Hier suchten die Menschen einst hinter Wällen Schutz vor den Überfällen der Ungarn, hier stand eine Burg und später ein Barockschloss, das von englischen Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg niedergebrannt wurde, hier wurden Todesurteile gefällt und ganz in der Nähe vollstreckt, noch im 20. Jahrhundert erstreckten sich auf dem heute bewaldeten Berg Wiesen wie auf einer Alm, auf einem Gutshof arbeiteten mehr als hundert Menschen, hier wurde Ski gefahren, und wo in den 1940er Jahren die Hitlerjugend „Bannlager” einrichtete und Segelflugzeuge starten ließ, fanden und finden später adelige baltische Schriftsteller, Unternehmensberater, Psychologen eine Wohngemeinschaft und andere ihre Heimat. Von all dem und noch mehr erzählt nun Silvia Eckert-Wagner in einem Buch über den Berg, der eigentlich, wie sie schreibt, ein langgezogener Höhenrücken ist. Sie kennt sich dort aus, seit 1984 lebt sie mit ihrem Mann Bernd im ehemaligen Försterhaus in der Idylle; einer Idylle, die ihre Herausforderungen hat. Sie berichtet von gebrochenen Wasserleitungen, den Mäusen, die im Winter die Wärme des Hauses suchen, und von abenteuerlichen Fahrten auf der verschneiten und vereisten unbefestigten Straße den Berg hinauf und hinunter. Aber trotz allem „gibt es keinen schöneren Platz zum Leben als den Gumppenberg”, sagt Eckert-Wagner.In ihrem Buch verbindet die ehemalige Journalistin und Lehrerin für Deutsch, Sozialkunde und Geschichte am Schrobenhausener Gymnasium die Geschichte des Berges, der eigentlich ein Höhenrücken ist, anhand der Natur, der Gebäude, der Menschen und der Beziehungen, die zwischen den „Flachländern” unten in Pöttmes und dem Berg und seinen Bewohnern bestehen. Dabei bilden sich in der Geschichte des Berges die großen wie die lokalen historischen Ereignisse ebenso ab wie gesellschaftliche Veränderungen. Ein Panorama in der Nussschale, das über tausend Jahre umfasst.Denn erste Besiedlungsspuren reichen in das 10. Jahrhundert zurück, als die Menschen vor den Ungarn-Stürmen auf dem Berg und hinter seinen Burgwallanlagen Schutz suchten. Später gab es eine mittelalterliche Burg, die 1279 erwähnt und mit der Familie von Gumppenberg in Verbindung gebracht wurde. Nach langem Verfall wurde an ihrer Stelle ein Barockschloss errichtet, das aber nicht lange Bestand hatte: Schon 1704 brannten englische Soldaten das erst 1683 fertiggestellte Gebäude nieder - ganz in der Nähe fand damals die Schlacht bei Höchstädt statt. Die Freiherren zogen nach Pöttmes, aber zumindest die Idee eines Schlosses auf dem Berg war damit nicht gestorben: Noch in den 1920er Jahren ließ das damalige Familienoberhaupt Baron Johannes von Gumppenberg von Münchner Architekten Pläne für eine romantisch inspirierte, burghafte Schlossanlage entwerfen, von denen auch König Ludwig II. begeistert gewesen wäre. Von Burg und Schloss sind heute praktisch keine Spuren mehr vorhanden; die Gebäude, die heute noch auf dem Gumppenberg stehend und bewohnt werden, sind meist ehemalige Funktionsgebäude, von denen einige auch auf einem Stich aus dem Jahr 1701, der das Schloss zeigt, zu erkennen sind. So etwa das Gerichtsgebäude, in dem auch Todesurteile gefällt wurden, weil die Familie von Gumppenberg die sogenannte Hochgerichtsbarkeit innehatte und damit auch über schwere Verbrechen urteilen konnte. Der Galgenberg bei Pöttmes erinnert noch heute an Todesurteile, dort stand tatsächlich ein Galgen. In den Archiven hat Silvia Eckert-Wagner aber auch kuriose Fälle ausgegraben die verhandelt wurden, so etwa den „Bettfederndiebstahl” einer Langeneufnacherin in Haunswies. Der heute noch bestehende Schafstall aus dem 17. Jahrhundert erzählt von der Zeit, als der Gumppenberg ein Zentrum der Schafzucht und zeitweise die größte Zuchtschäferei im Königreich Bayern war. 1973 wurden die letzten Tiere verkauft, heute werden dort Pferdeseminare abgehalten - für Silvia Eckert-Wagner eine der Entwicklungen, an denen sich gesellschaftliche Veränderungen oder vielleicht auch nur der Zeitgeist ablesen lassen.Silvia Eckert-Wagner: Der Gumppenberg. Geschichte und Geschichten. SUB-Verlag, 136 Seiten, 12 Euro. Erhältlich bei der Autorin, Telefon 08253/7000, beim Verlag (sub-verlag@t-online.de) oder in Pöttmes bei Schreibwaren Schlaegel, Telefon 08253/238.