Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 15.10.2015 12:00

„Der Kampf an der Front”

Ein Flüchtlingsleben in Luxus?  Mitnichten: Im Dasinger Bahnhofsgebäude fehlt es an allen Ecken und Enden. Der Eigentümer des Gebäudes kümmert sich nicht, das Landratsamt als Mieter hat momentan angesichts der zahlreichen Aufgaben rund um die Asylproblematik keine Zeit, auf die Erfüllung der Auflagen zu drängen. Vor Ort umgehen mit der Situation muss Dasings Integrationsbeauftragte Sieglinde Jakob.	Fotos: Robert Edler (Fotos: Robert Edler)
Ein Flüchtlingsleben in Luxus? Mitnichten: Im Dasinger Bahnhofsgebäude fehlt es an allen Ecken und Enden. Der Eigentümer des Gebäudes kümmert sich nicht, das Landratsamt als Mieter hat momentan angesichts der zahlreichen Aufgaben rund um die Asylproblematik keine Zeit, auf die Erfüllung der Auflagen zu drängen. Vor Ort umgehen mit der Situation muss Dasings Integrationsbeauftragte Sieglinde Jakob. Fotos: Robert Edler (Fotos: Robert Edler)
Ein Flüchtlingsleben in Luxus? Mitnichten: Im Dasinger Bahnhofsgebäude fehlt es an allen Ecken und Enden. Der Eigentümer des Gebäudes kümmert sich nicht, das Landratsamt als Mieter hat momentan angesichts der zahlreichen Aufgaben rund um die Asylproblematik keine Zeit, auf die Erfüllung der Auflagen zu drängen. Vor Ort umgehen mit der Situation muss Dasings Integrationsbeauftragte Sieglinde Jakob. Fotos: Robert Edler (Fotos: Robert Edler)
Ein Flüchtlingsleben in Luxus? Mitnichten: Im Dasinger Bahnhofsgebäude fehlt es an allen Ecken und Enden. Der Eigentümer des Gebäudes kümmert sich nicht, das Landratsamt als Mieter hat momentan angesichts der zahlreichen Aufgaben rund um die Asylproblematik keine Zeit, auf die Erfüllung der Auflagen zu drängen. Vor Ort umgehen mit der Situation muss Dasings Integrationsbeauftragte Sieglinde Jakob. Fotos: Robert Edler (Fotos: Robert Edler)
Ein Flüchtlingsleben in Luxus? Mitnichten: Im Dasinger Bahnhofsgebäude fehlt es an allen Ecken und Enden. Der Eigentümer des Gebäudes kümmert sich nicht, das Landratsamt als Mieter hat momentan angesichts der zahlreichen Aufgaben rund um die Asylproblematik keine Zeit, auf die Erfüllung der Auflagen zu drängen. Vor Ort umgehen mit der Situation muss Dasings Integrationsbeauftragte Sieglinde Jakob. Fotos: Robert Edler (Fotos: Robert Edler)

„Meine Leute”, das sind derzeit 88 Asylbewerber unterschiedlichster Nationalitäten, die in drei Unterkünften im Gemeindegebiet leben. Ein ehrenamtlicher Helferkreis engagiert sich nach Kräften, bei Sieglinde Jakob laufen die Fäden zusammen. Dass die Gemeinde Dasing sich dazu entschloss, wenigstens die Teilzeitstelle zu schaffen - „Die Zeit reicht hinten und vorne nicht” -, ist aus ihrer Sicht Voraussetzung für effektive Betreuung. Und das liegt nicht nur an den verschiedenen Kulturen, aus denen die Flüchtlinge kommen, und an ganz normalen menschlichen Stärken und Schwächen, die Jakob mit klaren Worten anspricht. Erstens: „Es kommt auf jeden Flüchtling persönlich an. Er muss auch wollen.” Zweitens: „Man muss sehen, welche Schwierigkeiten sie haben. Sie kommen nicht freiwillig!” Der Kampf an der Front hat vielmehr auch mit Bürokratie zu tun, die bei der Integrationsbeauftragten Kopfschütteln auslöst.

Als Beispiel nennt sie den Fall eines jungen Syrers. Der Mann hat studiert, ist Englischlehrer, wissbegierig und überaus engagiert. Er spricht nach einem ersten Integrationskurs sehr gut Deutsch, würde gerne den zweiten Kurs belegen, um sich noch besser zu integrieren und sein Leben in der neuen Heimat vorbereiten zu können. Das geht aber nicht. Weil für die Kostenübernahme von rund 1200 Euro eine Anerkennung als Flüchtling notwendig ist. Davon ist der Syrer aber weit entfernt. Obwohl Syrern angesichts des verheerenden Bürgerkriegs allseits eine praktisch 100-prozentige Anerkennungswahrscheinlichkeit bescheinigt wird. Seit einem Jahr lebt der junge Mann in Dasing, bis jetzt kam es noch nicht einmal zu einer Anhörung. „Wenn ich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nachfrage, bekomme ich keine Antwort auf meine Mail”, schüttelt Sieglinde Jakob den Kopf und berichtet von anderen Flüchtlingen aus Afghanistan oder Pakistan, die bereits seit drei Jahren auf ihre Anhörung warten.

Ein anderer Syrer hatte mehr Glück. Er ist zwar noch nicht so lange hier, hat aber seit März den Anerkennungsbescheid in Händen. Nun hat er den Integrationskurs angetreten und lernt Deutsch. Bis er so weit ist, auf eigenen Füßen stehen zu können, dauert es noch. Die Zeit dafür hat er aber eigentlich nicht. Auf dem Tisch von Sieglinde Jakob liegt bereits das offizielle Schreiben aus dem Landratsamt, dass der Mann den Platz in der Unterkunft räumen muss. Doch wohin jetzt mit ihm auf die Schnelle? „Ihm droht die Obdachlosigkeit. Damit wäre die Gemeinde für ihn zuständig”, sagt Jakob, lächelt und erzählt von den Schwierigkeiten der bereits angelaufenen Wohnungssuche.

Apropos Wohnung: Beide genannten Syrer leben gemeinsam mit sechs weiteren Landsmännern und acht Somaliern im alten Dasinger Bahnhofsgebäude. Das Landratsamt hat die Unterkunft von einem Privatmann angemietet. Der kümmert sich faktisch nicht um die baulichen Gegebenheiten, das Landratsamt, das sehr wohl Standards für eine Unterkunft vorgibt, kommt angesichts der zahllosen Aufgaben rund um die Flüchtlingswelle nicht dazu, Druck beim Vermieter zu machen. „Er erfüllt seine Auflagen nicht, und wenn die Ehrenamtlichen die Sache selbst in die Hand nehmen würden, steigt er uns aufs Dach”, beschreibt Sieglinde Jakob das Dilemma.


Von Robert Edler
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