Dass die meisten der sechs Zeugen sich vor Gericht nicht mehr erinnern konnten, wo sich die Waffe befand, ist wohl nicht verwunderlich. Denn im Container ihres ehemaligen Kollegen muss sich ihnen ein furchtbares Bild geboten haben. Ein weiterer Kollege, der 34-Jährige, der nun auf der Anklagebank sitzt, soll das 24-jährige Opfer brutal und blutig getötet haben. Die Beschreibung des ermittelten Tathergangs in der Anklageschrift ist nichts für schwache Nerven. Demnach soll der Angeklagte seinem Bekannten zunächst von hinten mit einer Hantelscheibe mehrere Schläge gegen den Hinterkopf versetzt haben. Als der 24-Jährige zu Boden ging, habe sein Angreifer ihm durch weitere „heftige Schläge” mehrere Wunden am Kopf und Gesicht zugefügt. Zu diesem Zeitpunkt habe das Opfer wohl bereits stark geblutet und war handlungsunfähig. Der Angeklagte soll zu einem Fleischmesser gegriffen und dem 24-Jährigen zunächst vier Stiche in die Brust versetzt haben, die beide Lungenflügel und das Herz des Opfers trafen. Danach habe er den Kopf des Opfers mit dem Messer fast vollständig abgetrennt, ihm erneut in die Bauchregion gestochen und die Waffe dort zurückgelassen. Der 34-Jährige muss sich wegen Mordverdachts verantworten. Welches Motiv der Elektriker für die gnadenlose Gewalttat gehabt haben soll, bleibt am ersten Verhandlungstag rätselhaft. Verteidiger Bernd Scharinger verliest eine Erklärung für seinen Mandanten, eigene Aussagen will dieser im Prozess nicht machen. Der Angeklagte könne sich „an den eigentlichen Geschehensablauf nicht erinnern”, heißt es in der Erklärung. Er habe vor dem Treffen mit seinem späteren Opfer sechs bis acht Flaschen Bier getrunken. Als er daraufhin am Wohncontainer des 24-Jährigen vorbei lief, habe dieser ihn eingeladen, und zu zweit habe man noch mehrere Stunden verbracht und eine Flasche Whisky getrunken. Das Messer habe er geholt, um eine Pizza zu schneiden. An den Auslöser der im Laufe der Nacht „mit Sicherheit stattgefundenen Auseinandersetzung” könne der Angeklagte sich nicht erinnern. Er habe nur kurze Blitze davon, was geschehen sein könnte. So blitze „immer wieder auf”, dass zuvor das Opfer das Messer in der Hand gehabt hätte und damit Stichbewegungen ausgeführt haben soll. Außerdem habe der 24-Jährige womöglich seine Familie beleidigt und bedroht. „Vor allem erinnere ich mich an das Bedrohungsgefühl”, heißt es in der Erklärung des Angeklagten. Für seinen Verteidiger weißt die „Übertötungssituation” darauf hin, dass der Angeklagte in eine stark emotionale Lage gebracht worden sei. Die ehemaligen Kollegen der beiden Männer, die der 34-Jährige nach der Tat um Hilfe gebeten hatte, erzählen unter anderem, der Angeklagte habe, blutverschmiert, immer wieder wiederholt: „Was würdest du machen, wenn jemand deiner Familie etwas antun wollte?” Allerdings sagen sie ebenfalls aus, dass es sich bei dem Opfer um einen ruhigen Menschen gehandelt habe, der sich nie aggressiv verhalten hatte. „Er war ein anständiger, ruhiger und guter Mensch”, meint einer der Kollegen. Der 24-Jährige, der ebenfalls aus Polen stammt, hatte seit rund einem Jahr bei dem Neusäßer Unternehmen gearbeitet. Streit habe es unter den Arbeitern kaum gegeben, wenn es zu Diskussionen kam, hätten diese sich nur um die Effizienz beim Arbeiten gedreht. Um die Sachlage zu klären, sind am Augsburger Landgericht noch vier weitere Verhandlungstage angesetzt. Mehr als zehn Zeugen sollen noch verhört werden. Angeklagter kann sich an Tat nicht erinnern