Die erste Kundin auf dem Behandlungstisch von Christine Würth seit der Entscheidung vom Donnerstag war Bella, ein Labradoodle aus Kühbach. Die Hundedame wurde von ihrem Frauchen gebracht, im Freien abgegeben und wieder abgeholt. Das gehört zu den Bedingungen, die Würth einhalten muss, um ihren Salon betreiben zu können. Die Besitzer dürfen während des Hundebesuchs nicht im Laden sein, um Kundenkontakt zu vermeiden. Als Soloselbstständige sah Würth keine andere Möglichkeit mehr, als vor Gericht zu ziehen. Von den versprochenen finanziellen Hilfen habe sie bisher „keinen Cent” bekommen. Als sie sich während des ersten Lockdowns bei den Behörden erkundigt hatte, sagte man ihr, sie solle ihre Kosten stunden lassen und Hartz IV beantragen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. „Das kam für mich nicht in Frage”, stellt Wünsch klar. „Dieses Mal hieß es, ich könnte bis zu 5000 Euro bekommen.” Sie setzte sich mit ihrem Steuerberater in Verbindung. Der sagte, sie könne mit etwa 400 bis 500 Euro rechnen. Abzüglich der Steuerberaterkosten und der fälligen Versteuerung wäre davon nicht viel übrig geblieben, verdeutlicht sie. Da Christine Würth keine Rechtschutzversicherung hat, derzeit ohne Einnahmen dasteht und eigentlich nicht vor Gericht streiten mag, sondern „die Dinge lieber so klären möchte”, war der Hundefriseurin allein beim Gedanken an die Prozesskosten schon „etwas mulmig” zumute. Doch das Wissen darüber, dass bis auf vier Bundesländer in allen anderen Hundesalons trotz Lockdown arbeiten dürfen sowie die erfolgreiche Klage einer Kollegin aus Nordrhein-Westfalen brachten sie zu dem Entschluss, einen Rechtsanwalt aufzusuchen und sich beraten zu lassen. „Ich wollte wissen, wie meine Chancen stehen”, erklärt Würth. Die klare Aussage von Reinhard Baade aus der Aichacher Kanzlei Thoma, Baade, Dr. Helm & Kollegen lautete: „Wir gewinnen.” Der Anwalt behielt Recht. In einem zehnseitigen Schreiben des Augsburger Verwaltungsgerichts erfolgte die Begründung für die Entscheidung. „Das war schnell, ausführlich, detailliert und fundiert”, findet Christine Würth, die sich über ihren Erfolg freut und ein bisschen schmunzeln muss bei dem Gedanken, erfolgreich gegen den Freistaat Bayern geklagt zu haben. Die Kosten des Verfahrens inklusive Anwaltsgebühren trägt die Gegenseite, also der Freistaat, vertreten durch das Landratsamt Aichach-Friedberg. Ob dieses gegen die Entscheidung vorgehen wird, ist nicht bekannt. Gleichzeitig betont die Hundesalon-Betreiberin, es gehe ihr nicht darum, Recht zu haben oder Recht zu bekommen. „Ich kann es mir einfach nicht mehr leisten”, macht Christine Würth deutlich.