Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 21.03.2023 16:26

Bradl schnuppert wieder Rennluft

Auch in der WM-Saison 2023   legt sich Stefan Bradl bei seinen beiden Wildcard-Einsätzen wieder in die Kurven. Der Zahlinger ist nach wie vor Test- und Ersatzfahrer bei Honda.	Fotos:picture alliance/dpa
Auch in der WM-Saison 2023 legt sich Stefan Bradl bei seinen beiden Wildcard-Einsätzen wieder in die Kurven. Der Zahlinger ist nach wie vor Test- und Ersatzfahrer bei Honda. Fotos:picture alliance/dpa
Auch in der WM-Saison 2023 legt sich Stefan Bradl bei seinen beiden Wildcard-Einsätzen wieder in die Kurven. Der Zahlinger ist nach wie vor Test- und Ersatzfahrer bei Honda. Fotos:picture alliance/dpa
Auch in der WM-Saison 2023 legt sich Stefan Bradl bei seinen beiden Wildcard-Einsätzen wieder in die Kurven. Der Zahlinger ist nach wie vor Test- und Ersatzfahrer bei Honda. Fotos:picture alliance/dpa
Auch in der WM-Saison 2023 legt sich Stefan Bradl bei seinen beiden Wildcard-Einsätzen wieder in die Kurven. Der Zahlinger ist nach wie vor Test- und Ersatzfahrer bei Honda. Fotos:picture alliance/dpa

„Ich bin es ja inzwischen gewohnt, viel unterwegs zu sein. Das ist mein Job”, sagt Bradl. Und dieser wird 2023 noch intensiver, noch anspruchsvoller sein, denn die 75. Saison in der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft wird mit 21 Rennen die längste aller Zeiten. Für etwa die Hälfte davon wird der Zahlinger um den Globus jetten und wieder jede Menge an Vielfliegerpunkten sammeln; die ersten an diesem Donnerstag, wenn er das Flugzeug Richtung Portugal besteigt. Denn anders als es seit 2007 üblich war, findet das erste Saisonrennen nicht in Katar, sondern am Wochenende in Europa statt, auf dem Autódromo Internacional do Algarve bei Portimão.

Am liebsten wäre es Bradl, wenn die Saison 2023 für ihn normal verlaufen würde, sprich: Dass er sich ausschließlich auf Tests und Entwicklung des RC213V-Bikes konzentrieren kann. Denn als Ersatzfahrer ist der 33-Jährige auch erster Nachrücker, falls einer der Stammfahrer aus den beiden Honda Teams, Repsol und LCR, aus welchem Grund auch immer, ausfallen sollte. In den vergangenen drei Jahren waren Bradls Dienste öfter gefragt. Er bestritt in dieser Zeitspanne 24 Rennen, weil Hondas Nummer eins und Superstar Marc Marquez die Saison entweder komplett verpasste (2020 wegen eines Armbruchs) oder wie im vergangenen Jahr einige Male verletzt passen musste.

Auf jeden Fall wird Bradl auch in diesem Jahr wieder Rennluft schnuppern, bei den beiden Wildcard-Einsätzen im spanischen Jerez (30. April) sowie im italienischen Misano (10. September). „Da werde ich aber keine Bäume ausreißen, weil die anderen Fahrer mehr im Rennrhythmus sind”, erklärt Bradl. Bei diesen beiden Rennen komme es vielmehr darauf an, dass er die nötige Grundgeschwindigkeit habe, um vernünftige Aussagen über Fortschritte des Motorrads treffen zu können, sagt er weiter.

„Manchmal ist es gut, ein Testfahrer zu sein. Aber manchmal würde ich auch gerne mehr Rennen fahren. Ich sage es mal so: Wenn die Ergebnisse gut sind, fahre ich lieber Rennen. Wenn sie nicht gut sind, teste ich lieber”, sagte Bradl unlängst mit einem Schmunzeln in einem Beitrag gegenüber dem Online-Portal motorsport-total.com. Treffender hätte er das Dilemma, in dem Honda seit Jahren steckt, nicht ausdrücken können. Von 2011 bis 2019 gewann der japanische Hersteller mit einer Ausnahme 2015 stets den Konstrukteurstitel, doch in den vergangenen drei Jahren setzte es Niederlagen und immer wieder Rückschläge. Negativer Höhepunkt war 2022, als Honda in der Königsklasse der MotoGP den letzten Platz belegte. Das war dann doch des Guten zu viel für die stolzen Japaner, der Druck in der Öffentlichkeit wurde im Land der aufgehenden Sonne zu groß. Es rollten Köpfe, der Technische Direktor musste gehen.

Auch die Tests vor dieser Saison sind alles anderes als vielversprechend verlaufen. Die Italiener von Ducati haben Honda inzwischen abgehängt, sehr zum Leidwesen von Topfahrer Marquez. Der 30-jährige Spanier macht aus seiner Unzufriedenheit über die Maschine kein Hehl. „Mit diesem Motorrad werden wir 2023 nicht um die WM kämpfen können”, tat er Ende des vergangenen Jahres gegenüber Speedweek.com kund. „Daran hat sich leider nicht viel geändert”, sagt Bradl auch kurz vor dem WM-Auftakt.

Auch in dieser Saison werden deutsche Fahrer in der Motorrad-Weltmeisterschaft wieder dünn gesät sein - nach dem Wechsel von Marcel Schrötter in die Supersport-WM gibt es mit Lukas Tulovic in der Moto2 nur einen deutschen Stammfahrer. In der Königsklasse gab im vergangenen Jahrzehnt mit Ausnahme von Bradl mit Jonas Folger nur ein weiterer Deutscher ein einjähriges Gastspiel (2017). Von Siegfahrern, wie es früher Anton Mang, Martin Wimmer, Reinhold Roth, Dirk Raudies oder Bradls Vater Helmut waren, ist die deutsche Motorradsportszene meilenweit entfernt.

„Wir haben keinen Nachwuchs”, bringt es Bradl, 2011 im Duell mit Marquez der vorerst letzte deutsche Weltmeister in der Moto2-Klasse, auf den Punkt und bedauert diese Entwicklung sehr: „Ich versuche, mich da etwas einzubringen.” Bradl über den deutschen Motorradsport: „Wir haben keinen Nachwuchs”


Von Herbert Walther
north