Die Debatte ausgelöst hatte ein Beitrag der Geschichtswissenschaftler Ina Hagen-Jeske, Philipp Bernhard und Claas Henschel von der Universität Augsburg auf dem Nachrichtenportal „Die Augsburger Zeitung”. Eine Aufarbeitung der Verflechtungen der Fugger und Welser mit dem transatlantischen Sklavenhandel sei zwar überfällig, heißt es in dem Kommentar, allerdings sei die im Januar veröffentlichte App der Regio Augsburg der falsche Weg. Die Geschichte um den Sklavenjungen Perico verharmlose den Kolonialismus und reproduziere Rassismus, so der Vorwurf der Wissenschaftler. Problematisch sei etwa, dass der 15-jährige Protagonist durchgehend fröhlich klinge und sein Leben als versklavter Mensch eher wie ein Abenteuer empfinde. Pericos Geschichte biete nicht, wie im Museum versprochen, einen „Einblick in die unmenschlichen Bedingungen der Sklaverei des 16. Jahrhunderts”. Stattdessen gehe in der Abenteuergeschichte von einem jugendlichen Sklaven, der von seinen guten Herren auf eine Entdeckungsreise in das unterworfene Venezuela mitgenommen wird, jeder Versuch, Versklavung und Zwangsarbeit historisch aufzuarbeiten, unter. Mit dem Versuch der Welser, Venezuela als Kolonie zu etablieren, beginnt die deutsche Kolonialgeschichte. Eine Aufarbeitung der Schattenseiten des Augsburger Handelsimperiums sei dem Museum mit der App nicht gelungen, so die Augsburger Geschichtswissenschaftler. Die Führung für Jugendliche ab zwölf Jahren zeige keine Geschichte, die repräsentativ für das Leben versklavter Menschen stehen könne. Deutlich plausibler als Pericos Entdeckerreise wäre etwa harte Arbeit auf einer Zuckerplantage und ein früher Tod durch eine Infektionskrankheit gewesen. Letztendlich ergreife Perico sogar Partei für die Welser und stelle seine mögliche Begnadigung in Aussicht - ein unwahrscheinliches Happy End, betonen die Historiker. Bereits kurz nachdem die App des Museums im Januar an den Start gegangen war, wandten sich die Experten mit ihrer Kritik an das Museum. Die Regio Augsburg Tourismus, die das Fugger und Welser Museum betreibt, reagierte aber erst mit einer öffentlichen Stellungnahme, nachdem der Beitrag der Historiker Ende Juli ein größeres Medienecho nach sich zog. Intern habe man sich mit der Kritik bereits beschäftigt, betont nun Götz Beck. Das Museum habe die Themen Sklaverei und Kolonialismus bislang außerdem nie schöngefärbt. Dennoch gibt Beck zu, dass man in diesem Fall nicht alles richtig gemacht habe. „Wenn ich mir persönlich Kritik gefallen lassen muss, ist dies vielleicht in einem Punkt: Ja, wir wissen seit einem halben Jahr, dass diese App verbesserungswürdig ist, und wir hätten in den Zwischenzeit auf diese Kritik reagieren können”, sagt der Tourismusdirektor. Dass nicht schneller etwas passiert sei, liege aber auch an der Corona-Pandemie, die genau in dieses halbe Jahr falle. Das Virus habe der Tourismusbranche so stark zugesetzt wie kaum einer anderen. „Jeder, der in den vergangenen Monaten die Verzweiflung und die Überlebensängste von Hoteliers, Gastronomen und Dienstleistern in der Tourismusbranche mitbekommen hat, wird Verständnis dafür aufbringen, dass die sicher nicht geglückte Museums-App für uns nicht die erste Priorität hatte”, so Beck. Das Museum setze sich allerdings durchaus mit der Geschichte des Sklavenhandels auseinander, der kritische Ansatz sei in den Ausstellungstexten zu erkennen. Jetzt, da sich die Coronalage etwas zu entspannen scheine, sei auch Zeit für Nachbesserung bei der Museums-App. „Und ich verspreche: Wir werden nachbessern”, sagt Beck. „Wir werden nachbessern”