„Sein Gesellenstück”, sagt Lechner, sei damals die Verpflichtung des ehemaligen „Löwen” Joachim Goldstein vom FC Pipinsried als Spielertrainer gewesen. Goldstein führte den FCA auf Anhieb zurück in die Bezirksliga. Mit der Anstellung von Jürgen Schmid als Trainer 2000 zündeten die Affinger die nächste Stufe - und mit dem Umzug auf die neue Sportanlage sollte schließlich der Höhenflug beginnen. „Aber auch das Drumherum war sehr wichtig, der Verein war sehr gut aufgestellt”, sagt Lechner. 2003 folgte als Meister der Bezirksliga Nord der erstmalige Aufstieg in die Bezirksoberliga, die auf dem Weg nach oben gleich in der ersten Saison eigentlich auch nur Durchgangsstation hätte werden können. Als Neuling beendeten die Affinger die Runde als ausgezeichneter Vierter. Dennoch gab es am Ende an der Frechholzhausener Straße lange Gesichter. Mit drei Pleiten in den letzten drei Punktspielen vergeigten die Affinger nicht nur Platz drei, der damals zu einem Aufstiegsspiel zur Landesliga gereicht hätte, sondern auch noch den zweiten Direktaufstiegsplatz. „Das hat mich damals schon geärgert”, blickt Lechner zurück. Doch aufgeschoben war nicht aufgehoben. Mit Stefan Tutschka heuerte ein neuer Trainer in Affing an. Der hatte zuvor mit Aindling immerhin schon einen Bayernligisten trainiert, wurde zunächst aber als Nachfolger des erfolgreichen Schmid kritisch beäugt. Deshalb ist der heute 54-Jährige ein Dreivierteljahr später „sehr erleichtert” gewesen, dass er gleich in seiner ersten Saison in Affing den Aufstieg in die Landesliga Süd schaffte - insgesamt wurden es bis zu einem Rücktritt im September 2013 überaus erfolgreiche neun Jahre. Bis heute brachte es in Affing kein Trainer auf so viele Dienstjahre wie Tutschka. In der BOL-Saison 2004/05 entwickelte sich hinter dem souveränen Meister Kottern ein spannender Dreikampf um Platz zwei zwischen Gundelfingen, Affing und Gersthofen. Letzteres musste am drittletzten Spieltag abreißen lassen. In der vorletzten Runde bekamen es die Gundelfinger mit den bereits als Meister feststehenden Kotternern zu tun. Der damalige Trainer der Allgäuer, Bernd Kunze, der mit Tutschka einen regen Austausch über die Gegner in der BOL pflegte, versprach seinem Affinger Kollegen, die Sache bis zum Schluss durchzuziehen. „Er hat dann auch Wort gehalten”, meint Tutschka anerkennend. Kottern siegte in Gundelfingen 4:2, Affing in Stätzling spät 2:1 - bei jetzt zwei Punkten Vorsprung war der Weg für die Rot-Schwarzen zu den Aufstiegsspielen zur Landesliga Süd frei. Der letzte Spieltag war dann der Auftakt für ein Drama in drei Akten. „Das hätte man nicht besser schreiben können”, sagt Torhüter Bernd Kühne. Es ging im Derby zu Hause gegen den TSV Gersthofen. „Die haben uns nichts geschenkt”, erinnert sich Affings Angreifer Marco Schreiber, der aus dem Gersthofener Ortsteil Batzenhofen stammt. „Wenn sie schon nicht aufsteigen konnten, dann sollten wir es auch nicht”, weiß Schreiber um die damalige Rivalität zwischen Affing und Gersthofen. Und so kam es dann auch. Zur Pause führte Gersthofen 3:1 Und als Zeljko Brnadic (70.) und Ronny Roth (72.) die Gelb-Schwarzen nach dem zwischenzeitlichen 3:3 wieder mit 5:3 in Front brachten, drohten den Affingern die Felle endgültig davonzuschwimmen. Marjan Galun und Schreiber mit einem sehenswerten Distanzschuss in den Winkel - „dieses Tor durfte ich von hinten genießen”, sagt Kühne schmunzelnd - retteten Affing in „einem Wahnsinnsspiel” (Schreiber) noch ein 5:5. „Nicht einmal fünf Tore reichen für Platz zwei”, titelte die Aichacher Zeitung nach dem letzten BOL-Spieltag. Bei Tutschka überwog schließlich die Erleichterung, aufgrund des Spielverlaufs noch ein Remis gerettet zu haben, „auch wenn wir diese Partie eigentlich vergeigt haben”. Punktgleich gingen Affing und Gundelfingen somit über die Ziellinie - und da damals noch nicht der direkte Vergleich zählte (den hätte der FCG für sich entschieden), gab es ein Entscheidungsspiel um Platz zwei. Die Voraussetzungen für diese Partie drei Tage später in Wertingen waren für die Affinger alles andere als gut. „Wir hatten große personelle Probleme”, erinnert sich Tutschka noch ganz genau. Im Spiel musste er nach einer knappen halben Stunde auch gleich zwei Mal wechseln. Peter Baum erlitt einen Schlüsselbeinbruch, Frank Mazur einen Muskelfaserriss. Für Baum kam früh Gerald Eberl, was auch eine spezielle Geschichte hatte. „Er hat mit einem Kreuzbandriss fast durchgespielt”, sagt Lechner. „In dieser Hinsicht war der Gerry absolut schmerzfrei”, fügt Kühne hinzu. Vor rund 1500 Zuschauern stand es nach Ende der regulären Spielzeit 0:0, in der Verlängerung ging Gundelfingen in der 106. Minute durch Tobias Stegherr in Führung. „Das war schon ein kleiner Schock, aber wir haben keinesfalls aufgegeben”, so Tutschka. Affing warf noch einmal alles nach vorne, und als Gundelfingens Spielertrainer Michael Unger den noch heute für die Rot-Schwarzen aktiven Nino Kindermann im Strafraum umstieß, entschied Referee Thomas Färber auf Strafstoß für Affing. Als Schütze war eigentlich Marjan Galun vorgesehen. „Aber wir haben uns kurz ausgetauscht und dann habe ich mir den Ball geschnappt”, erzählt Schreiber. Der hatte Nerven wie Drahtseile. „Geh mal in der 120. Minute hin und schieß diesen wichtigen Elfer”, sagt Kühne. Er selbst konnte diesmal nicht hinsehen, weiß bis heute nicht, wohin Schreiber geschossen hat. „In die linke Ecke”, sagt der heute 41-Jährige schmunzelnd. Arg viel ungenauer durfte der „Bomber” aber auch nicht zielen, weil die Gundelfinger mit Rafael Kiebler einen „Zwei-Meter-Hünen” (Schreiber) im Tor hatten. „Wenn er zwei Zentimeter größer gewesen wäre, hätte er ihn wohl gehalten”, orakelt Schreiber. Beim Strafstoß in der 120. Minute hatte er sich wenig Gedanken gemacht. Anders war's dann ein paar Minuten später. Schreiber war im Elferschießen der letzte Affinger Schütze - und mit jedem Schritt von der Mittellinie zum Punkt sei er „zittriger” geworden. „Wechsle ich die Ecke oder nehme ich die gleiche”, schoss es ihm durch den Kopf. Der Rechtsfuß entschied sich wieder für links unten - Affing spielte um den Aufstieg in die Landesliga. „Er war schon ein cooler Hund”, sagt Tutschka über seinen Angreifer. Von den zehn Schützen vergab nur einer, gleich der erste Gundelfingener Christoph Wirth. „Ich wusste, wohin er schießt”, sagt Kühne. Den Tipp bekam er von seinem Trainer Tutschka, der einige Wochen zuvor Gundelfingen bei dessen Gastspiel in Schwabmünchen beobachtet hatte. Dort traf Wirth in die rechte Ecke, in die in Wertingen Kühne erfolgreich tauchte. So ging die „Affinger Highlight-Woche” in die entscheidende Runde. In Pipinsried spielte der FCA gegen den oberbayerischen BOL-Vizemeister Srbija München um den Aufstieg in die Landesliga Süd. „Wir sind auf der Felge dahergekommen”, sagt Kühne. Das Lazarett war nach dem Gundelfingen-Spiel noch größer geworden. Mit Davor Juric musste Tutschka unmittelbar nach dem 1:0 der Serben nach einer Viertelstunde gar einen AH-Spieler einwechseln, der Sekunden später im Strafraum gefoult wurde. Wieder schnappte sich Schreiber den Ball - und er wusste genau, dass er diesmal die Ecke wechseln musste. „Die Serben haben uns ja ein paar Tage zuvor beobachtet”, sagt Schreiber. Also schlenzte er die Kugel in die Mitte, während der Keeper tatsächlich in die von Schreiber aus gesehene linke Ecke hüpfte. Nicht auf dem Zettel hatten die Serben bei ihrer Beobachtungstour nach Wertingen Sascha Brosi. Der Angreifer, mit 20 Treffern erfolgreichster Affinger Schütze in der Punktrunde, war nach einem Mittelfußknochenbruch rechtzeitig wieder fit geworden. „Das war auch mit der Schlüssel zum Erfolg”, so Tutschka. Den erneuten Rückstand drehte eben jener Brosi mit zwei Treffern in eine 3:2-Halbzeitführung um. Nach der Pause erhöhte Kindermann auf 4:2 - und als Kühne acht Minuten vor Schluss einen Strafstoß parierte, stand wenig später ganz Affing kopf - der FCA war zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte in der Landesliga. „Es gehörte auch sicherlich etwas Glück dazu”, meint Tutschka 15 Jahre später, „aber ich ziehe noch heute den Hut vor der Leistung der Mannschaft, wie sie die Tiefschläge weggesteckt hat.” In den folgenden Jahren gab es noch einige Höhepunkte für die Affinger wie die Vizemeisterschaft in der Landesliga Süd 2009 (im ersten Spiel zur Bayernliga mit 0:3 an Seligenporten gescheitert) oder den Aufstieg 2012 in die Bayernliga Süd, als die Affinger als Bezirksoberligist dank der Ligenreform gleich eine Klasse übersprangen. Es waren, abgesehen von der Kreisliga-Meisterschaft 2018, die letzten Highlights. Nach dem Abstieg aus der Bayernliga Süd 2014 ging's in einem Rutsch runter bis in die Kreisliga Ost. Landesliga- oder gar Bayernligafußball sind in Affing inzwischen wieder, wie vor über 20 Jahren, Hirngespinste.