Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 27.02.2019 12:00

„Ich möchte eine Medaille”

Starke Technik:   Regina Gilg im Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft.	Foto: Peter Andrä (Foto: Peter Andrä)
Starke Technik: Regina Gilg im Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft. Foto: Peter Andrä (Foto: Peter Andrä)
Starke Technik: Regina Gilg im Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft. Foto: Peter Andrä (Foto: Peter Andrä)
Starke Technik: Regina Gilg im Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft. Foto: Peter Andrä (Foto: Peter Andrä)
Starke Technik: Regina Gilg im Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft. Foto: Peter Andrä (Foto: Peter Andrä)

Man stelle sich das mal vor. Deutschland tritt zu einer Fußball-Europameisterschaft an, doch Toni Kroos muss absagen, weil er zu dieser Zeit bei Real Madrid keinen Urlaub bekommt. Zugegeben, es gehört tatsächlich einiges an Fantasie dazu, sich einen Profifußballer auszumalen, der nervös den Urlaubskalender studiert oder hoffnungsvoll einen Urlaubsantrag ausfüllt. Als Eisstockschützin gehört das dazu - selbst als Nationalspielerin muss man einem Beruf nachgehen. Gilg arbeitet im Büro eines Pharmaunternehmens .

Dass sie vom Eisstockschießen nicht Leben kann, ist für die 21-Jährige allerdings nicht weiter tragisch (auch wenn es sie freilich nicht stören würde). Jeder Satz, beinahe jedes Wort, das Gilg über den Sport spricht, transportiert spürbar die Freude, die sie daran hat. Dass sie bei den Junioren und nicht bei den Damen schießt, ist auch deshalb kein Ding. Gilg ist trotzdem euphorisch: „Man ist stolz, dass man für Deutschland schießt.”

Vor allem schwärmt Gilg von der Gemeinschaft im Kader. Mit Verena Gotzler ist sie befreundet, seit die beiden in der U 16-Nationalmannschaft ein Zimmer teilten. Kurios ist dabei, dass die Sportsoldatin gleichzeitig die schärfste Konkurrentin der Kühbacherin ist und sie sowohl bei der bayerischen, als auch bei der deutschen Meisterschaft auf Rang zwei verwies. „Wir verstehen uns so gut, man gönnt der anderen jeden Erfolg”, sagt Gilg.

Die beiden sind gemeinsam mit Maria Empl vom SV Gumpersdorf definitiv Medaillenanwärter. Gilg warnt allerdings vor der starken Konkurrenz aus Italien und Österreich. Allerdings ist sie selbstbewusst genug, um selbst Ansprüche zu stellen: „Die Saison ist echt gut gelaufen. Ich möchte auf jeden Fall eine Medaille”, betont sie. Am besten, Gotzler und Empl stünden mit auf dem Podest. „Das wäre Bombe. Das hat es, glaube ich, noch nie gegeben.” Auch für das Team-Zielschießen ist Gilg zuversichtlich.

Dass sie mit den Damen des TSV Kühbach in der vergangenen Saison sowohl im Finale um die deutsche Meisterschaft als auch im Europapokal trotz überzeugender Auftritte kurz vor dem Titelgewinn abgefangen wurden, beeinträchtigt die Stockschützin keinesfalls. „Klar war das ärgerlich, wir haben die anderen ja teilweise richtig fertiggemacht. Ich war aber trotzdem stolz. Die Saison hat brutal Spaß gemacht”, findet Gilg.

Das bestätigte ihr einmal mehr, dass sich der Wechsel zum TSV Kühbach gelohnt hat. Der kurios zustande kam: Als 18-Jährige holte sie mit Peiting die deutsche Meisterschaft. Ein Gegner: der TSV. „Die Kühbacherinnen haben irgendwie gesehen, dass es mir bei Peiting nicht mehr so gefallen hat. Sie haben gefragt, ob ich zu ihnen kommen möchte. Ich habe schon ein Auto gehabt und gedacht: Warum nicht, erzählt Gilg, die in Ohlstadt lebt; circa 140 Kilometer entfernt von der Marktgemeinde. Nur zweimal trainierte sie in dieser Saison gemeinsam mit ihrer Moarschaft, in Augsburg-Haun-stetten, ansonsten für sich in Peißenberg und Bad Tölz.

”Wie ein Pferd

Dass Kühbach dennoch so erfolgreich ist, liegt daran, „dass wir uns gegenseitig vertrauen”. Man habe fünf gleichwertige Schützinnen, „man kann sich zu 95 Prozent darauf verlassen, dass diejenige, die nach einem schießt, den Stock trifft”.

Das Zielen ist auch Gilgs große Stärke. Einen Trick habe sie dabei nicht, sagt sie, es sei schlicht die Erfahrung, ein Automatismus. „Wie ein Pferd mit Scheuklappen”, beschreibt sie. „Man ist nur auf sich fokussiert.” Heute steht noch einmal Training an, am Abend die Eröffnungsfeier, ehe Donnerstagmittag die Vorrunde des Einzel-Zielwettbewerbs startet. Draußen, auf dem Asphalt vor der Halle, wird Regina Gilg dann einige Probeschübe machen, das brauche sie immer, um in den Flow zu kommen.

Vielleicht wird sie das auch in sieben Jahren tun, wo auch immer die Olympischen Spiele 2026 stattfinden mögen. Eisstockschießen ist jedenfalls in die olympische Familie aufgenommen worden. Dem Komitee zufolge müssen allerdings einige Regeln vereinfacht werden, um das Spiel verständlicher zu machen. „Verbiegen” solle man sich dafür aber nicht, findet Gilg. „Die Chance, bei Olympia dabei zu sein, würde mich aber natürlich reizen”, schiebt sie hinterher. Und dafür würde Gilg wohl sicher auch Sonderurlaub bekommen.


Von David Libossek
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