Auf insgesamt drei Bühnen soll dort „eine ganz eigene musikalische Galaxie” entstehen. Kuratiert wurde das Programm auch in diesem Jahr von Girisha Fernando. Zur Retro-Aufmachung der Festival-Flyer, Plakate und Programmhefte passt auch das Motto der Langen Brechtnacht. Denn mit mehreren Programmpunkten soll die Zeit und die Musik der 60er bis 80er-Jahre und damit des Kalten Krieges aufgegriffen werden. „Wir erinnern uns an eine Zeit, in der der politische Gegensatz von Ost und West die Menschheit beinahe ausradiert hätte”, heißt es dazu von den Veranstaltern. „Und feiern, dass es dann doch anders kam.” Die im Kalten Krieg vorherrschende Zerrissenheit zwischen Skepsis und Lebensfreude sei auch im musikalischen Schaffen von Brechts Weggefährten Hans Eisler, Kurt Weill und Paul Dessau omnipräsent gewesen. Sie hätten die Menschen für die Widersprüche in der Gesellschaft sensibilisiert. Auch die zeitgenössische Popkultur sei weiterhin beeinflusst von den musikalischen Entwicklungen dieser Zeit. Zu Beginn der Ideenfindung für das Brechtfestival 2020 habe es Überlegungen gegeben, das gesamte zehntägige Festival unter das Motto „Brecht im Kalten Krieg” zu stellen, erzählte Festivalleiter Jürgen Kuttner auf einer Pressekonferenz. Schließlich wurde diese Idee zwar verworfen, doch in einigen Veranstaltungen sei das Thema noch immer vertreten, so auch auf der Langen Brechtnacht. „Ich bin auch kein Fan von so einer Generalüberschrift”, ergänzte Kuttner. Neben der Langen Brechtnacht sind nun auch zwei sogenannte „Spektakel” geplant, die ein Jahrmarkt-Gefühl aufkommen lassen und den Spaß an Brecht in den Vordergrund stellen sollen. Für die Lange Brechtnacht hat Kurator Girisha Fernando, der erst im vergangenen Jahr mit dem Augsburger Popkulturpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, einige hochkarätige deutsche Bands und Musiker gewonnen. Im „Großen Saal” wird Songwriter Gisbert zu Knyphausen, der im vergangenen Jahr seinen Auftritt aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, die Brechtnacht eröffnen. Der Sänger und Gitarrist aus dem Rheingau hatte im vergangenen Jahr sogar bereits einen eigenen Brecht-Song für das Festival geschrieben. In seinen deutschen Texten schreibe Gisbert zu Knyphausen „in virtuosen Worten vom Zustand der Welt und seiner Seele”, begründen die Veranstalter unter anderem seine Einladung zum Brechtfestival. Ihm folgt die Band „The Notwist” um die beiden Brüder Markus und Micha Acher aus Weilheim, über die Girisha Fernando auf der Pressekonferenz sagte: „The Notwist ist, finde ich, die beste Band Deutschlands”. Bei der Langen Brechtnacht wird die Band, die Pop und Jazz mit Hip-Hop-Techniken und House-Musik verbindet, ihr Programm „Messier Objects” spielen. Eine Stunde der Aufführung ist darin Musik gewidmet, die für Filme, Theater oder Hörspiele entstanden ist, gefolgt von 30 Minuten „Notwist-Hits”, so Girisha Fernando. Den Abschluss im Großen Saal bildet der Deutsch-Rapper Fatoni mit Schlagzeugerin Philo und dem DJ „V.Raeter”. Der ehemalige Schauspieler der Münchner Kammerspiele und des Augsburger Theaters beobachte nun „mit Texten von schelmischem Humor und mit zynischem Zeigefinger” die Gegenwart. Der „Saal Baramundi” gehört auf der Langen Brechtnacht internationalen Musikern. Sängerin Sophia Kennedy und die Filmemacherin und Musikerin Helena Ratka treten als Elektropop-Duo „Shari Vari” auf, gefolgt von der international besetzen 15-köpfigen Brassband „Banda Internationale” aus Dresden. Die Musiker aus Deutschland, Syrien und dem Irak werden in Augsburg unterstützt von der Pop-Musikerin Bernadette La Hengst. Parallel zu Fatoni im Großen Saal spielt im Saal Baramundi dann vor der Aftershow-Party der Wiener Liedermacher Voodoo Jürgens seine schwarzhumorigen Lieder im Wiener Dialekt. Zweimal tritt im Laufe des Abends auf der dritten Bühne im Foyer der Kongresshalle die eigens für die Lange Brechtnacht gegründete Gruppe „The Cold War” auf. Augsburger Musiker lassen sich von politischen und zeitkritischen Songs aus der Zeit des Kalten Krieges, wie Nenas „99 Luftballons”, David Bowies „Heroes” oder Stings „Russians”, inspirieren und interpretieren die Klassiker dieser Zeit neu. Ab 0.30 Uhr beginnt dann die Aftershow-Party „Coming in from the Cold” mit Rock'n'Roll, Funk und Disco-Musik der 1960er, 70er und 80er Jahre. Die Lange Brechtnacht beginnt am Samstag, 15. Februar, um 19.30 Uhr im Kongress am Park. Tickets für 22 Euro sind im Vorverkauf unter brechtfestival. de/infos/tickets erhältlich. Das Programmheft gibt es an den gängigen Auslagestellen in der Stadt, zum Beispiel am Rathausplatz 1 in der Bürgerinfo. Politische Texte und zeitkritische Klassiker