übliche Menge Brennholz aus dem Wald holen wollen. Dagegen spricht zunächst einmal nichts. Es gibt so genannte „Rechtler”, also Bürger, die ein Anrecht auf eine gewisse Menge Holz haben. An der Definition von Brennholz scheiden sich aber die Geister. Manche würden gerne abgestorbene Fichten schlagen und somit schnell eine große Menge an Holz aus dem Wald schaffen. Die zeitaufwendigere Alternative wäre die Bewirtschaftung des Niederwalds, der einen Großteil des Forstes ausmacht. Kleine Grauerlen und etwas stärkere Sträucher wachsen dort. Der Niederwald ist vielmehr ein Dickicht als ein klassischer Wald, aufgrund des flachgründigen Bodens wächst dort kaum ein hoher Baum. Für die Bewirtschaftungsform, die etwa im Holzland bei Schiltberg betrieben wird, ist die Fläche nicht geeignet. Noch vor einem halben Jahrhundert wurde der Niederwald alle paar Jahre auf kleinen Flächen von Hand gestutzt. Auf Stock setzen nennt das der Fachmann. Die Arbeit wurde mit starken Klingen verrichtet und war mühsam. Der Bürgermeister weiß das noch. „Klingahoiz” nennen die Todtenweiser den Wald, wie Carl sagt. Er ist mit Förster Rolf Banholzer unterwegs. Der Forstbeamte muss im Gemeindewald vermitteln. Wer Brennholz wolle, sei eingeladen, das „Klingahoiz” zu bewirtschaften. Das schaffe temporär auch wichtige Lebensräume für Wiesenpflanzen oder das Wald-Wiesenvögelchen. Das ist ein seltener Schmetterling. Bei der Bewirtschaftung der selten gewordenen Niederwaldbestände braucht die Forstverwaltung, der Banholzer untersteht, sogar die Unterstützung der Bevölkerung. Große Bäume werden indes nicht ohne weiteres zu Brennholz. Besonders nicht die Fichten. Im einstigen Lechauwald, zu dem auch der Gemeindewald gehört, gibt es nur wenige davon. Und selbst die, die bleiben, sterben langsam, aber sicher. Es fehlt an Wasser und Sediment, das früher der Lech mit jeder Überschwemmung brachte. Lediglich auf zehn Hektar ragen die Fichten noch urtümlich anmutend in den Himmel, zum Teil als Solitäre wie auf einer Hochalm. Ein vergängliches Bild. Zwischen den grünen Bäumen ragen zahlreiche kahle Gipfel auf. Der Auwald ist längst keiner mehr. Das stellt das Ökosystem ebenso auf die Probe wie die Waldbesitzer und Förster Banholzer. Um die kahlen Fichten dreht sich der Diskurs in Todtenweis (wir berichteten). Einzelne Bürger würden gerne die toten Fichten im heimischen Ofen verschüren. In der letzten Gemeinderatssitzung des vergangenen Jahres hatte sich die Gemeinde allerdings erneut mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Fichten im Wald zu belassen. Banholzer weiß warum. Der gefürchtete Buchdrucker, ein Borkenkäfer, befällt die toten Bäume nicht mehr. Im Gegenteil: In den Stämmen wachsen zum Teil sogar dessen Feinde heran, Schwebfliegen oder Schlupfwespen. Sie bringen das Ökosystem ins nötige Gleichgewicht, ebenso wie die Tiere und Pflanzen, die auf den sogenannten Brennen Zuflucht finden. Wo die Fichten stehen, ist der Wald wie ein Park aufgebaut. Die Brennen sind magere Wiesen, auf denen keine Bäume wachsen. Hier ist der Boden flachgründig, die dicke Kiesschicht, die der Lech einst gebracht hat, wird nur von dünnen Erdschichten bedeckt. Die Wiesen werden vom Landschaftspflegeverband (LPV) Aichach-Friedberg gepflegt. Die Interessen des Vereins muss Banholzer ebenso in Einklang mit der Waldnutzung bringen, wie Banholzer erzählt. Wenn nun ein Käferbaum gefällt werden müsse, sei das schwierig. „Wir dürfen nicht mit schweren Maschinen über die Brennen fahren”, sagt der Förster. Nur wenige so genannter Rückegassen gibt es dort, wo die Fichten wachsen. Und die Wege sind geschlungen, ein Wirtschaftswald sieht anders aus. Daher bemerkt man auch einen Borkenkäferbefall nicht immer sofort. Ein befallener Baum muss allerdings aus dem Wald geschafft werden.