Nun meldet sich der 54-Jährige quasi in epischer Form zurück: Auf 208 Seiten klagt Pürner in seinem Buch „Diagnose Pan(ik)demie. Das kranke Gesundheitssystem” das Versagen von Politik und „rampenlichtsüchtigen Experten” an. Seit Kurzem ist es im Handel erhältlich. Es ist der Versuch, die große Erzählung rund um das Virus und seine Bekämpfung neu zu schreiben, sich die Deutungshoheit über die Ereignisse quasi zurückzuerobern.Als Grundlage für seine Kritik nutzt Pürner seine Erfahrungen als Epidemiologe und Gesundheitsamtsleiter in Aichach in den Jahren 2018 bis 2020. Mit scharfem Skalpell seziert er die Arbeitsabläufe in einer Amtsstube des öffentlichen Gesundheitsdienstes und versucht die Schwachstellen des Systems aufzudecken. Persönliche Erfahrungen: Im ersten Teil des Buches schildert Pürner sehr persönlich seine Erfahrungen in Aichach - vor allem die äußerst arbeitsreiche Zeit während der Pandemie und seine unerwartete „Strafversetzung”. Enttäuscht zeigt er sich über die mangelnde Unterstützung aus der Lokalpolitik. Vor allem von den Grünen im Landkreis und CSU-Landtagsabgeordnetem Peter Tomaschko, den er nicht namentlich nennt, der aber unzweifelhaft gemeint ist, fühlt sich der Mediziner verraten. Fragwürdig findet er das Demokratieverständnis und die Haltung des CSU-Politikers zur Meinungsfreiheit. Gesundheitsämter verwalten den Mangel: Überhaupt lässt der Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen kaum ein gutes Haar an der Politik - vor allem der großen. Seine abschließende Kritik fällt deshalb vernichtend aus: Dass Corona zu einer Krise solchen Ausmaßes werden konnte, liege nicht in erster Linie an der Gefährlichkeit des Virus. Vielmehr seien lange bekannte Versäumnisse für die Misere verantwortlich: der (kalkulierte) Pflegekräftemangel in den Krankenhäusern, der Mangel an Personal und Material (Schutzkleidung, Desinfektionsmittel) im öffentlichen Gesundheitsdienst, die liederlich langsamen Fortschritte im Bereich der Digitalisierung.Pürner beschreibt kaum nachvollziehbare Zustände, unter denen die Mitarbeiter im Aichacher Gesundheitsamt während der Pandemie arbeiten mussten. Beispiel Laborergebnisse: Positive Corona-Befunde trafen im Aichacher Gesundheitsamt per Fax (!) oder E-Mail ein. Da die Personaldaten (Adresse, Telefonnummer) häufig unvollständig waren, mussten die Mitarbeiter im Sekretariat sehr viel nachforschen - bei Polizei, Einwohnermeldeämtern, Laboren etc.