Ab Dezember 2017 sitzt der Münchner monatelang in Untersuchungshaft, ehe er Mitte 2018 die JVA Gablingen verlassen darf und sich aufgrund einer lebensgefährlichen Erkrankung in Chemotherapie begibt. Seit September vergangenen Jahres muss der 38-Jährige sich nun wegen Geiselnahme vor dem Augsburger Landgericht verantworten. Gemeinsam mit zwei Bekannten soll der Zahnarzt laut Staatsanwaltschaft den ehemaligen Lebensgefährten seiner Praxisassistentin unter anderem mit einem Baseballschläger und einer Schreckschusspistole bedroht und gezwungen haben, seine Sachen zu packen und mit ihnen zum Augsburger Hauptbahnhof zu fahren. Dort drückten sie dem Mann 500 Euro in die Hand, mit denen er zurück in seine Heimat Straßburg verschwinden sollte. An den vorangegangenen Verhandlungstagen hörte das Schöffengericht um den Vorsitzenden Richter Roland Christiani die Versionen des Angeklagten, seiner Bekannten sowie die Aussagen der Praxisassistentin und ihres ehemaligen Lebensgefährten über die Tatnacht. Der Zahnarzt lässt sich von drei Anwälten verteidigen, die an den bisherigen Verhandlungstagen diverse Anträge stellen, unter anderem einen Befangenheitsantrag gegen Richter Christiani und Beisitzerin Julia Buijze. Auch am Freitagmorgen gibt es aufgrund von Beratungsbedarf mehrere Unterbrechungen. Das Klima im Sitzungssaal könnte kaum schlechter sein. „Jedes meiner Worte zieht eine Reaktion einer der Verteidiger nach sich”, ärgert sich Christiani. Dann erklärt Verteidiger Richard Beyer, dass sein Mandant eine Erklärung abgeben möchte. „Ich räume den Tatvorwurf ein”, gesteht der Zahnarzt. Darüber wundert sich der Richter. Der Angeklagte hielt bislang an seiner Version fest, obwohl sein Bekannter bereits wegen Geiselnahme verurteilt wurde. „Sie haben jetzt die letzte Möglichkeit, mit mir zu reden”, sagt Christiani, bevor er dem Münchner erneut Fragen zum Tathergang stellt. So habe er mitbekommen, dass seine 34-jährige Assistentin einen neuen Freund, einen ehemaligen Kampfpiloten, hat, führt der 38-Jährige aus. Kurze Zeit später sei die Frau schwanger gewesen und eine Hochzeit im Sommer 2017 bereits geplant. „Ich fand die Beziehung merkwürdig, irgendwas stimmte da nicht”, ist sich der Zahnarzt sicher und ergänzt: „Normal blühen Schwangere auf, doch sie ist in sich zusammengefallen.” Er habe nicht länger zusehen können, wie seine Assistentin, die die Hochzeit mittlerweile abgesagt hatte, leidet. Immer wieder soll sie ihm berichtet haben, dass der Lebensgefährte ihr gegenüber handgreiflich geworden sei. Im Oktober 2017 trifft sich der Münchner mit seinem Stammtisch in einer Kneipe. Dann bekommt er einen Anruf seiner Assistentin, deren Partner sich nach der Trennung weigere, die Wohnung zu verlassen. Zu dritt machten sie sich mit einem Taxi also auf den Weg nach Mering. Mit im Gepäck ein Baseballschläger und eine Schreckschusspistole. Die Waffen habe der Zahnarzt zum Selbstschutz besorgt und einen entsprechenden Waffenschein beantragt, da in seinem Ferienhaus und auch bei seinen Eltern vermehrt eingebrochen wurde. „Machen sie das jetzt nicht kaputt, was sie vorher gesagt haben”, unterbricht Richter Christiani den Angeklagten, als dieser gerade die Tat noch einmal exakt so schildern will, wie er es am ersten Prozesstag tat. Daraufhin ließ es der 38-jährige gut sein. Auf die Nachfrage von Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai, ob die drei Männer nach der Tat noch einmal darüber gesprochen hätten, erklärt der Zahnarzt, dass er es vermieden hätte, die Geschehnisse in Mering zum Gesprächsthema werden zu lassen, denn: „Mir war ja klar, dass des ein rechter Scheißdreck war.” Die Plädoyers finden nächsten Freitag statt, dann soll auch das Urteil gefällt werden. Richter Roland Christiani hofft auf keine weiteren „Sperenzchen” der Verteidiger. Die Tat war „ein rechter Scheißdreck”