Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 05.04.2021 17:26

Prinzipien statt Pestizide

Großer Andrang:   Wenn die Ferkel sich alle auf einmal satt essen, ist das anstrengend für die Mutterschweine. 	Foto: Kristin Deibl (Foto: Kristin Deibl)
Großer Andrang: Wenn die Ferkel sich alle auf einmal satt essen, ist das anstrengend für die Mutterschweine. Foto: Kristin Deibl (Foto: Kristin Deibl)
Großer Andrang: Wenn die Ferkel sich alle auf einmal satt essen, ist das anstrengend für die Mutterschweine. Foto: Kristin Deibl (Foto: Kristin Deibl)
Großer Andrang: Wenn die Ferkel sich alle auf einmal satt essen, ist das anstrengend für die Mutterschweine. Foto: Kristin Deibl (Foto: Kristin Deibl)
Großer Andrang: Wenn die Ferkel sich alle auf einmal satt essen, ist das anstrengend für die Mutterschweine. Foto: Kristin Deibl (Foto: Kristin Deibl)

Schon seit über 30 Jahren ist der Hof ein Bioland-Betrieb. Ihr Schwiegervater, Albert Mayer, der mittlerweile verstorben ist, sei damals einer der Pioniere auf diesem Gebiet gewesen, erzählt Katharina Mayer. Zu Beginn habe es keine Unterstützung gegeben und für die Produkte wurde weniger gezahlt als für herkömmliche landwirtschaftliche Erzeugnisse. „Aber meine Schwiegereltern haben durchgehalten”, berichtet Mayer. „Und heute schreiben wir schwarze Zahlen”, ergänzt die 33-Jährige stolz. Sie, die selbst aus der konventionellen Landwirtschaft stammt, kam bereits als Jugendliche zum ersten Mal auf den Hof. Für die Schule sollte sie eine Arbeit über einen Biohof schreiben und lernte dort ihren späteren Mann Herbert kennen. Katharina Mayer studierte Tiermedizin und machte eine Ausbildung als Hauswirtschafterin. Danach folgten Weiterbildungen zur Erlebnisbäuerin und Fleischsommelière.

Bereits während ihres Studiums stieg sie außerdem im Hofladen auf dem Moirhof mit ein. Zunächst war es ein Nebenjob, dann übernahm sie mehr und mehr die Verantwortung. „Ich hab mich da richtig reingehängt, das hat mir viel Spaß gemacht”, blickt Mayer zurück. Die Familie begann schon früh, ihre Produkte selbst zu vermarkten. Zuerst wurden sie im Hausflur verkauft, vor 25 Jahren gab es dann den ersten richtigen Laden. Und seit zwei Jahren steht nun der neue Hofladen, der fünf Mal so groß ist wie der alte und an den auch ein kleines Café angeschlossen ist. „Wir sind über längere Zeit langsam gewachsen. Das war mir auch wichtig. Know-How und Personal müssen stimmen”, sagt Mayer. In der Landwirtschaft wird die Familie mittlerweile von einem Festangestellten unterstützt, ebenso in der Metzgerei, im Hofladen arbeiten zwölf Angestellte.

Heute gibt es auf dem Hof rund 90 Mastrinder und mehr als 200 Schweine. Die Rinder stammen von ebenfalls biozertifizierten Betrieben und werden nach 30 Monaten geschlachtet. Zu den Schweinen gehören 23 Mutterschweine und Eber. Die Ferkel werden auf dem Hof geboren und neun Monate lang aufgezogen. „Selbst zu schlachten wäre ein Riesenaufwand”, erklärt die 33-Jährige. Deshalb werden die Tiere zum Augsburger Schlachthof gebracht, der nicht weit entfernt und als Bio-Subunternehmen zertifiziert ist. „Das bedeutet, dass wir auch genau die Tiere wiederbekommen, die wir hinbringen”, sagt Mayer. Die Rinder und Schweine werden schlachtwarm wieder abgeholt und verarbeitet. „Das ist wichtig, denn durch diese Verarbeitung können wir auf Zusatzstoffe verzichten.”

Mayer kümmert sich seit etwa drei Jahren mit einer Mitarbeiterin um die gesamte Fleischproduktion. „Es macht mir echt Spaß, Wurst zu machen”, schwärmt sie. „Wir verzichten auf Phosphate, Geschmacksverstärker und fertige Gewürzmischungen. Stattdessen arbeiten wir mit eigenen Kreationen und frischem Knoblauch. Ein bisschen wie schon vor 100 Jahren Wurst gemacht wurde. Es ist für uns keine Option, das anders zu machen.” Und es gibt noch ein paar weitere Prinzipien, die Mayer wichtig sind, etwa, dass sie nur verarbeiten und verkaufen will, was sie auch selbst schlachten würde. Deshalb gibt es im Hofladen kein Kalb oder Lamm zu kaufen. Worauf Mayers ebenfalls wert legen, ist, dass alles vom Tier verwertet wird. „Fleischkonsum sollte verantwortungsbewusst sein”, findet Mayer. „Auch wenn es für die Kunden manchmal schwer zu verstehen ist, dass es nicht jederzeit jedes Fleisch gibt.” Diesen Prinzipien treu zu bleiben, sei ihr wichtig, sagt Mayer. Auch wenn sie natürlich trotzdem wirtschaftlich arbeiten wolle. „Wir machen dafür Abstriche etwa bei der Werbung.” Das Konzept scheint aufzugehen. Es gebe zwar nicht so viel Laufkundschaft, was sicher auch an der Lage im kleinen Gersthofer Stadtteil Hirblingen liegt, dafür viele Stammkunden, die zum Teil schon seit 30 Jahren kämen.

Neben der Tierhaltung betreiben Mayers auch Ackerbau. Rund 125 Hektar Land bewirtschaften sie. 100 Hektar sind Ackerfläche, der Rest Wiesen. Angebaut werden etwa Schweinefutter wie Erbsen und Sojabohnen, aber auch verschiedene Getreidesorten, wie Weizen, Dinkel und Roggen. Das Getreide wird auf dem Hof aufbereitet. Gemahlen wird auf einem kleinen Betrieb außerhalb. Das Mehl wird anschließend im Laden verkauft oder auf dem Hof weiterverarbeitet. Auf zehn Hektar wachsen zudem Kartoffeln, die zum Teil selbst verkauft werden, zum Teil auch in die Industrie gehen und dann etwa zu Bio-Chips verarbeitet werden. Während die Familie Mayer auf ihren Getreidefeldern nichts gegen etwaige Schädlinge unternimmt, sieht das im Kartoffelanbau etwas anders aus. Sehr kleine Mengen Kupfer werden gegen Krautfäule und Neem-Öl gegen Kartoffelkäfer eingesetzt.

Unkraut werde generell nur mechanisch vernichtet, erklärt Katharina Mayer. Synthetische stickstoffbasierte Dünger sind in der Bio-Landwirtschaft nicht erlaubt. Gedüngt wird mit Kompost, Mist und durch den Anbau sogenannter Leguminosen, also Schmetterlingsblütler wie Kleegras, die für den nötigen Stickstoffgehalt sorgen. Zudem achte man auf eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, denn auch durch die gebe es weniger Schädlinge.

Insgesamt, so die 33-Jährige, seien die Erträge in der ökologischen Landwirtschaft durch den Verzicht auf die schnell wirkenden Dünger um rund 50 Prozent geringer als in der konventionellen. Auch in der Tierhaltung geht alles etwas langsamer. Statt nach 16 Monaten erreichen die Rinder erst nach 30 Monaten ein Schlachtgewicht von 400 Kilogramm. Gefüttert werden sie vor allem mit Kleegras und Heu statt mit Getreide oder Sojabohnen. Und auch die Schweine haben beinahe doppelt so lange Zeit zu wachsen wie auf einem herkömmlichen Hof. Sie bekommen ebenfalls hofeigenes Futter. „Dieses klassische Bild von der Kuh auf der Wiese gibt es bei uns allerdings nicht”, räumt Mayer mit einem Klischee auf. Denn im Gegensatz etwa zum Allgäu seien die Böden hier weniger dafür geeignet. Der Vorteil sei allerdings, dass so der Mist der Rinder am Ende aus dem Stall auf die Äcker gebracht werden könne und eine bessere Kreislaufwirtschaft möglich sei. Insgesamt also eine gesamtökologische Entscheidung, sagt Mayer. Die Tiere würden dennoch mit viel Platz gehalten. Und noch etwas betont die Tierärztin: Die Ferkel würden nur mit Vollnarkose kastriert. Eine der wenigen Aufgaben, die sie als Veterinärin noch übernimmt. „Die Schwänze der Schweine schneiden wir nicht ab und wir schleifen ihnen auch nicht die Zähne ab”, stellt Mayer klar.

Ihr Wissen aus Landwirtschaft und Tiermedizin gibt Mayer gerne an andere weiter. So bietet sie auf dem Moirhof - zumindest außerhalb der Pandemie - regelmäßig Seminare an. Im Rindfleischseminar etwa lernen die Teilnehmer die Anatomie der Tiere kennen und erfahren, welches Stück Fleisch wofür geeignet ist. Gemeinsam wird dann gekocht, geschmort, gebraten und geschlemmt. Ein ähnliches Seminar gibt es auch über Schweinefleisch, zudem Kurse über Bratwurst, Brotbacken oder Steak-Tastings. Und wo soll es in Zukunft noch hingehen? „Eigentlich nirgends”, sagt Mayer. Sie ist rundum zufrieden mit dem Moirhof, wie er jetzt ist. Wurst-Produktion wie vor 100 Jahren Die Erträge sind in der Bio-Landwirtschaft um 50 Prozent geringer

Kristin Deibl


Von Kristin Deibl
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