Beim mondialen Titelwettbewerb war für Lindermair im Viertelfinale Schluss. Grund war nach einem gelungenen ersten Lauf ein geplatzter Reifen im zweiten. „Ich bin nur ganz leicht an einem Hindernis hängen geblieben, aber das hat gereicht”, bedauerte er. Gleichwohl war Lindermair mit seinem Abschneiden durchaus zufrieden. Als Bester der drei Deutschen erreichte der Viersener Paul Thölen das Halbfinale, wurde 18. Timo Schulze aus Buer schied wie Lindermair im Viertelfinale aus. Weltmeister wurde der Australier Logan Martin, 28. Dass sich von den deutschen BMX-Herren keiner für Tokio qualifizieren würde, war schon länger klar. Bei den Frauen war immerhin Lara Lessmann mit atemberaubenden Sprüngen auf einem trefflichen Weg nach Japan. Aber nachdem die Berlinerin in Montpellier souverän ins Finale eingezogen war, stürzte sie im Training und brach sich das Schlüsselbein.Was seine sportlichen Ambitionen angeht, ist Lindermair ein krasses Opfer der Pandemie. Aufgrund der Einschränkungen im Sport konnte er fast eineinhalb Jahre keine Wettkämpfe bestreiten. In der Konsequenz fehlten ihm die Punkte, um ein ernsthafter Kandidat für Olympia 2021 zu sein. Der Paarstädter ist aber schon so ehrlich zuzugeben, dass es für ihn auch ohne das Coronavirus verdammt schwer, wenn nicht gar aussichtslos gewesen wäre, es nach Tokio zu schaffen. Denn für die Freestyle-Konkurrenz im BMX sind überhaupt nur neun Starter zugelassen. Je zwei stellen die Gastgeber und die stärkste Nation (USA oder Australien), bleiben fünf für den Rest der Welt. Zu diesem Quintett zu gehören, war von Haus aus ein sehr anspruchsvolles Ziel. In Paris dürften in drei Jahren immerhin 13 BMX-Akrobaten antreten, weiß Lindermair.Die WM diente gewissermaßen schon als Vorbereitung für 2024. Bevor es am vergangenen Mittwoch in den Süden Frankreichs ging, war der deutsche BMX-Kader in der Schweiz eine Woche im Trainingslager. Von der Arena, die der Weltverband UCI (Union Cycliste Internationale) im Zentrum von Montpellier aufgebaut hatte, war Lindermair angetan: „Ein sehr guter Parcours mit großen Rampen. Das ist schon eine andere Dimension.” Von der 300 000-Einwohner-Stadt, etwa zehn Kilometer vom Mittelmeer entfernt, haben Lindermair und seine Teamkollegen praktisch nichts mitbekommen. „Wir sind nur zwischen Hotel und Arena gependelt. In Frankreich sind die Maßnahmen ja noch strenger gewesen als bei uns. Die Ausgangssperre galt schon ab 21 Uhr”, sagt Lindermair. Bis auf ein paar geladene Gäste seien im Stadion auch keine Zuschauer erlaubt gewesen.In seinem erlernten Beruf als Koch arbeitet der Aichacher seit einiger Zeit nicht mehr. Er will sich zumindest bis 2024 ganz auf seinen Sport konzentrieren. „Es geht grad so”, antwortet Lindermair auf die Frage, wie er als BMX-Profi finanziell über die Runden kommt. Als Mitglied des Bundeskaders unterstützt ihn die Sporthilfe, außerdem verdient er sich mit dem Aufbau von BMX-Parks etwas dazu. Mit den Flugartisten in der Weltspitze kann sich Lindermair nicht vergleichen. „Die bekommen allein vom Staat ein Mehrfaches von dem, was ich kriege”, macht er deutlich.Seit ungefähr zwei Jahren ist Lindermair, der nebenbei weiter Handball spielen wird in der Aichacher „Zweiten”, Leiter der BMX-Sparte im TSV Aichach. „Bei uns geht was”, betont er. Den Park aus dem eigenen Garten hat er mittlerweile auf dem TSV-Gelände aufgestellt. Ein bisschen problematisch sei nur, dass er viel unterwegs ist. Deshalb müsse immer alles gut koordiniert werden.Im April 2020 hat sich Lindermair in einer angemieteten Scheune in Hörzhausen einen Parcours aufgebaut. Vor kurzem ist der Besitzer des Stadels verstorben. Wie es mit der Scheune weitergeht, ist momentan unklar. „Ich weiß nicht, was die Erben damit machen”, sagt Lindermair. Vorbeugend hält er schon mal Ausschau nach einem anderen ehedem landwirtschaftlich genutzten Gebäude. „Eine Fläche von 500 Quadratmetern wäre gut mit mindestens sechs Metern Höhe, damit wir nicht gegen die Balken des Dachstuhls krachen. Aber so etwas ist schwer zu finden”, macht sich der Mittzwanziger nichts vor. „Die sind nicht verkehrt”, tut Jonas Lindermeir über die Dirtparks kund, die in unserer Region gerade ins Kraut schießen. Er freilich fahre lieber in den Rampenparks. Zudem gibt er zu bedenken, dass die Dirtparks viel mehr Pflege bräuchten als seine hölzerne Bühne, auf der er mit spektakulären Tricks und Sprüngen gegen den Himmel fliegt - und 2024 vielleicht nach Paris. Platten kostet die Chance aufs Halbfinale Lindermair muss mit seinem Parcours wohl umziehen