Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 13.05.2019 12:00

Rosenhelm und Pferdehut

Susanne Strohmayr   kam mit Tochter Emilia. Die beiden hatten viel Spaß beim Probieren.
Susanne Strohmayr kam mit Tochter Emilia. Die beiden hatten viel Spaß beim Probieren.
Susanne Strohmayr kam mit Tochter Emilia. Die beiden hatten viel Spaß beim Probieren.
Susanne Strohmayr kam mit Tochter Emilia. Die beiden hatten viel Spaß beim Probieren.
Susanne Strohmayr kam mit Tochter Emilia. Die beiden hatten viel Spaß beim Probieren.

Kostümdirektorin Katharina Diebel und ihr Team hatten eine Menge dafür vorzubereiten. Nach zwei Umzügen von Schneiderei und Fundus hatte sich einiges angesammelt, was nun einen neuen Besitzer finden sollte. „Die meisten Sachen sind aus den 80er und 90er Jahren, aber ich glaube, da sind auch noch Stücke aus den 70er Jahren dabei”, sagt Katharina Diebel.

Bereits um sieben Uhr früh standen die ersten Interessierten auf dem Areal des Deuter Industrieparks an der August-Wessels-Straße. Dabei öffnete der Verkauf erst um 10 Uhr. Eine lange Schlange bildete sich, und um Überfüllung zu vermeiden, wurden immer nur einige eingelassen, wenn andere die Aktion wieder verließen. „Das ist immer so. Ich dachte erst, wer weiß, ob es funktioniert, hier auf dem Gelände haben wir ja keine Laufkundschaft wie zuvor am Kennedyplatz. Aber die Leute finden schon her”, so die Kostümdirektorin.

All die Umhänge, Kleider, Anzüge, Oberteile, Mäntel und vor allem Hüte kommen gereinigt in den Verkauf. Sie werden stets nach Gebrauch gesäubert, schon um Insektenbefall zu vermeiden. Es gibt opulente Roben ebenso wie relativ schlichte, weiße Herrenhemden. „Was heute nicht weggeht, wird wieder eingepackt bis zum nächsten Kostümverkauf oder geht ans Rote Kreuz”, verrät Katharina Diebel.

Vor allem die Hüte haben es den Kunden angetan. Ob rosenumkränzter Helm - davon gibt es so viele in verschiedenen Größen, man könnte eine halbe Armee ausstatten -, 40 Zentimeter hoher Zylinder oder ein turmartiges Gebilde mit feuerrotem Berg und Schnecken, die Leute probieren begeistert, kichern und machen Selfies.

„Larp” ist die Abkürzung für „Live Action Role Playing” und bezeichnet ein Rollenspiel, bei dem die Akteure ihre Spielfigur darstellen. Ole Kienitz pflegt dieses Hobby, und es kann schon sein, dass man ihn mit Hundert Gleichgesinnten in einem Waldgebiet trifft, wo die eine Hälfte als Orks, die andere als Elfen getreu den Herr-der-Ringe-Filmen agiert. Demnächst, erklärt der 33-Jährige, der im normalen Leben die Glasfaserkabelverlegung für ein Telekommunikationsunternehmen plant, stehe ein Endzeitsetting an. Postapokalyptisch werde es da zugehen, grinst er voller Vorfreude, und er mime einen sadistischen Advokaten. Er und seine Kumpels sichern sich an diesem Samstag mehrere Umhänge, Mäntel und Hüte.

Sophia Dreschers Bekannter bewacht mit Argusaugen einen Kleiderständer. Den haben sich die „Edlen von Buron” aus Kaufbeuren gesichert und schon mal mit diversen, eventuell in Frage kommenden Kleidungsstücken, behängt. Erst sammeln, dann probieren, mal sehen, was die Truppe dann wirklich für ihre Auftritte als Menschen aus dem Mittelalter beim nächsten Tänzelfest gebrauchen kann. Sophia Drescher trägt einen Zylinder; doch die Kopfbedeckung aus Leder, verziert mit Ketten und Zahnrädchen aus Uhren, hat sie nicht heute im Fundus erbeutet, sondern in sieben Stunden Handarbeit selbst gebastelt. „Meine Alltagsbekleidung”, sagt sie wie selbstverständlich und zeigt auf ihrem Handy Fotos vom jüngsten viktorianischen Picknick, das sie und ihre Freunde in einem Park veranstaltet haben. Ihren rechten Oberarm ziert ein bunter Einhornkopf, das Gesicht ist phantasievoll bemalt. Das viele Anprobieren bringt die 25-Jährige ins Schwitzen, doch allzu selten gibt es Gelegenheiten wie diese, wenn der Fundus öffnet.

„So bald machen wir das nicht wieder”, sagt denn auch Katharina Diebel. Zu aufwändig seien die Vor- und Nacharbeiten, jedes Stück, und es sind sicherlich mehrere Tausend, die dort liegen und hängen, muss gesichtet, ausgepreist, präsentiert werden. Doch viele Besucher verlassen an diesem regnerischen Samstag das Gelände mit vollen Taschen - und glücklichen Gesichtern. Mehr Bilder im Internet


Von Monika Grunert Glas
north