Aichacher Zeitung: Sie sind selbst Unternehmerin, wie sah Ihr Leben in der Ukraine vor dem Krieg aus?Tetiana Rumiantseva: Als Selbstständige begann mein Tag früh und endete spät (lacht) . Mein Arbeitstag in der Ukraine war immer vielseitig, weil ich als Chefin in einem kleinen Betrieb überall tätig war, wo Arbeit anfiel: zum Beispiel im Einkauf, der Buchhaltung, der Qualitätskontrolle, im Vertrieb und bei Bedarf auch in der Werkstatt an der Maschine.AZ: Welchen Beruf haben Sie gelernt und was produzierte Ihr Betrieb?Rumiantseva: Ich bin Maschinenbauingenieurin. Vor 24 Jahren habe ich den Metall-Betrieb zusammen mit einer Freundin mitten in der Krise 1998 gegründet, als wir die ersten Maschinen beschaffen konnten. In der Werkstatt haben wir jeweils drei Fräs-, Dreh- und Bohrmaschinen, ältere Modelle. Mit unseren beiden Mitarbeitern fertigten wir Metallteile wie etwa Schlösser oder Wasserhähne für die Eisenbahn und die Baubranche - bis wir vor ein paar Wochen wegen des Krieges zusperren mussten.AZ: Was hat sich seitdem in Ihrem Leben verändert?AZ: Der Stress war extrem. Mehrmals am Tag, auch in der Nacht gingen in meiner Heimatstadt Dnipro, in der Nähe von Donezk, die Sirenen los.Den Betrieb haben wir zugesperrt und mussten zu Hause bleiben. Immer wieder habe ich mich dann bei Alarm im Keller versteckt. Durch die Druckwelle einer Bombe sind im Betrieb mehrere Fenster zu Bruch gegangen.AZ: Wie lange sind Sie dann noch geblieben?Rumiantseva: Nach einer Woche beschlossen wir, zu meiner Tochter und Familie nach Igenhausen aufzubrechen. Mit meinem 81 Jahre alten Vater und unserem Kater bin ich in fünf Tagen mit Bus und Bahn über Polen bis nach München geflohen. Einfach ins Flugzeug zu steigen, wie sonst, war nicht möglich. Die Reise war aufwühlend und anstrengend. Es gab längere Wartezeiten und Kontrollen.AZ: Wie sind Sie zur Firma Haimer gekommen?Rumiantseva: Von den Besuchen bei meiner Tochter und meinen Enkeln, zwei- oder dreimal im Jahr, kenne ich das Unternehmen, weil wir es beim Spazierengehen in Igenhausen immer gesehen haben. Als ich das bekannte Geräusch von Fräsmaschinen gehört habe, bin ich gleich hellhörig geworden. Meine Tochter hat den Kontakt hergestellt, ich habe mich beworben und wurde nach dem Vorstellungsgespräch zum Probearbeiten eingeladen.AZ: Welche Hoffnungen und Pläne haben Sie für die Zukunft?Rumiantseva: Ich möchte arbeiten und selbst Geld verdienen. Wenn alles gut läuft, kann ich mir vorstellen, in Deutschland zu bleiben, in der Nähe meiner Tochter und meiner beiden Enkelkinder. Ab Juli werde ich eine neue Wohnung brauchen, auch für meinen Vater suchen wir noch eine geeignete Wohnung. Wir sind froh hier zu sein.