Auch in der derzeit unterbrochenen Spielzeit wird man dem Gesamtklassement keinesfalls vorwerfen können, Unwahrheiten zu verbreiten. Allerdings ist die Wahrheit zwischen Aufstiegsfeier und Abstiegstränen voraussichtlich dehnbarer als in einer gewöhnlichen Saison. Denn am Sonntagvormittag wurde nicht nur im Fernsehen über die Bundesliga schwadroniert, sondern in einer Internetkonferenz ein wichtiger Schritt in Sachen Saisonfortsetzung im bayerischen Amateurfußball gemacht. Vertreter von Vereinen und Verband sind in einer Untergruppe der sogenannten Lösungsarbeitsgruppen (LAG) des BFV zu einem Ergebnis gekommen, wie der Kalender im Falle einer reibungslosen Wiederaufnahme der Spielzeit mit sportlich hochwertigen Wettbewerben aufgefüllt werden kann. Sollte ab dem angestrebten Neustart-Termin, dem 1. September, wieder durchgehend gespielt werden können, hätte zum Beispiel die besagte Bezirksliga Schwaben Nord bis zur Sommerpause nur zehn Restsaison-Spiele zu absolvieren. „Wenn man die dann auf 2020 und 2021 aufteilt”, überlegt Jürgen Dumbs, Spartenchef des BC Adelzhausen, laut, „dann machen wir im August eine komplette Vorbereitung für fünf Spiele und im Winter eine komplette Vorbereitung für fünf Spiele.” Und eben deshalb versprach der BFV den Klubs, attraktive Zusatzangebote zu schaffen. Einen Vorschlag dazu hat nun am Sonntagvormittag die Arbeitsgruppe für die insgesamt 15 Bezirksligen präsentiert. Die Empfehlung der LAG sieht - analog der bereits für Regional-, Bayern- und Landesliga (siehe grauer Kasten) vorgestellten Ansätze - pro Bezirksliga einen zusätzlichen Ligapokal-Wettbewerb mit Vor-, Zwischen- und Finalrunde vor. Dabei soll eine flexible Gestaltung je nach Pandemie-Verlauf möglich sein. Der Pokal soll des Weiteren während der spielfreien Zeiten des Ligabetriebs ausgetragen werden und sportliche Anreize bieten. In jedem Bezirk spielen die jeweiligen Ligapokal-Sieger einen Bezirkssieger aus, der im Anschluss mit den sechs weiteren Bezirksgewinnern in einer Relegationsrunde um insgesamt fünf direkte Aufstiegsplätze in die Landesliga kämpft. Aus der Unter-Arbeitsgruppe sei dem Verband zufolge unter anderem noch die Anregung gekommen, ob man denn die Anzahl der Aufstiegsplätze noch erhöhen könne. Auf die Ergebnisse der regulären Saison hat der Zusatzwettbewerb keinen Einfluss. Sollte eine Mannschaft über den Ligapokal den Aufstieg schaffen, die bereits über die Liga den Sprung in die Landesliga erreicht hat, greift ein Nachrücker-Prinzip. Geht ein Team, das über die Liga absteigen würde, aus dem Ligapokal als Aufsteiger hervor, steigt dieses nicht in die Landesliga auf, sondern hält als Belohnung die Bezirksliga. Hinter diesem Vorschlag, der nun von den 15 Ligen bewilligt werden muss, stecke „eine unheimliche Arbeit”, sagt Rainer Zeiser. Der Spielgruppenleiter des Bezirks Schwaben ist Mitglied der Lösungsarbeitsgruppe, berichtet von drei Videokonferenzen binnen fünf Tagen. Zeiser findet, dass sich die investierte Zeit gelohnt hat. Er rechnet damit, „dass die Bezirksligisten das Angebot positiv aufnehmen”. Sein Optimismus fußt darauf, wie „hellauf begeistert die Vertreter der Bayern- und Landesligisten reagiert haben, aber auch die Vereinsfunktionäre in unserer Arbeitsgruppe”. Schwaben wurde darin von Klaus Assum, Spartenchef des TSV Gersthofen, vertreten. Zeiser nennt den Ligapokal eine „maximal flexible Lösung”. Schließlich sei keinesfalls klar, wie und vor allem wann im Freistaat wieder Fußball gespielt werden kann. Ein grober zeitlicher und inhaltlicher Rahmenplan solle daher frühestens erstellt werden, wenn die Bezirksligisten ihre Zusage erteilen. Letztlich sei aber alles abhängig von den Entscheidungen der Politik und dem weiteren Verlauf der Covid-19-Pandemie. Bei den Klubs ist das Echo auf den Pokal fürs Erste positiv. „Im Moment”, sagt etwa Ecknachs Abteilungsleiter Jochen Selig, „schaut es so aus, als hielte der Verband sein Versprechen, eine sportlich attraktive Lösung anzubieten.” Für ein finales Urteil müsse man jedoch abwarten, wie genau sich die Regularien und der Zeitplan gestalten, schränkt Selig ein. Prinzipiell sei ein Wettbewerb, in dem man nur auf- aber nicht absteigen kann, zunächst einmal etwas Gutes. „Das kann man sicher mal machen, das macht bestimmt Spaß”, findet der Fußballchef des VfL. Josef Kigle teilt diese Ansicht. „Man kann immer drüber streiten, ob alles gut ist, was entschieden wird”, sagt er zwar, die Idee vom Ligapokal halte er „auf alle Fälle für nicht schlecht”. Schließlich „ermöglicht der Wettbewerb es Mannschaften, die im Tabellenmittelfeld stehen, noch aufzusteigen”. Dazu zählt auch der TSV Aindling. „Aber nicht nur wir”, ergänzt Kigle, „Bezirksligen-übergreifend gibt es Mannschaften, die dadurch etwas ausbessern könnten, wenn die Saison bisher nicht so gut gelaufen ist”. Kigle bremst jedoch: „In so einem Pokalwettbewerb braucht man enormes Glück, um erfolgreich zu sein. Ohnehin sei für ihn wichtiger, dass es überhaupt weitergeht. „Ich bin aber zuversichtlich, dass wir bis Mitte September wieder spielen dürfen”, sagt Kigle, lässt jedoch eine düstere Prognose folgen: „Wenn noch ein paar Monate nicht gespielt wird, wird es viele Vereine geben, die gar nicht mehr anfangen.” Auch ihn interessiere es vorrangig, „wie es mit dem Fußball heuer generell weitergeht”, betont Jürgen Dumbs, Spartenchef des BC Adelzhausen. Dem Ligapokal, sagt Dumbs, „stehe ich offen gegenüber. Es ist schon einmal besser, als gar nicht zu spielen”, findet er und erwartet „eine interessante Abwechslung”. Eine, die für den BCA möglicherweise mehr sein könnte, als ein Puffer in der spielfreien Zeit. Adelzhausen steckt schließlich knietief im Abstiegskampf. „Schön, ein Hintertürchen zu haben”, sagt Dumbs, „denn diese Saison wird es knapp werden.” Zunächst einmal arbeitet der BCA aber am regulären Klassenerhalt. Ab Juli soll wieder trainiert werden, zumindest einmal pro Woche. „Dabei geht es aber vielmehr um den gesellschaftlichen Faktor. Die Jungs sollen sich mal wieder sehen”, informiert der Abteilungsvordere. Möglicherweise ist beim Wiedersehen auch eine gewagt-konstruierte Konstellation Thema: Bleibt Adelzhausen über Liga oder Relegation Bezirksligist, könnte der Abstiegskandidat plötzlich über den Pokal in die Landesliga aufsteigen. In diesem Fall müsste man die Tabelle womöglich doch der Lüge bezichtigen. „Wenn noch ein paar Monate nicht gespielt wird, wird es Vereine geben, die gar nicht mehr anfangen”