Oberbürgermeisterin Eva Weber, Professor Axel Heller, Ärztlicher Leiter Krankenhauskoordinierung im Rettungszweckverband, Dr. Thomas Wibmer, stellvertretender Leiter des Gesundheitsamtes, und Gesundheitsreferent Reiner Erben sprachen über die aktuelle Corona-Lage in Augsburg, die Wirkung der Schutzmaßnahmen, die Arbeit des Gesundheitsamtes und die Situation am Uniklinikum Augsburg. Bereits am Vortag war das Infektionsgeschehen an den Schulen Thema im Bildungsausschuss. „Wir haben in Augsburg so viele Infizierte wie noch nie, noch nie hat es in einem so kurzen Zeitraum so viele Todesfälle gegeben” und noch nie seien so viele Corona-Patienten im Klinikum gewesen, konstatierte Weber. Warum sich Augsburg innerhalb weniger Tage zur Corona-Nummer-1 in Deutschland entwickelt habe? „Ich weiß es nicht”, sagte die Oberbürgermeisterin. Und auch das Gesundheitsamt wisse es nicht. Die derzeitige Situation sei komplexer als zu Beginn der Corona-Pandemie. „Vielleicht haben wir alle gemeinsam die Pandemie im Sommer zu sehr auf die leichte Schulter genommen.” Weber und ihr Krisenstab wollen in der kommenden Woche erneut Resümee ziehen. Wibmer erklärte, das Infektionsgeschehen sei weiter diffus, es gebe keine Schwerpunkte. Allerdings seien weiterhin die mittleren Altersgruppen besonders häufig corona-positiv. Nach dem 9. Oktober sei der „explosionsartige Anstieg” festzustellen. Die erste Welle „erscheint inzwischen winzig klein” im Vergleich zur jetzigen zweiten Welle, sagte Wibmer mit Blick auf die Grafik der Corona-Fälle über die gesamte Zeit der Pandemie. Im Vergleich mit der vergangenen Woche ließen die Fallzahlen inzwischen allerdings wieder nach. Das sei „ein gutes Zeichen”. Wie der Augsburger Schulamtsleiter Markus Wörle am Dienstagnachmittag im Bildungsausschuss erklärte, seien die Schulen keineswegs Corona-Hotspots, in denen sich Schüler und Lehrer gegenseitig anstecken, vielmehr würde das Virus in die Bildungsstätten „hineingetragen”. Laut Wibmer ergeben Reihentests in Schulen eher Einzelfälle. Es sei daher das Freizeitverhalten der Schüler, das zur Verbreitung des Virus beitrage. Stand Dienstag sind in Augsburg 31 Klassen in Quarantäne. Weil nicht alle Schulen derart große Räume haben, dass alle Sicherheitsabstände eingehalten werden können, befinden sich viele Schüler an weiterführenden Schulen im Wechsel aus Distanz- und Präsenzunterricht. Diese Regelung gilt allerdings nur für Real- und Berufsschulen sowie Gymnasien. Grund-, Mittel- und Förderschüler befinden sich ausschließlich im Präsenzunterricht, da diese Schüler laut Schulamtsleiter Wörle einen strukturierten Tagesablauf und eine pädagogische Präsenz bräuchten. Nach den Öffnungen der Schulen nach dem ersten Lockdown hätten diese Schüler nach „Unterricht und Struktur gedürstet”, sagte Wörle und führte weiter aus: „Aus pädagogischer Sicht wäre mir überhaupt nicht wohl dabei, wenn wir nochmal in Distanzunterricht gehen.” Der Schulamtsleiter befürchtet, dass man dann viele Kinder verlieren werde, weil sie eher den ganzen Tag unterwegs seien, als sich zum Lernen an den Computer zu setzen. Für diese Schularten hätte der erste Lockdown „erhebliche Folgen” gehabt und sie pädagogisch um viele Jahre zurückgeworfen. Ob das momentane Stagnieren der Corona-Neuinfektionen auf den aktuellen Lockdown zurückzuführen ist, könne laut Wibmer noch nicht gesagt werden. Die Auswirkungen des Lockdowns würden wahrscheinlich in der kommenden Woche sichtbar. Die jetzige Stagnation sei auf die Maßnahmen der Wochen vor dem Lockdown zurückzuführen. So hatte damals etwa bereits eine Maskenpflicht in der Innerstadt gegolten. Die Anzahl der Patienten in den Klinken, vor allem im Uniklinikum, sei „dramatisch”, sagte Heller, der ärztliche Leiter der Krankenhauskoordinierung für den Rettungszweckverband für die Stadt und die umliegenden Landkreise. Manche Patienten seien inzwischen gar bis nach Würzburg, Ulm oder Regensburg geflogen worden, um Kapazitäten zu schaffen. Man müsse auch weiterhin Patienten verlegen, um Kapazitäten offenzuhalten. Vor allem auch diejenigen, die „schon wieder über dem Berg sind” würden in kleinere Krankenhäuser verlegt werden. Immerhin: Man wisse inzwischen mehr über die Behandlung von Covid-19 als noch in der ersten Welle, erklärte Heller. Selbst wenn man jetzt die Spitze der Corona-Fallzahlen erreicht hätte, würde sich die Situation im Klinikum noch ungefähr fünf Wochen weiter dramatisch darstellen, denn es dauere seine Zeit bis die Patienten wieder genesen seien. Ob es auch im Dezember weitere Maßnahmen geben werde, ließ Eva Weber offen. Man müsse auch mal aushalten, dass manches zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eingeschätzt werden könne, sagte die Oberbürgermeisterin. Schulamtsleiter fürchtet um Grund-, Mittel- und Förderschüler