Die Universität stellt ihre Rechner dem Projekt „Folding at home” zur Verfügung, das schon länger durch gespendete Rechenleistung das „Folding”, also die Faltungen von Eiweißmolekülen, zu medizinischen Zwecken erforscht. Diese Forschung soll nun auch bei der Bekämpfung des Coronavirus helfen. Proteinmoleküle sind aus verschiedenen Aminosäuren aufgebaut, die sich unterschiedlich anordnen können. Diese Kette von Aminosäuren faltet sich dann in dreidimensionale Strukturen, die die jeweilige Funktion des Moleküls sicherstellen. Wie das „Folding at home”-Projekt erklärt, nutzen auch Viren Proteine, um das Immunsystem infizierter Lebewesen zu unterdrücken und sich zu vermehren. Könne man diese Proteine des Coronavirus verstehen, so könne man womöglich Therapien entwickeln, um die Funktion der Proteine im Virus zu stoppen. Das Problem: Die Proteinmoleküle sind nicht statisch, sondern haben zahlreiche bewegliche Atome. Herkömmliche Forschungsmethoden bilden nur eine Standard-Struktur der Proteinmoleküle ab. Denn um den Bewegungsablauf eines Proteinmoleküls komplett zu analysieren, braucht es eine enorme Rechenleistung, es gibt astronomisch viele Möglichkeiten, wie sich die Aminosäuren anordnen können. Im Computer lässt sich durchspielen, welche davon wahrscheinlich sind und welche nicht. Das „Folding at home”-Projekt nutzt deshalb „gespendete” Rechenleistung von Privatpersonen aus der ganzen Welt, um die Faltung der Eiweißmoleküle zu analysieren. Für Medikamente könnten sich dadurch Angriffsstellen in den Proteinen von Viren ergeben, die in der Standard-Struktur nicht sichtbar sind. Die Forschung soll allerdings auch bei der Bekämpfung von anderen Krankheiten helfen. Denn wenn sich menschliche Eiweißmoleküle falsch falten, kann dies zu schwerwiegenden Problemen führen. Das Projekt forscht deshalb zum Beispiel auch zur Bekämpfung von Alzheimer, Chorea Huntington und verschiedenen Krebsarten. Aktuell konzentriert das Projekt, das von einem Team der Washington University in St. Louis geleitet und vom „Memorial Sloan Kettering Cancer Center” und der Temple University unterstützt wird, allerdings einen Großteil seiner globalen Rechenleistung auf die Erforschung des Coronavirus. Auch die Universität Augsburg stellt der Initiative inzwischen Rechnerleistung zur Verfügung, und ist stolz auf ihren Beitrag: „Wir zählen momentan weltweit zu den 150 größten Spendern”, erzählt Dr. Alexander Krammer, EDV-Beauftragter der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Dass die Universität soviel Prozessor-Kapazität spenden kann, hat einen Grund: Seit bundesweit Seminare und Vorlesungen weitgehend im Internet erfolgen, sind die Studenten nicht mehr vor Ort an den Hochschulen. Das betrifft auch die Computerräume, in denen normalerweise Software-Schulungen durchgeführt werden. „Wir haben uns überlegt, wie sich diese Rechenleistung nutzbringend verwenden lässt”, so Krammer. „Das ,Folding at home'-Projekt erschien uns dazu ausgezeichnet geeignet.” Statt Statistik- oder Mathematik-Software oder Office-Anwendungen läuft daher inzwischen auf mehr als 160 Computern ein kleines Programm, die „Folding at Home”-Software. Sie meldet an einen Server in den USA, wie viel Prozessor-Kapazität der jeweilige Rechner im Moment frei hat und zur Verfügung stellen kann. Der Computer bekommt dann vom Server eine Aufgabe zugewiesen, zum Beispiel die Berechnung eines kleinen Zwischenschritts bei der dreidimensionalen Faltung eines Proteins. Im Verbund lassen sich so Aufgaben bearbeiten, die selbst Hochleistungs-Rechenzentren vor Probleme stellen würden. „Die Sicherheitsanforderungen der Universität und die Tatsache, dass wir Kapazitäten von vielen verschiedenen Rechnern zur Verfügung stellen, bedeuten zunächst einmal einen gewissen Aufwand”, erklärt Dr. Diether Maack. Der EDV-Betreuer arbeitet an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, in der das Projekt initiiert wurde. „Dabei hilft uns unsere Expertise, Software gleichzeitig an zahlreiche Computer verteilen zu können”, sagt Maack. Inzwischen haben sich weitere Institute der Universität Augsburg der Initiative angeschlossen, darunter etwa die Physik mit ihren Hochleistungs-Rechnern. Maack freut sich über diese Möglichkeit, sich für die Forschung einzusetzen. „So können auch wir als Nicht-Mediziner einen kleinen Beitrag im Kampf gegen das Coronavirus leisten”, sagt er. Auch als Privatperson kann man seinen Computer dem Forschungsteam zur Verfügung stellen. Allerdings spendet man dadurch nicht nur die Zeit am Computer, sondern im übertragenen Sinne auch Geld. Je nach Strompreis kostet es laut Berechnungen des „Folding at home”-Teams zum Beispiel rund elf Euro pro Monat, seinen Computer acht Stunden am Tag für das „Folding” zur Verfügung zu stellen. Alle Informationen zum Projekt finden sich, allerdings ausschließlich auf Englisch, online unter foldingathome.org. 160 Augsburger Computer helfen beim „Folding”