Dabei hätte Guinari, als er am Mittwochvormittag via Brüssel wieder in München landete, eigentlich betrübt aus dem Flieger steigen müssen. Denn in der zweiten Partie am vergangenen Montagabend gegen Liberia, in der Guinari erneut als rechter Innenverteidiger durchspielte, kassierte die Nummer 123 der Fifa-Weltrangliste, eingebettet zwischen Libyen und Kasachstan, kurz vor Schluss das Tor zur 0:1-Niederlage. „Wir hätten das Spiel schon in der ersten Halbzeit entscheiden müssen”, erzählt der 20-Jährige. Dennoch hätten in den zehn Tagen, die er bei der Nationalmannschaft verbrachte, die tollen Momente überwogen, sagt Guinari: „Und das trotz der Niederlage.” Schließlich hatte er erstmals seit 2010 wieder afrikanischen Boden unter den Füßen. Damals hatte er als kleiner Junge mit seiner großen Schwester die Heimat verlassen, um beim Vater zu leben, der bereits in München war, .Die Reise führte den FCP-Verteidiger allerdings nicht nach Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, in der Guinari auch geboren wurde, sondern ins benachbarte Kamerun. Der afrikanische Fußballverband Confédération Africaine de Football (CAF) verlegte die beiden Heimpartien der Low-Ubangui-Fawns, der „Wilden Biester”, wie die Fußballer aus Zentralafrika auch genannt werden, nach Douala an die Atlantikküste. „Wir vermissen unsere Fans sehr. Wir hoffen, dass sich diese Situation bald bessert”, sagte Nationaltrainer Raoul Savoy, ein 48-jähriger Schweizer aus dem Kanton Waadt, als er unmittelbar vor Beginn der WM-Qualifikation einen Zweijahresvertrag unterzeichnete und damit zum dritten Mal bei den Zentralafrikanern anheuerte. Der Fußballverband hatte sich im Juli von Savoys Vorgänger, dem Ivorer François Zahoui, getrennt. Wenige Wochen später hatte auch noch der beste Fußballer des Landes, Geoffrey Kondogbia von Atletico Madrid, bis auf Weiteres seinen Rückzug aus der Auswahl verkündet. Unter anderem führte der Ex-Kapitän an, dass es seit mehr als einem Jahr kein zugelassenes Stadion in der Zentralafrikanischen Republik (knapp fünf Millionen Einwohner, mit 622 000 Quadratkilometern fast doppelt so groß wie Deutschland) gibt.Überhaupt ist das Leid in dem Land, das 1960 von Frankreich unabhängig wurde und zu den ärmsten der Welt zählt, sehr groß. Seit den Präsidentschaftswahlen Ende des vergangenen Jahres flammen dort immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen auf, weite Teile des Staatsgebiets werden von Rebellengruppen kontrolliert. In Bangui, wo noch Guinaris Großeltern sowie Onkel leben, sei es aufgrund hoher Militär- und Polizeipräsenz aber sicher, sagt der frisch gebackene Nationalspieler.Wie wird ein Fußballer, der in Deutschlands 4. Liga spielt, von heute auf morgen Nationalspieler? Die Leistungen des über 1,90 Meter großen Abwehrhünen in den ersten Regionalligaspielen der neuen Saison sind den Zentralafrikanern anscheinend nicht verborgen geblieben. „Ich bin auf einer Liste aller Spieler des Landes gestanden”, erklärt Guinari, der bei Phönix München mit dem Fußballspielen begann und später in die U 14 und ins Nachwuchsleistungszentrum von 1860 München wechselte. Erst im Sommer 2020 kam er zum FCP, hat gerade einmal neun Regionalligaspiele auf dem Buckel.Einen Teil seiner Nationalmannschaftskollegen lernte Guinari auf dem Hinflug kennen. Am Flughafen von Brüssel sammelte der Manager der Nationalmannschaft, quasi der Oliver Bierhoff der Zentralafrikanischen Republik, die Europa-Legionäre ein. Fast alle sind in Frankreich aktiv, zwei von ihnen spielen dort, wie Guinari in Deutschland, in der 4. Liga. Verständigungsprobleme mit seinen Mitspielern gab es keine. Guinari spricht fließend französisch; die zweite Amtssprache des Landes, Sango, versteht er zur Hälfte. Bei der Nationalhymne war der Abwehrspieler mit der Rückennummer 21, wie man sehen konnte, jedenfalls textsicher. „Die Hymne muss man können”, sagt Guinari mit einem Schmunzeln.Im Oktober will er das Landeslied gerne wieder inbrünstig mitsingen, wenn die zwei WM-Qualifikationspartien gegen Nigeria anstehen, dem Topfavoriten der Gruppe. Nur der Erste qualifiziert sich für die nächste und entscheidende Gruppenphase auf dem Weg nach Katar 2022. „Ich denke schon, dass ich dann wieder dabei bin”, sinniert Guinari. „Wir hätten das Spiel schon in der ersten Halbzeit entscheiden müssen”, sagt Guinari nach der 0:1-Niederlage gegen Liberia