Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 30.10.2022 21:14

Auf Pleite folgt Rücktritt Regionalliga Bayern

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Einen Tag nach der Pleite folgte dann der Paukenschlag. Am Sonntagabend um 20.42 Uhr versandte der Regionalligist eine Pressemittelung, gemäß der Nikola Jelisic ab sofort nicht mehr Spielertrainer des FC Pipinsried ist. Nach Gesprächen hätten sich der 27-Jährige und der FCP einvernehmlich getrennt, heißt es. Auch als Spieler werde Jelisic nicht mehr zur Verfügung stehen.

Sein letzte Partie als FCP-Trainer verfolgte Jelisic von der Bank aus, nachdem er wegen einer Fußverletzung nicht spielen konnte. Nach der Begegnung verließ er leichenblass den Platz. Klar, dass er über den unglücklichen Start klagte. Doch dann kritisierte er seine Mannen deutlich: „So kann man keine Zweikämpfe führen!” Zudem ist dem Chefcoach sicherlich bewusst, dass jetzt die Diskussion um seine Person wieder aufflammen wird. Doch so weit kam es nun nicht mehr, am Sonntag zog Jelisic die Reißleine.

Bezeichnend für den kraft- und mutlosen sowie defensiv desorganisierten Auftritt waren die vielen Eins-gegen-eins-Situationen, denen sich Thiel immer wieder gegenübersah. Nicht nur ein- oder zweimal steuerten die Münchner alleine auf den Keeper zu, sondern vier- bis fünfmal, ohne dass die Abwehr und die davor postierten Sechser Lehren daraus zogen; oder die Trainer am Spielfeldrand.

Die FCP-Startelf bot keine Überraschungen. Dass Trainerbruder Daniel Jelisic den gelb-gesperrten Benedikt Lobenhofer in der Abwehr ersetzen würde, war zu erwarten. Außer dem Chefcoach fehlte auch Knie-Dauerpatient Halit Yilmaz. Co-Spielertrainer Pablo Pigl kam erst eine Viertelstunde vor Schluss zum Einsatz, viel zu spät, um die Partie noch beeinflussen zu können.

In den ersten zwei Minuten sah es so aus, als ob der FCP an die Leistung beim 2:1 in Burghausen anknüpfen könnte. Marvin Jike, Nickoy Ricter, Belmin Idrizovic und Claudio Milican gingen die Bayern-Viererkette hoch an. Jike kam aus zwölf Metern zum Abschluss, sein Schuss wurde von einem Bayern geblockt (2.). Gleich darauf brachte der 19-jährige Frans Krätzig Idrizovic an der Strafraumlinie überflüssig zu Fall. Dass sich Kapitän und Keeper Thiel dann die Kugel schnappte, war bezeichnend. Offenbar wollte kein anderer Kicker Verantwortung übernehmen. Die Ausführung war freilich dilettantisch (4.). Jelisic war über die Aktion sehr verärgert. Auf die Frage, ob es abgesprochen war, dass Thiel als Elfmeterschütze antritt, antwortete er: „Nein!”

Tatsächlich hatte der Fehlschuss unmittelbare Folgen: Das Selbstbewusstsein der Pipinsrieder war im Keller, die Konzentration auch. Beim ersten Tor nach einer Flanke von rechts schlug Daniel Jelisic ein Luftloch und Faton Dzemailji ließ unbedrängt Lovro Zovranek einschieben (8.). Die beiden waren nicht die einzigen, die neben sich standen. Selbst Bernard Mwarome, sonst neben Alexander Langen eine Bank, hatte einen Unglückstag erwischt. Nach zehn Minuten ging Grant-Leon Ranos allein auf Thiel zu, der pflückte dem FCB-Talent den Ball vom Fuß. Beim 0:2 war der Keeper machtlos: Nach einem Einwurf landete das Leder bei Hyunju Lee, der Ranos mit einem Heber bediente, der im Mittelkreis mutterseelenallein wartete. Der 19-Jährige hatte 50 Meter Raum und Zeit zu überlegen, wie er Thiel überwinden konnte - ein Haken genügte (0:2, 16.).

Es folgte der nächste Tiefpunkt: Thiel spielte Mwarome aus dem Strafraum an, der Abwehrchef ließ die Kugel durchrutschen, direkt vor die Füße von Ranos, der sie an die Unterkante der Latte hämmerte, den Abpraller versenkte der nachsetzende Lee (0:3, 26.). Nach einem Mwarome-Ballverlust in der Bayern-Hälfte hätte Ramos auf 0:4 stellen können, doch Daniel Jelisic grätschte von der Seite ein (31.). Kurz darauf ein weiterer Konter, diesmal rettete Thiel gegen Zvonarek (39.).

Nach dem Seitenwechsel wurde nichts besser, im Gegenteil. Die Bayern-Talente leisteten sich sogar den Luxus, eine Zwei-gegen Thiel-Situation durch eine Abseitsposition zu vertändeln (50.). Nun wurde es einem Fan auf der Tribüne zu bunt: „Pudic, du bist ein Sechser! Und kein Spaziergänger!”, erinnerte er den Ex-Bayern und Ex-Werder-Spieler an dessen Aufgaben.

Die Gelb-Blauen konnten den Hebel jedoch nicht mehr umlegen. Ein weiterer defensiver Aussetzer schloss die Partie ab. Nach einer Flanke von rechts köpfte der 1,69-Meter-Mann Lee unbedrängt zum 0:4 ein (86.).

FC Pipinsried: Thiel - Langen, Mwarome, Daniel Jelisic - Agbowo (62. Grotz), Pudic, Milican (62. Greifenegger), Dzemailji - Idrizovic (62. Seo) - Ricter (82. Mohammed Amdouni), Jike (76. Pigl).

FC Bayern München 2: Mayer - Aitamer, Morrison, Marusic, Herold - Aydin, Kern, Krätzig (69. Neziri) - Zvonarek (69. Herrmann), Lee (87. Denk), Ranos.

Tore: 0:1 Zvonarek (8.), 0:2 Ranos (16.), 0:3, 0:4 Lee (26., 86.) - Schiedsrichter: Knauer (Isling/Ofr.) - Zuschauer: 530 - Gelbe Karte: Ricter, Mwarome/Marusic - Bes. Vork.: Thiel verschießt Foulelfmeter (4.). mit Wa Jelisic steht auch als Spieler nicht mehr zur Verfügung Keeper Thiel verschießt beim Stand von 0:0 einen Foulelfmeter

FC Augsburg 2 - Türkgücü München 2:0 (0:0): 1:0 Katic (78.), 2:0 Ivanovic (81., Foulelfmeter). Zuschauer: 380.

SpVgg Greuther Fürth 2 - 1. FC Nürnberg 2 1:5 (0:3): 0:1 Katsianas-Sanchez (16., 40., 45.), 0:4 Menig (49.), 1:4 Grimbs (65.), 1:5 Menig (90.). Zuschauer: 330.

SpVgg Hankofen-Hailing - TSV Aubstadt 0:2 (0:0): 0:1 Schebak (6.), 0:2 Heinze (90.+5). Bes. Vorkommnis: Lermer (Hankofen) verschießt Foulelfmeter (50.). Zuschauer: 600.

Nikola Jelisic (FC Pipinsried): Nach dem verschossenen Elfmeter gingen die Köpfe nach unten. Wir waren nicht mehr griffig in den Zweikämpfen und haben dem Gegner keine Probleme bereitet. Die zweite Halbzeit war in Ordnung. Manche Sachen sind so nicht in der Liga möglich, das werden wir am Montag auch klar ansprechen. hok Pipinsried - Schon vor 14 Tagen war er in Pipinsried zu sehen: Amar Cekic, 29, der vom Sommer 2018 bis März 2020 die gelb-blauen Fans als Dribbelkünstler und Torschütze begeisterte - sowie vor allem als einer der besten Vorbereiter, der je im gelb-blauen Dress unterwegs war mit 26 Assists in 44 Partien. Beim Heimstetten-Match wurde er auf der VIP-Tribüne im Gespräch mit Manager Tarik Sarisakal gesichtet, diesmal wartete er vor der FCP-Kabine auf die Kicker und unterhielt sich mit Belmin Idrizovic. Auf die Frage der Aichacher Zeitung , ob er zum FCP zurückkehre, antwortete der gebürtige Münchner, der derzeit für den Südwest-Regionalligisten SGV Freiberg kickt, mit einem Augenzwinkern: „Schau' mer mal.”

Er war übrigens nicht der einzige bekannte Kicker, der die Partie beobachtete. Ebenfalls vor Ort: Halit Altintop, 39, früherer Bundesliga-Profi beim FCA und auf Schalke, bis vor kurzem Co-Trainer der U 16 des FC Bayern München und mittlerweile als „Übergangskoordinator” im Nachwuchsleistungszentrum tätig. Möglicherweise wird er der Nachfolger von Martin Demichelis, der vermutlich in seine Heimat Argentinien zurückkehren wird. hok Der Fehlschuss, der zum Debakel führte: Felix Thiel beim Elfmeter in der vierten Minute. Foto: Horst Kramer


Von Herbert Walther
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