Die Zustände in dem Haus hatten sich laut Sozialreferent Stefan Kiefer wohl in den Wochen nach dem neuen Jahr zunehmend verschlechtert. Bereits in den Monaten zuvor habe die Heimaufsicht das Pflegeheim im Blick gehabt, da es personalmäßig am Limit arbeitete. Als nach den Weihnachtsferien eine weitere Arbeitskraft krankheitsbedingt ausfiel, kümmerten sich nun zuletzt nur noch zwei Mitarbeiterinnen um die 25 verbliebenen Bewohner des Altenheims. Zudem stand das Haus Marie ohne eine funktionierende Führungsebene da. Sowohl eine Heimleitung als auch eine Geschäftsführung fehlten. Beide Gesellschafter der Betreiber-Gesellschaft, die das Pflegeheim zuvor rund 17 Jahre gemeinsam betrieben hatten, hatten ihre Anteile zum 31. Dezember 2019 gekündigt. Auslöser waren wohl persönliche Differenzen zwischen Werner Harlander, der 51 Prozent der Anteile hielt, und Armin Rieger, dem die restlichen 49 Prozent sowie die Immobilie gehörten. Die Heimaufsicht stellte am vorvergangenen Freitag ein Ultimatum: Wenn sich bis zum folgenden Mittwoch keine neuen Verantwortlichen für das Pflegeheim fänden, müsse es geschlossen werden. Denn die aktuelle Situation sei weder für die Angestellten noch für die Bewohner tragbar. Nachdem bis Mittwoch keine neue Führung gefunden werden konnte, die Maßnahmen hätte ergreifen können, mussten bereits am Donnerstag die ersten Bewohner des Pflegeheims ausziehen. Die letzten Senioren verließen das Heim am Freitag. Einige der Angehörigen hatten sich bereits selbst nach neuen Heimplätzen umgesehen. Allerdings ist die Auswahl an Plätzen für Menschen, die an fortgeschrittener Demenz leiden, nicht allzu groß. Denn die Bewohner brauchen oft sogenannte beschützte Bereiche, da sie die Tendenz haben, wegzulaufen. Schließlich beschloss die städtische Altenhilfe, einzuspringen und alle freien Plätze des Seniorenzentrums Lechrain, das eigentlich erst im Sommer mit neuen Angestellten für die Vollauslastung geplant war, den ehemaligen Bewohnern des Haus Marie zur Verfügung zu stellen. Dort können demenzkranke Bewohner mit Weglauftendenz mit einem Transponder ausgestattet werden, der einen Mitarbeiter alarmiert sollten sie das Haus verlassen. 13 Senioren konnten nun in der vergangenen Woche gemeinsam in das Haus im Augsburger Stadtteil Lechhausen umziehen. Damit sei das Seniorenzentrum nun „bis zum Anschlag gefüllt”, sagte die Werkleiterin der städtischen Altenhilfe, Susanne Greger. Mehr Menschen konnten also nicht aufgenommen werden. Allerdings gebe es laut Stefan Kiefer inzwischen für alle Bewohner des Haus Marie eine Lösung. Der Sozialreferent sparte am Freitag nicht mit Kritik an den ehemaligen Verantwortlichen des Seniorenheims. „Ich verstehe nicht, wie es zu so etwas kommen kann”, sagte er. Zwar werde es sicher immer wieder vorkommen, dass „Einrichtungen ins Trudeln kommen”, doch einen Fall wie beim Haus Marie, bei dem sich die Gesellschaft selbst handlungsunfähig gemacht und es schlichtweg an die Wand habe fahren lassen, wünsche er sich „kein zweites Mal”. Selbst den Auszug am Donnerstag und Freitag habe nun komplett die Heimaufsicht organisiert, gemeinsam mit den beiden verbliebenen Mitarbeitern. „Ich verstehe nicht, wie man mit 25 Pflegebedürftigen und den Angestellten so agieren kann”, meinte Kiefer. Das Haus Marie muss nun vorerst auch auf Zeitarbeitskräfte zurückgreifen, um die zusätzlich eingezogenen Bewohner zu versorgen. Womöglich kann im Zuge der nötigen Neueinstellungen auch ein Teil der ehemaligen Mitarbeiter des Haus Marie im Seniorenzentrum Lechrain eine neue Heimat finden. Die Personalleiterin des Seniorenzentrums Lechrain stehe im regen Kontakt mit den Angestellten, erklärte Greger. Das Ziel sei es, jeden, der daran interessiert sei, bei der städtischen Altenhilfe zu arbeiten, möglichst schnell in das Bewerberverfahren zu integrieren. Allerdings müsse es „auch passen”, so Greger, damit sich die Mitarbeiter in ihrer neuen Stelle schließlich wohlfühlen. Wenn nicht im Seniorenheim Lechrain könne es vielleicht auch bei den anderen Häusern der Altenhilfe klappen. Man schaue nun in allen städtischen Einrichtungen genau darauf, wo es möglicherweise noch freie Stellen für die Mitarbeiter des Haus Marie geben könnte, versprach Greger. Gesellschaft machte sich handlungsunfähig