Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 12.07.2021 17:29

Altes Getreide neu aufgelegt

Klein, aber mit viel Power:  Die Körner des „Ur-Roggens”. (Power: Die Körner des "Ur-Roggens".)
Klein, aber mit viel Power: Die Körner des „Ur-Roggens”. (Power: Die Körner des "Ur-Roggens".)
Klein, aber mit viel Power: Die Körner des „Ur-Roggens”. (Power: Die Körner des "Ur-Roggens".)
Klein, aber mit viel Power: Die Körner des „Ur-Roggens”. (Power: Die Körner des "Ur-Roggens".)
Klein, aber mit viel Power: Die Körner des „Ur-Roggens”. (Power: Die Körner des "Ur-Roggens".)

Mit Waldstaudenroggen, mit dem Gaber im Landkreis als Pinier gilt, hat der bald 55-Jährige schon Erfahrungen gesammelt. Inzwischen stecken seine Körner nicht nur in Mehl, sondern auch in Nudeln, „die richtig satt machen”, sagt er. Ganz aktuell verarbeitet die Vollwertbäckerei Schneider seine Kerndl in einem Brot, dem „Ur-Roggen”.

„Das ist eigentlich fast das Schwerste an der ganzen Sache”, erzählt Gaber, „dass du jemanden findest, der dir die ,Exoten' abnimmt.” Marktnischen und Abnehmer finden, das sei gar nicht so einfach. „Das rate ich jedem: Erst die Vermarktung klären, dann anbauen”, sagt er. Am liebsten ist Christian Gaber ein festes Netzwerk, auf das er sich verlassen kann. Da gebe es garantierte Mengen, die er liefert, die verarbeitet werden, bei denen „bio bio bleibt” und bei denen der Verbraucher wisse: Da steckt Korn aus Dasing drin. „Dann können die Kunden sich den Acker auch mal anschauen”, stellt sich der Nebenerwerbslandwirt vor. Damit die Verbraucher wüssten, wo das Brot wächst, das sie essen; wo die Lebensmittel herkommen, die auf ihren Tellern landen.

Bis er sein Bio-Ur-Roggen-Saatgut gefunden habe, seien schon zwei bis drei Jahre ins Land gegangen, erinnert er sich. Auf den „Johannisroggen” gekommen sei er durch einen Fernsehbericht. Gepaart mit dem Anreiz, „was anderes zu machen”, habe er sich dann viel mit dem Waldstaudenroggen beschäftigt. „Das läuft”, sagt er heute. Inzwischen gibt es Gabers Nudeln auch in der Audi-Kantine in Ingolstadt.

Vielleicht ist es deswegen für ihn an der Zeit, sich an andere Sorten zu wagen. Einen Versuch macht er gerade mit Bio-Braugerste, die in Lindl wächst. Sie soll dieses Jahr zum ersten Mal zu regionalem Bio-Gerstenmalz verarbeitet und dann zu Bio-Bier werden - nur einen Katzensprung entfernt, beim Boandl-Bräu in Oberbernbach.

Aber eigentlich sei das schon ein Projekt seines „mittleren Sohnes”. Drei Söhne hat Gaber, alle drei helfen gerne mit, haben Interesse an der Landwirtschaft und würden den Betrieb auch übernehmen wollen, erzählt er. Sohn Stefan also kümmert sich um die Braugerste - „und der Papa macht halt mit”, witzelt der bodenständige Mittfünfziger. Das Miteinander sei ihm wichtig, in der Familie sowieso und überhaupt. Deswegen schätze er auch den Austausch unter Bio-Bauern: „Die reden offen miteinander”, meint er. Da erfahre man alles, von Erfolgen bis hin zu Misserfolgen.

Inzwischen recherchiere er zu „ganz alten Weizensorten”. Das werde wohl sein nächster Versuch, verrät der „Überzeugungstäter”. Warum die alten Sorten? Nicht nur, weil Gaber „gern was Besonderes macht”, sondern auch weil er davon überzeugt ist und es auch entsprechende Studien gebe, dass dieses Urgetreide zum Beispiel einen geringeren Gluten-Gehalt habe, es weniger allergen sei, „nicht hochgezüchtet” und weil in den Körnern „viel Power” stecke, sie gesund seien für Herz, Blut und Darm.

Der Nachteil: Bio-Waldstaudenroggen ist teuer. „Wenn ein anderer 80 bis 90 Doppelzentner vom Acker fährt, bringe ich mit meinem Waldstaudenroggen vielleicht 30 Doppelzentner zusammen”, rechnet Gaber zur Begründung vor. Dazu habe er sich einen eigenen Mähdrescher angeschafft, der „Dieseldurst” habe, und Flächen gepachtet. „In Dasing ist das nicht ganz billig”, fügt er an.

Wegen des Profits betreibt er die Landwirtschaft nicht, sondern er macht das „aus Überzeugung” und „als Ausgleich” zu seinem Job im Klärwerk bei der Stadt Augsburg. Christian Gaber sagt Sätze wie: „So wie andere in den Urlaub fahren, fahre ich auf den Acker. Das ist Entspannung für mich.”

Viel spricht Landwirt Gaber vom Mikroklima, von Nährstoffkreisläufen, von regionalen Sorten, von Artenvielfalt, für die er mit seiner Arbeit was tun könne. Im Kleinen. Mit seinem Nebenerwerbsbetrieb, der nicht nur Getreide liefert, sondern auch Tiere hält.

Sieben Ziegen grasen gemütlich am Ortseingang von Dasing. Aus ihnen soll eine Herde werden, die einmal Flächen des Landschaftspflegeverbands mäht (das erledigt Gaber heute mit Maschinen) und die irgendwann einmal auch Fleisch liefert. Ziegenfleisch schmecke hervorragend, schließlich seien die Tiere selbst Gourmets - und „Kumpels”, sagt Gaber: „Wenn ich mal richtig fertig bin, dann hocke ich mich zu meinen Ziegen. Dann stupst dich eine an, so wie: ,Hey, was ist los?'”


Von Ines Speck
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