Man hätte annehmen können, dass es die Hundebesitzerin sein würde, die emotional und womöglich unsachlich auftreten würde. Doch Judith J. riss sich zusammen, trotz einer schweren Krankheit, unter der die junge Mutter leidet, und obwohl ihr kleiner Sohn das Hundedrama bis heute nicht überwunden hat. Der Siebenjährige stieg gerade auf dem Hof in den Bus, der ihn zum Kindergarten bringen sollte, als der Jäger vorfuhr und seiner Mutter wütend verkündete, er habe gerade die Hunde erschossen: „Dort hinten kannst sie zam'klauben.” Judith J. kam mit einem Rechtsanwalt zur Verhandlung, der ihr Zeugenbeistand leistete. Dem Angeklagten aber, Harald F., selbstständiger Schreiner und nebenbei Jäger, war die Aufregung deutlich anzumerken. Er verlangte einen Freispruch, sieht sich zu Unrecht beschuldigt. Gegen einen Strafbefehl, in dem er mit 7500 Euro Geldstrafe bedacht wurde, hatte er Einspruch eingelegt. Im Nachhinein vielleicht ein Fehler, denn aufgrund der Aufteilung der Geldstrafe auf lediglich 55 Tagessätze hätte er nach dem Strafbefehl seinen Jagdschein behalten können. Jetzt wurde er zu 90 Tagessätzen verurteilt, und damit ist Schluss mit dem Waidwerk, sollte das Urteil rechtskräftig werden. Harald F. erzählte, die beiden Hunde, Leni und Maja, zur Tatzeit gerade mal zwei Jahre alt, hätten schon seit Monaten in seinem Revier gewildert. Während er behauptete, die Besitzerin mehrfach darauf aufmerksam gemacht zu haben, beteuert Judith J., der Jäger sei nur einmal deshalb bei ihr vorstellig geworden. Wie auch immer, fest steht, dass Harald F. nichts unternahm, um das weitere Umherstreifen der Tiere zu verhindern. Richter Roland Fink warf ihm ebenso wie Staatsanwalt Daniel Grimm vor, er hätte die Behörden verständigen müssen. „Wir hätten die Besitzer angesprochen, wenn wir davon gewusst hätten”, sagte ein Polizeibeamter. „Das alles hätte vermieden werden können”, folgerte Richter Fink. So aber fand der Jäger über Monate immer wieder gerissene Hasen und auch Rehe. „Es ist schwer, auf laufende Hunde zu schießen”, räumte er bei seiner polizeilichen Vernehmung ein, schließlich eine „günstige Gelegenheit” genutzt zu haben. Am 10. Juli 2018 beobachtete er am frühen Morgen zunächst, wie Leni und Maja in einem Maisfeld verschwanden, um nach einigen Minuten mit einem Hasen wieder aufzutauchen. Schon da, hatte er in früheren Vernehmungen berichtet, sei für ihn festgestanden, heute werde er die Hunde erschießen. „Liquidieren”, wie Staatsanwalt Grimm formulierte und dem Angeklagten zur Last legte, dieser habe „den Ruf der gesamten Jägerschaft, die um ein gutes Ansehen bemüht ist, mit Füßen getreten”. Grimm plädierte auf 120 Tagessätze. Der Angeklagte also verfolgte damals die Vierbeiner mit seinem Jeep Suzuki. „Die liefen Richtung Heimathof”, sagte er zunächst, um jetzt, in der Verhandlung, plötzlich auszuführen, die Hunde hätten den Heimweg unterbrochen, um weiter zu jagen. Der weiße, von der Abstammung her „ein irischer Vorsteherhund”, wie er erkannt haben will - beide Hunde stammen allerdings aus Griechenland - sei dann stehen geblieben. „Der hatte Wild entdeckt”, so der Waidmann. Der zweite Hund sei in der Nähe gewesen. Er nahm sein Remington 5,6 und drückte ab. Ein zufälliger Zeuge hörte einen Schuss, der Angeklagte sagte, er habe zweimal geschossen. Er behauptete, er sei zum Schießen ausgestiegen und danach mit dem Wagen an den Hunden vorbeigefahren: „Die waren tot.” Der Zeuge ist sich sicher: Geschossen wurde aus dem Fahrerfenster heraus, danach ging es via Feldweg zum Hof der Besitzerin. Der Jäger habe sich nicht vom Tod der Tiere überzeugt. Dafür spricht auch, dass der eine Hund noch lebte, als er mit der geschockten Besitzerin zu den beiden fuhr. Maja setzte er deshalb den sogenannten „Fangschuss” ins Köpfchen. Die Besitzerin musste sich übergeben. Der Fall sorgte für viel Wirbel in Königsbrunn. Auf der einen Seite gibt es Leute, die auf Spaziergängen von den freilaufenden Hunden belästigt wurden, auf der anderen die Besitzer, die das alles wohl zunächst nicht ernst genug nahmen. Im Zuschauerraum des Gerichtssaal wurden die Meinungsunterschiede deutlich. Die junge Mutter und ihre Familie haben inzwischen einen neuen Hund: „Der ist so langsam, dem können Sie beim Laufen die Schuhe besohlen.” Das Wild wird es freuen. Unwaidmännisches Verhalten