Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 10.02.2023 17:57

„Das schwerste Stück, das ich je gespielt habe”

Erhielt mit der SWR-Bigband einen Grammy:   Axel Kühn aus Dasing. Der Saxophonist und Flötist ist Musikprofessor für Jazz und Pop sowie digitale Musik an der Musikhochschule in Freiburg. 	Foto: privat (Foto: privat)
Erhielt mit der SWR-Bigband einen Grammy: Axel Kühn aus Dasing. Der Saxophonist und Flötist ist Musikprofessor für Jazz und Pop sowie digitale Musik an der Musikhochschule in Freiburg. Foto: privat (Foto: privat)
Erhielt mit der SWR-Bigband einen Grammy: Axel Kühn aus Dasing. Der Saxophonist und Flötist ist Musikprofessor für Jazz und Pop sowie digitale Musik an der Musikhochschule in Freiburg. Foto: privat (Foto: privat)
Erhielt mit der SWR-Bigband einen Grammy: Axel Kühn aus Dasing. Der Saxophonist und Flötist ist Musikprofessor für Jazz und Pop sowie digitale Musik an der Musikhochschule in Freiburg. Foto: privat (Foto: privat)
Erhielt mit der SWR-Bigband einen Grammy: Axel Kühn aus Dasing. Der Saxophonist und Flötist ist Musikprofessor für Jazz und Pop sowie digitale Musik an der Musikhochschule in Freiburg. Foto: privat (Foto: privat)

Axel Kühn war nicht in den USA. Er erfuhr daheim in Dasing von der Auszeichnung, am Telefon. Denn der preisgekrönte Titel war schon vor Monaten in Stuttgart eingespielt worden. Die SWR-Bigband hatte acht Kompositionen von Charly „Bird” Parker aufgenommen, der 2020 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Als Arrangeure verpflichtete das Rundfunk-Orchester den schwedischen Flötisten Magnus Lindgren und den amerikanischen Jazz-Pianisten John Beasley, die die Parker-Titel aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in ein neues Kleid packten. Zehn Streicher unterstützten die Bigband, zehn Gastsolisten übernahmen tragende Parts, darunter Chris Potter, Joe Lovano, Miguel Zenon, Tia Fuller und Charles McPherson, die zu den derzeit besten Saxophonisten der Welt zählen, sowie die französische Scat-Sängerin Camille Bertault.

„Es waren extrem schwierige Aufnahmen” erzählt Axel Kühn. Zum einen wegen der anspruchsvollen Stücke, aber mehr noch wegen der Umstände: Wegen Corona konnte das Orchester nicht gemeinsam ins Studio. Die Musiker und Musikerinnen mussten ihre Stimmen einzeln einspielen, abgeschottet in Glaskabinen, geleitet von einem Metronom, das im Ohr klickte. Arrangeur John Beasley durfte zu dieser Zeit nicht in Deutschland einreisen. Er wurde über Video-Stream zugeschaltet und gab seine Interpretations-Anweisungen via Internet. „Normalerweise braucht man drei bis vier Tage, bis ein einzelner Titel steht”, sagt Axel Kühn. Das Album „Bird Lives” dauerte zwei Jahre. An die 100 000 Euro steckte der SWR in die Produktion.Es hat sich gelohnt. Der Grammy Award ist die höchste internationale Auszeichnung für Künstler und Aufnahmeteams. Wer ihn erhält, gilt als weltweit richtungweisend. Ein Renommee, das die SWR-Bigband gut vermarkten kann. Und alle Mitwirkenden auch: „Ohne uns und ohne das Orchester hätte John Beasley den Grammy nicht bekommen”, sagt Kühn. Viel zu anspruchsvoll sei die Bearbeitung, als dass es irgendein beliebiger Musiker hätte spielen können.

Seit sieben Jahren wohnt Axel Kühn in Dasing. Er ist verheiratet mit der Fernseh-Redakteurin Tanja Kühn, die er „bei der Arbeit” kennenlernte. Er spielt - zur Erholung - Tennis beim TC Dasing und manchmal - einfach aus Spaß - auch in der Crazy Oak Bigband in Aichach, wo auch seine Frau das Saxophon bläst. Die musikalische Heimat des gebürtigen Darmstädters freilich liegt zwischen München, Stuttgart und Freiburg. In München besuchte er das Richard-Strauß-Konservatorium und tingelte durch diverse Clubs. Später tourte er mit Udo Lindenberg, Konstantin Wecker, Peter Kraus oder Engelbert Humperdinck, mit dem er in der Pariser Music Hall Olympia auftrat. „Eines der eindrucksvollsten Konzerte.” Über Empfehlungen landete Kühn schließlich bei der SWR-Bigband, die sich ausschließlich aus freischaffenden Musikern rekrutiert. Rund 50 Mal im Jahr tritt er mit dem Orchester auf. „Anders als zum Beispiel das WDR-Rundfunkorchester müssen wir unsere Ausgaben selbst hereinspielen”, sagt der Musikus mit einem Schmunzeln. Man sei nicht gebührenfinanziert.Seit 2014 ist Axel Kühn Professor an der Musikhochschule im badischen Freiburg. Verbeamtet auf Lebenszeit, was den 59-Jährigen sehr beruhigt, weil: geregeltes Grundeinkommen, weitgehend unabhängig von den Auftritts- und Existenzsorgen, die jeden Freelancer in der Musikbranche plagen. Acht begabte Saxophonschüler unterrichtet er derzeit, eine Vielzahl unterschiedlichster Bands betreut er. Unter anderem lehrt er drei Tage in der Woche „Weltmusik und digitale Medien”.

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