„Kein Stress da herin” - auch an diesem Tag wiederholte Walter Hell noch einmal seine Maxime, nach der er in den 36 Jahren seines Berufslebens stets handelte. Er ließ sich von keinem noch so komplizierten Verfahren oder gar auf Konfrontation gebürsteten Verteidiger aus der Ruhe bringen. Manchmal, gibt er zu, habe er sich schon innerlich aufgeregt - nach außen hin ließ er sich nichts anmerken. „Ich bin kein Jurist”, sagt Walter Hell und meint damit, dass er nie danach gestrebt habe, etwa am Oberlandesgericht Karriere zu machen. Wochen-, gar monatelange Verfahren mit verstrickten Sachverhalten zu leiten, sich auch durch mehrere Tausend Seiten Akten zu arbeiten, das wäre nicht Seins. Ihn interessierten die Verfahren, in denen es menschelt. Und so erlebten den Aichacher Amtsgerichtsdirektor, der seinen wöchentlichen Sitzungstag meist mittwochs abhielt, auch die Angeklagten, Verteidiger und Staatsanwälte. Ziemlich genau fünf Jahre lang leitete der 65-Jährige das Aichacher Gericht. Aller Voraussicht nach wird eine Frau ihm nachfolgen: Manuela Pohl war zuletzt am Oberlandesgericht tätig und hat sich nach Aichach beworben. Mit Hell, der sie kennt und schätzt, „seit sie bei der Justiz ist”, hat die 53-Jährige zumindest eines gemeinsam: Auch sie war einst Pressesprecherin am Amtsgericht Augsburg. Mitte Februar wird die Zivilrichterin, wenn kein Mitbewerber dagegen klagt, ihr Amt in Aichach antreten. Axel Hellriegel, 42, übernimmt dann das Strafrichterressort. Ab und zu hat Walter Hell in den vergangenen Wochen schon ein wenig in seinem Büro im zweiten Stock des Gebäudes am Schlossplatz aufgeräumt. Doch die Bilder seiner Familie blieben bis zum Schluss an der Wand. Hell ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater dreier erwachsener Kinder. Ihm, der stolz darauf ist, ein „Arbeiterkind” zu sein, wie er es einmal nannte, wurde die Juristerei nicht in die Wiege gelegt. Nach dem Abitur in Ingolstadt entdeckte er bei sich keine besonderen Neigungen, und so studierte er Jura in Augsburg. Eine goldrichtige Entscheidung, wie sich herausstellte, denn am Ende war das Examen so gut, dass es ihn für den Staatsdienst prädestinierte.Walter Hell durchlief die üblichen Stationen von der Staatsanwaltschaft über das Amtsgericht Augsburg, wo er Zivil-, Betreuungs- und Strafrichter war und ab 2009 aufsichtführender Richter. Als Abteilungsleiter unterstanden ihm das Betreuungsgericht, Grundbuchamt und das Registergericht. 2014 übernahm er dann die Leitung der allgemeinen Strafabteilung. „Ich habe immer Glück gehabt”, sagt Hell über seine Karriere. „Ich habe nie etwas geplant, es hat sich ergeben.” Außerdem ist er seinem Mentor, dem ehemaligen Augsburger Amtsgerichts- und späteren Landgerichtspräsidenten Herbert Veh, dankbar. „Er hat gemeint, ich wäre ein fähiger Abteilungsleiter, und er hat gesagt, ich soll mich als Amtsgerichtsdirektor in Aichach bewerben.” Das, gibt er zu, habe ihn schon gefreut: „Das zeigt doch, dass man wohl ordentlich gearbeitet hat.” Und so wurde er 2015 in der Paarstadt der Nachfolger von Dieter Gockel.