Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 10.12.2018 15:13

Handballer des TSV Aichach: Schwer angeschlagen

Oliver Huber   spielte in Gersthofen mit doppelt gebrochener Nase. 	Foto: Siegfried Kerpf (Foto: Siegfried Kerpf)
Oliver Huber spielte in Gersthofen mit doppelt gebrochener Nase. Foto: Siegfried Kerpf (Foto: Siegfried Kerpf)
Oliver Huber spielte in Gersthofen mit doppelt gebrochener Nase. Foto: Siegfried Kerpf (Foto: Siegfried Kerpf)
Oliver Huber spielte in Gersthofen mit doppelt gebrochener Nase. Foto: Siegfried Kerpf (Foto: Siegfried Kerpf)
Oliver Huber spielte in Gersthofen mit doppelt gebrochener Nase. Foto: Siegfried Kerpf (Foto: Siegfried Kerpf)

Eine handelsübliche Turnhallen-Bank, lang und aus hellem Holz, nahm in zwei Situationen eine tragende Rolle ein. Zunächst ließ sich Szierbeck nach der Niederlage auf ihr nieder. Vielleicht war es das Gewicht der Worte, die der Trainer gleich sagen würde, das ihn dazu zwang, sich zu setzen. Szierbeck sprach von Mechanismen, die auch in dieser Klasse in Gang gesetzt würden, „entweder von meiner Seite oder vonseiten der Abteilungsleitung”. Denn, „es muss sich etwas ändern und es muss alles hinterfragt werden, ob das wirklich Sinn macht, wenn ich”, Szierbeck sammelte noch einmal seine Gedanken, dann seufzte er es mehr aus sich heraus, als dass er es sagte, „also, ob das Sinn macht, mit mir weiter zu trainieren.”

Heute habe der 53-Jährige das Gefühl gehabt, die Spieler nicht mehr zu erreichen: „Ich hatte keinen Einfluss mehr.” In der Schlussphase war der Trainer erstaunlich ruhig. „Als wir sechs Minuten vor Ende drei Tore weg waren und unser nächster Fehlwurf kam, wusste ich, das war's”, konstatierte er zerknirscht, „dann muss ich an der Bank nicht mehr den Affen machen.” Szierbeck kündigte Gespräche an. Zwischen ihm und der Abteilungsleitung sowie den Spielern untereinander. „Mit dieser Mannschaft darf Aichach nicht absteigen. Das wäre der Supergau.”

Die zweite Szene auf der Bank spielte bereits in der Halbzeitpause und handelte von dem tragischen Helden, der gar keiner sein will. Aichach lag 12:10 vorne, hatte das von beiden Seiten emotional und körperbetont geführte Kellerduell gut im Griff. Oliver Huber war jedoch gar nicht erst mit seiner Mannschaft in die Kabine gegangen. Kurz vor dem Ende des ersten Durchgangs hatte er einen Schlag auf die mit einem breiten schwarzen Pflaster bedeckte lädierte Nase bekommen. So saß er alleine auf der Bank, sein Gesicht vergrub der hochgewachsene Handballer in einem Kältekissen, über seinen Beinen hatte er ein graues Handtuch ausgebreitet. Ein paar einsame Minuten verstrichen, dann gesellte sich Konstantin Schön zu ihm. Schön, der beste Werfer des TSV Aichach, trug Kapuzenpulli und Jeans, über der Hose eine auffällige schwarze Schiene. Da hockten die beiden: Der Abwehrchef mit doppelt gebrochener Nase und der Top-Angreifer mit frisch operiertem Knie nach seinem Kreuzbandriss.

„Einer wie der Konstantin”, stellte Huber später fest, „der fehlt halt.” Einer, der sich von Fehlwürfen nicht beeinflussen lässt, der es trotzdem weiter probiert. Huber hatte in der ersten Halbzeit noch mitgewirkt, sich furchtlos in Zweikämpfe geworfen, Angreifer vom Kreis weggeschoben und vorne versucht, durch wuchtigen Körpereinsatz Räume zu schaffen. „Wenn ich spiele, dann ist es selbstverständlich, dass ich mich voll reinhaue”, betonte der Abwehrmann.

Von draußen musste er in Abschnitt zwei mitansehen, wie es seine Kollegen verpassten, den Vorsprung auszubauen, und immer nervöser wurden. Etwas, das auch Szierbeck hernach vehement bemängelte: „Wir haben uns die Chancen rausgespielt, anstatt dass wir weiter wegziehen, verschmeißen wir die Dinger, machen den Gegner mit jedem Fehlwurf stärker. Und bei uns gehen die Schultern runter.”

Eine Viertelstunde vor dem Ende, Aichach lag 16:15 vorne, betrat Huber dann doch wieder das Feld. „Ich konnte mir das nicht mehr anschauen”, begründete er. Ihm gelang es zwar, das Zentrum zu stabilisieren, doch in den Zwischenräumen fanden die Gastgeber immer wieder Lücken - und führten neun Minuten vor Schluss plötzlich 20:17. Aichach verkürzte zwar, verwarf dann aber den dritten von vier Siebenmetern in Halbzeit zwei. Es wäre das 19:20 gewesen. Danach trudelte das Spiel der sechsten Aichacher Pleite in Serie entgegen.

„Schlimm” sei es, kommentierte Huber, dass Szierbeck an sich zweifelt. Der Trainer habe die Mannschaft gut eingestellt und könne nichts dafür, befand er, „wenn es der Mannschaft an zehn Prozent fehlt.” Und an Spielern, die vorangehen. So wie Huber, der nach der Schlusssirene und den Shakehands in Richtung des Aichacher Anhangs deutete und seine Kollegen aufforderte: „Hierher, alle!”

Während sich die Mannschaft für die Unterstützung bedankte, hatte Huber ein Fläschchen Nasenspray zwischen die Zähne geklemmt, dann drückte er sich schnell wieder den Eisbeutel aufs Gesicht. Während des Spiels, sagte er, habe er nichts gespürt, nur Probleme mit dem Atmen gehabt. „Aber die nächsten beiden Tage werden hart.”

Es fällt wahrlich schwer, Oliver Huber nicht als einen tragischen Helden zu bezeichnen.

TSV Aichach: Chikh, Walther; Kügle (3), Dachser (6), Lenz (2), Braun (1), Bauer (3/2), O. Huber (2), Breitsameter, J. Euba, Hartl (3/2), Geisreither, Treffler, C. Huber. - Schiedsrichter: Förster/Kamlah - Zuschauer: 100 - Siebenmeter: 5/5:4/8 - Zeitstrafen: 2:4.


Von David Libossek
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