Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 06.04.2021 16:36

„Krakenartiges Korruptionssystem” im Meitinger Lech-Stahlwerk?

Von Anfang an kooperativ:   Der 74-jährige Angeklagte und sein Anwalt Alfred Meyerhuber halfen den Beamten dabei, die Vorgänge rund um die Lech-Stahlwerke zu durchblicken. 		Foto: Patrick Bruckner (Foto: Patrick Bruckner)
Von Anfang an kooperativ: Der 74-jährige Angeklagte und sein Anwalt Alfred Meyerhuber halfen den Beamten dabei, die Vorgänge rund um die Lech-Stahlwerke zu durchblicken. Foto: Patrick Bruckner (Foto: Patrick Bruckner)
Von Anfang an kooperativ: Der 74-jährige Angeklagte und sein Anwalt Alfred Meyerhuber halfen den Beamten dabei, die Vorgänge rund um die Lech-Stahlwerke zu durchblicken. Foto: Patrick Bruckner (Foto: Patrick Bruckner)
Von Anfang an kooperativ: Der 74-jährige Angeklagte und sein Anwalt Alfred Meyerhuber halfen den Beamten dabei, die Vorgänge rund um die Lech-Stahlwerke zu durchblicken. Foto: Patrick Bruckner (Foto: Patrick Bruckner)
Von Anfang an kooperativ: Der 74-jährige Angeklagte und sein Anwalt Alfred Meyerhuber halfen den Beamten dabei, die Vorgänge rund um die Lech-Stahlwerke zu durchblicken. Foto: Patrick Bruckner (Foto: Patrick Bruckner)

Von Anfang an räumte der 74-Jährige die Vorwürfe ein und erklärte dem Schöffengericht um Richter Markus Eberhard, wie das System funktionierte. Dabei soll ein mittlerweile verstorbener ehemaliger Geschäftsführer der Lech-Stahlwerke im Jahr 2013 auf den Angeklagten zugekommen sein und monatlich 2500 Euro verlangt haben, damit alles so weiterlaufe, wie gehabt. Zu dem Zeitpunkt arbeitete der 74-jährige Unternehmer schon etwa 15 Jahre mit dem Stahlwerk zusammen. Seine Logistik-Gesellschaft ist bis heute ausschließlich auf dem Werksgelände in Meitingen tätig und die zweite Firma des Angeklagten, ein Transport-Unternehmen, arbeitet zudem größtenteils für das Stahlwerk. „Hätte ich nicht gezahlt, hätte er mich kaputt gemacht”, sagte der Angeklagte. Dessen Verteidiger Alfred Meyerhuber sah seinen Mandanten vielmehr als Opfer einer Erpressung als als Täter einer Bestechung. „Das Problem ist die einseitige Abhängigkeit gewesen. Was ist moralisch verwerflich an dem Verhalten meines Mandanten, wenn er 140 Arbeitsplätze schützen will?”, so Meyerhuber.

Dass das Vorgehen nicht astrein ist, sei dem 74-Jährigen von Anfang an klar gewesen, erklärte er. Dennoch sei ihm nichts anderes übrig geblieben und so hätte er dem Geschäftsführer jeden Monat die geforderten 2500 Euro bezahlt. „Du kriegst von mir eine saubere Rechnung aus Liechtenstein”, soll es geheißen haben. Gegenüber den Steuerprüfern erklärte der Angeklagte die Zahlungen nach Liechtenstein damit, dass er eine jahrelange Geschäftsbeziehung mit einem holländischen Unternehmen pflegte, was auch tatsächlich der Fall war. Doch als diese aufgelöst wurde, mussten auch die Überweisungen nach Liechtenstein stoppen und der Angeklagte bezahlte in bar und brachte das Geld jeden Monat nach Meitingen.

Bei der Hausdurchsuchung des 74-Jährigen im Januar vergangenen Jahres fanden die Beamten in einem Tresor noch den Geldumschlag, der zur Übergabe vorbereitet worden war.

Wie ein Polizist vor Gericht aussagte, soll sich der Angeklagte damals regelrecht erleichtert gezeigt und noch bei der Durchsuchung über die Korruptionsvorgänge ausgepackt haben. Und auch im Zuge der Ermittlungen sollen die Aussagen des Angeklagten dazu beigetragen haben, eine Vielzahl an Beteiligten zu überführen und die Aufzeichnungen des ehemaligen Geschäftsführers der Lech-Stahlwerke zu verstehen.

Dieser soll das Geld systematisch über Umwege auf sein Konto nach Liechtenstein geleitet haben. Verteidiger Meyerhuber sprach gar von einem „krankenartigen Korruptionssystem” im Stahlwerk. So wies der mittlerweile verstorbene Mann an, dass der 74-jährige Angeklagte fingierte Rechnungen an Unternehmen stellen sollte, mit denen dieser teilweise nichts zu tun hatte. Stutzig wurde der Polizist dann, als er die Beträge zusammenrechnete. Der 74-Jährige zahlte insgesamt über 200 000 Euro an den ehemaligen Stahlwerke-Geschäftsführer, bekam von etlichen Subunternehmen allerdings nur rund 150 000 Euro.

Unter anderem soll auch Bestechungsgeld einer Aichacher Logistikfirma durch das Unternehmen des Angeklagten geflossen sein.

Das Schöffengericht verurteilte den 74-Jährigen schließlich wegen Bestechung und Beihilfe zur Bestechung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Außerdem muss er eine Geldauflage in Höhe von 30 000 Euro zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig. Wie Richter Eberhard erläuterte, hätte der Angeklagte sehr wohl sagen können: „Nein, da mache ich nicht mit.” Denn in einem anderen Verfahren, das zum Lech-Stahlwerke-Komplex gehört, hätte der Richter einen Angeklagten erlebt, der sich irgendwann geweigert habe, das geforderte Geld zu zahlen. „Und was ist passiert? Nichts”, so Eberhard. Die Aufträge seien in gleichem Maße erteilt worden. Bestechungsgeld fließt auf Konto in Liechtenstein


Von Patrick Bruckner
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