Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 20.07.2016 12:00

Dasing: Suizidversuch nach Ablehnungsbescheid

Sie hatten in den vergangenen Wochen schon beobachtet, dass die Stimmung immer kritischer wurde. Die meisten Männer, die im Gasthaus Lechner einquartiert sind, sind seit dreieinhalb Jahren hier. Anfang des Jahres wurden sie nach und nach zu Anhörungen einbestellt. Als der erste den Ablehnungsbescheid erhielt, machte sich die Angst breit.

Denn häufig müssen Asylsuchende zigtausende Euro zurückbezahlen, die sie oder ihre Familien an Schleuser bezahlt haben. Gelingt ihnen das nicht, kann das lebensgefährlich sein. Ihre Familien zu Hause erwarten und brauchen die finanzielle Unterstützung - und dann kommt die Ablehnung. So sitzt ein 30-Jähriger vor Sieglinde Jacob, die für die Gemeinde Dasing die Asylbewerber betreut, und weint. Sie rät ihm, seine Frau in seinem Heimatland zu kontaktieren und mit ihr zu sprechen. „Nie, niemals, komme das in Frage, hat er gesagt. Er könne nie wieder zurück.” Ein solcher Weg führt in die Illegalität oder schlimmstenfalls in den Tod.

Sieglinde Jacob hat schon viele Geschichten gehört. „Diese Menschen haben ja alle Hintergründe.” Mal sind das Schulden, mal kranke Kinder, die die Männer jahrelang nicht gesehen haben, mal traumatische Kriegserlebnisse. In der Dasinger Unterkunft haben sie sich fast wie in einer Familie zusammengerauft. Die Vier- und Fünfbett-Zimmer belegen die berufstätigen Männer so, dass diejenigen in ähnlichen Arbeitsschichten relativ ungestört schlafen können. Sie kochen zusammen, sie sind befreundet. Jetzt erhalten sie zusammen ihre Ablehnungsbescheide.


Von Carina Lautenbacher
north