Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 29.06.2021 16:31

Das Lächeln des Emigranten

Ludwiga Baronin von Herman überreicht dem Autor Haralampi G. Oroschakoff ein Gastgeschenk.
Ludwiga Baronin von Herman überreicht dem Autor Haralampi G. Oroschakoff ein Gastgeschenk.
Ludwiga Baronin von Herman überreicht dem Autor Haralampi G. Oroschakoff ein Gastgeschenk.
Ludwiga Baronin von Herman überreicht dem Autor Haralampi G. Oroschakoff ein Gastgeschenk.
Ludwiga Baronin von Herman überreicht dem Autor Haralampi G. Oroschakoff ein Gastgeschenk.

70 Interessierte waren der Einladung gefolgt und ließen sich mit eigens mitgebrachten Sitzmöglichkeiten unter schattigen Bäumen nieder, um dem Autor Haralampi G. Oroschakoff zu lauschen. Vier Musiker spielten dazu Sonaten von Vivaldi, Corelli und Bach unter der Leitung von Georgij Munteanu. Baronin von Herman freute sich, dass sich so viele im sommerlichen Garten in die Lebensgeschichte des Malers, Künstlers und Erzählers hineintragen lassen wollten. Der Autor hat eine familiäre Bindung zum Hause von Herman. Die ausgewählten Musikstücke, die das Quartett zu Gehör brachte, passten hervorragend in den Schlossgarten und waren eine Bereicherung der Lesung. Der 1955 geborene Autor Haralampi G. Oroschakoff lebte 16 Jahre in München, wo er ein höheres Ansehen hatte als in Wien; jetzt ist Berlin seine Wahlheimat. Das bayerische Staatsstipendium bekam er 1985. Sieben Jahre hat er an seinem vierten Buch „Das Lächeln des Emigranten” gearbeitet. In fast schon malerischer Sprache und mit weicher Stimme erzählt der Künstler und Schriftsteller aus seinem Leben. Es ist eine persönliche, spannende in die Vergangenheit Osteuropas eingebundene Geschichte, eine Erzählung von verlorener Identität und der damit verbundenen Ausgrenzung. Es ist eine Geschichte von der Kunst des Lebens und eines Lebens für die Kunst.

Die Lesung in Schorn war die erste öffentliche Vorstellung des heuer erschienenen Buches. Für Oroschakoff ist es ein verspäteter Dialog mit seinem Vater, der mit dem Ende des Russischen Kaiserreichs beginnt: „Der erste Weltkrieg fegte die alte Ordnung aus und zertrümmerte die darin begründeten jahrhundertealten Rituale. Was übriggeblieben war, ging im Furor der russischen Revolution unter.” Oroschakoff geht in seinen Ausführungen über den Großvater auf die Flucht-Situation ein, er schildert Gedanken darüber, wer und was er ist und wohin er gehört. Er spricht von Entwurzelung, Verlust der Sprache und Isolation in jungen Jahren und wird ganz von selbst auf die Frage gestoßen, in welchem Verhältnis seine Fiktion zur Welt steht. Die Lesung endete mit einer gefühlsbetonten Reflektion, mit einem Bekenntnis zum Malen und zum Leben.


Von Ines Speck
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