Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 25.10.2017 12:00

Speedway-Talent Erik Bachhuber: Senkrechtstarter im Sandoval

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Die Saison lässt Erik Bachhuber, der für den MSC Olching startet, am kommenden Wochenende mit einem Trainingslager im italienischen Lonigo (bei Verona) ausklingen. Weil Erik die nationale Konkurrenz heuer in der Achtelliterklasse so ziemlich in Grund und Boden gefahren hat mit 19 Siegen bei 22 Starts, sucht er 2018 eine neue Herausforderung in der 250er. Dort wird er auf seinen Griesbeckerzeller Freund und MSCO-Vereinskameraden Tim Wunderer treffen, den 125er-Weltmeister von 2016. Erik Bachhuber wurde in diesem Jahr bei der WM Vierter, bei der EM Sechster.

Das Talent für diesen Sport wurde Erik in die Wiege gelegt. Die Bachhubers sind eine Speedway-Dynastie. Die vier Obergriesbacher Brüder Andreas, Roman, Alois und Stefan, Eriks Vater, haben über zwei Jahrzehnte eine dominierende Rolle gespielt. „Alois war der Beste von uns”, sagt Stefan Bachhuber, „er ist als einziger Deutscher beim Weltfinale 1989 im Münchner Olympiastadion gefahren.” Damals schüttete der Veranstalter tonnenweise Sand auf die Tartanbahn.

Stefan, 41, der Jüngste aus dem Quartett, wurde deutscher Einzel- und Mannschaftsmeister. 1997 belegte er bei der Junioren-WM als einziger Deutscher im Feld Rang zwölf. Stefan Bachhuber ist weit herumgekommen mit seinem Sport. 1999 fuhr er drei Monate Rennen in Neuseeland, in der Nähe von Auckland. 2003 hat er seine Karriere, die 1995 begann, beendet. Der Sohn kam auf die Welt, dazu stand der Ausbau des elterlichen Hauses an.

Der Filius wollte zunächst vom Speedway nichts wissen. „Nur im Kreis herumzufahren, ist mir zu blöd”, sagte er. „Wenn du einen überreden musst, hat es keinen Wert”, weiß der Vater. Erik spielte lieber beim SV Obergriesbach Fußball, und das nicht einmal schlecht. Irgendwann war er aber das Kicken leid, weil ihm nach dem Training „immer die Hax'n so wehtaten”. Also probierte er es im Juni 2015, mit elf, doch einmal mit der „Kreisfahrerei” - und fand beim Training immer größeren Gefallen daran.

Normalerweise steigen Speedway-Neulinge in der 50er ein. Erik Bachhuber ließ diese Klasse aus. Er fing gleich in der 125er an und verblüffte 2016 alle mit einem sensationellen Debütjahr. Der Grünschnabel avancierte zu einem Senkrechtstarter, wie ihn die Szene noch nie erlebt hatte. „Das ist einmalig in der Geschichte dieses Sports, dass ein Fahrer in seiner ersten Saison gleich deutscher Meister wird, und das mit dem Punktemaximum”, bekundet die Mutter stolz. 2016 gingen die nationalen Titelrennen auch in Mecklenburg-Vorpommern über Bühne, allerdings in Teterow. Erik gewann alle fünf Läufe.

Auch im zweiten Jahr waren die Eltern mit dem Sohnemann wieder von März bis Oktober in ihrem Transporter an jedem Wochenende unterwegs. Als Krankenschwester sei sie an den Speedway-Schauplätzen der „gefragteste Mensch”, sagt Diana Bachhuber. Die gebürtige Simbacherin arbeitet im Augsburger Klinikum in der Chirurgie.

Einen Mechaniker brauchen die Bachhubers nicht; diesen Job erledigen die beiden Männer selbst. Stefan Bachhuber hat sich als gelernter Bauschlosser über die Jahre mit den Motorrädern und deren Technik vertraut gemacht und sein Wissen mittlerweile an den Filius weitergegeben. Seine 125er-Maschine habe Erik weitestgehend selbst gewartet, sagt der Vater. Es macht darob Sinn, wenn der Achtklässler an der Dasinger Mittelschule Kfz-Mechatroniker oder Karosseriebauer als Berufsziel angibt. In dieser Woche absolviert er bei einer Kfz-Firma in Lechhausen, die ihn später auch ausbilden würde, ein Praktikum.

Als Erik begann, Rennen zu fahren, hätten sie als Eltern zwei Regeln aufgestellt, sagt die Mutter: „Wir machen keine Schulden, und die Schule darf nicht darunter leiden.” Beides funktioniert, obwohl der finanzielle Aufwand schon erheblich sei. „Wir tragen die Hauptlast, sind im Jahr schnell mit 15 000 bis 20 000 Euro dabei”, sagt Diana Bachhuber.

Seit Speedway zu einer „Randsportart” (Stefan Bachhuber) verkommen und eigentlich überhaupt nicht mehr im deutschen Fernsehen vertreten ist, fällt es den Sandbahn-Hasardeuren immer schwerer, Sponsoren aufzutreiben. Nur ein kleiner Kreis der Weltspitze könne gut von diesem Sport leben, glaubt Stefan Bachhuber. Die Aufgabe, Mäzene zu akquirieren, hat in der Familie die Mutter übernommen.

Der Wettbewerb in Werlte war einer der wenigen in diesem Jahr, bei dem Erik Bachhuber nicht triumphierte und „nur” Zweiter wurde. Es war sein erstes Langbahnrennen und sollte ein Test sein für die WM in Morizes (Frankreich). Das Oval im Emsland misst 550 Meter, Speedwaybahnen liegen zwischen 260 und 450 Meter. Tim Wunderer stellte ihm seine Langbahn-Maschine (mit Federung am Hinterrad und größeren Reifen) zur Verfügung, da der junge Obergriesbacher nur für Speedway ausgerüstet ist.

Auf der 520-Meter-Bahn in Morizes nahe Bordeaux war Erik Bachhuber im September nahe dran, den heuer wegen eines Unfalls fehlenden Tim Wunderer als Weltmeister zu beerben. In der Hitze Südwestfrankreichs erwischte er einen blendenden Start und lag in Führung, aber unglücklicherweise wurde das Feld wegen eines Fehlstarts seines Landsmanns Jonny Wynant zurückgeschossen. „Ein guter Start ist beim Speedway fast alles”, erklärt der Youngster. Beim zweiten Versuch kam er eher bescheiden aus den Bändern heraus und schrammte am Siegerpodest vorbei. Ausgerechnet der Cloppenburger Wynant holte sich den Titel. „Aber Vierter musst du bei einer WM erst mal werden”, war Erik durchaus zufrieden mit seinem Abschneiden.

Beim kontinentalen Championat im polnischen Torun war Bachhuber im Juli als einziger deutscher Teilnehmer im A-Finale Sechster geworden.

Als Titelverteidiger brach Erik Bachhuber vor zwei Wochen favorisiert zur „Deutschen” auf. Güstrow war für ihn eine Premiere. Nur anfangs machten ihm die Löcher und Rillen in der Bahn leichte Probleme. Aber als es darauf ankam, zeigte er der Konkurrenz wieder einmal in jedem der fünf Finalläufe seinen Auspuff.

Nach dem Übungswochenende in Lonigo wird Erik Bachhuber erst einmal Pause machen. In vier Wochen geht mit dem Konditionstraining die Vorbereitung aufs nächste Jahr los. „Viele Leute unterschätzen es, dass der Speedway-Fahrer auch körperlich topfit sein muss”, sagt Stefan Bachhuber. Der Vater ist Eriks großes Vorbild. Was Stefan von seinen drei älteren Brüdern gelernt hat, hat er als Trainer und Betreuer seinem Sohn vermittelt. Außerdem verehrt der Junior Greg Hancock. Der US-Amerikaner, 47, hat seit 1995 nur ein Rennen versäumt.

Erik Bachhuber brennt darauf, auf die Sandpisten zurückzukehren. Die 125er haben die Bachhubers schon verkauft, dieser Tage haben sie zwei neue 250er-Motoren des italienischen Herstellers GM erstanden. Der Rahmen ist erneut ein tschechisches Fabrikat (Stuha) und gelb-schwarz lackiert. „Gelb-Schwarz sind die Bachhuber-Farben”, erklärt der Vater, als Erik das neue Motorrad aus der Garage schiebt.

„Die 250er ist eine andere Hausnummer, da wird mit viel härteren Bandagen gekämpft”, macht sich der zweifache deutsche Meister der Junioren B in der 125er nichts vor. Erik Bachhuber gibt sich deshalb fürs Erste auch genügsam, was seine Erwartungshaltung für 2018 angeht. „Ein Platz unter den ersten zehn”, sagt er, „wäre schon in Ordnung.” Nationaler Titel im Debütjahr - das hat es im Speedway noch nie gegeben


Von Heribert Oberhauser
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