Die Straftaten sind den sogenannten „Autobumsern”, oder, wie die Österreicher sie nennen, „Schussfahrern” schwer nachzuweisen. Manchmal bekommen sie sogar vor Gericht Recht, wie etwa die zwei Angeklagten, die sich kürzlich vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Susanne Scheiwiller zu verantworten hatten. Sie hatten zuvor in Zivilverfahren Versicherungen auf Erstattung des selbst provozierten Schadens verklagt und gewonnen. Dass man den Angeklagten, die offenbar zu einer weit verzweigten Familie gehören, von der mehrere Mitglieder in dieser „Branche” tätig waren, überhaupt auf die Spur kamen, ist einem aufmerksamen Polizeibeamten zu verdanken. Diesem fiel 2013 bei der Aufnahme eines Kleinunfalls auf, dass der angeblich Geschädigte schon in 13 Unfälle verwickelt war. Die Kripo ermittelte schließlich fünf Familienmitglieder, denen Dutzende fingierte Karambolagen angelastet wurden. Den beiden 30 und 54 Jahre alten Männern, die jetzt die Anklagebank drückten, warf Staatsanwalt Nicolas Pfeil gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und Betrug in 13 Fällen vor - nur die Spitze des Eisbergs. Die Angeklagten fuhren über Jahre - angeklagt waren Fälle sogar noch aus 2010 - durchs Stadtgebiet und hatten dort offenbar bevorzugte Gebiete für ihre provozierten Unfälle. Das waren beispielsweise die Neusässer Straße beim Klinikum, die Donauwörther Straße in Oberhausen oder die Langenmantelstraße am Plärrer. Sahen sie etwa, wie ein Autofahrer die Spur wechselte, gaben sie schnell Gas und rammten ihn seitlich. Nicht aufmerksam genug geguckt? Meist räumten die Spurwechsler gleich ihre Schuld ein. Die Angeklagten meldeten die Schäden dann privaten Gutachtern, diese berechneten sie und gaben das Attest an die gegnerische Versicherung weiter. So flossen Beträge in vierstelliger Höhe. Nur selten weigerten sich die Versicherungen, zu zahlen. Besonders dreist: Dann klagten die „Autobumser” vor dem Zivilrichter ihren vermeintlichen Schaden ein und gewannen. Drei rechtskräftige Zivilurteile gingen dem Prozess vor dem Schöffengericht voraus. Keine einfache Situation. Und so zogen sich kurz nach Prozessauftakt Richter, Staatsanwalt und die vier Verteidiger Christian Bärnreuther und Michael Menzel sowie Sven Grobmüller und Santosh Gupta zu einem Verfahrensgespräch zurück. Heraus kamen sie mit einem Deal. Die drei Fälle, in denen die Angeklagten von einem Zivilrichter Schadenersatz zugesprochen bekommen hatten, wurden eingestellt. Zudem wurden den beiden Männern, die erklärten „ohne Beruf” zu sein, im Fall von Geständnissen Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt. Und so räumten die Angeklagten, deren Angehörige zuvor noch auf dem Flur empört behauptet hatten, alles sei maßlos ungerecht und die Männer vollkommen unschuldig, die Vorwürfe ein. Sie wurden zu einem Jahr und elf Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Zudem müssen sie den Schaden wiedergutmachen und über 30 000 Euro Wertersatz leisten. Zivilprozesse gegen Versicherungen gewonnen