Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 24.05.2022 17:24

„Jetzt ist Schluss”: Landwirt wird Tierhaltung verboten

Die jetzige Verhandlung hatte allerdings eine besonders pikante Note. Der Kläger wurde von zwei Justiz-Beamten in Handschellen vorgeführt. „Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis”, teilte der 59-Jährige auf Nachfrage des Gerichts den Grund mit. „Weil Sie ohne Führerschein gefahren sind, sitzen Sie in U-Haft?”, zeigte sich Müller einigermaßen verwundert über die drastische Anordnung, fragte aber nicht weiter nach. Auch während der Verhandlung wurden dem Kläger die Fesseln nicht abgenommen. Zudem war der Kläger erstmals ohne rechtlichen Beistand erschienen. Sein Rechtsanwalt hatte ohne Angabe von Gründen sein Mandat niedergelegt, was der Vorsitzende Richter bedauerte, aber auf das Widerspruchsverfahren keine Auswirkungen hatte.

Immer wieder stellte die Aichacher Behörde auf dem landwirtschaftlichen Anwesen Zustände fest, die es zu beanstanden gab. Insgesamt, der Vorsitzender Richter blätterte kurz in den Akten nach, „gab es bereits an die 20 Verhandlungen”. Im August 2020 war schließlich die Geduld des Landratsamtes am Ende. Ein Tierhaltungs- und Betreuungsverbot, das für Rinder und Schafe gilt, wurde angeordnet.

Dagegen legte der 59-Jährige Widerspruch ein und gewann damit viel Zeit. Mittlerweile wurde der Rinderbestand von einst über 30 Tieren auf elf reduziert. „Bitte geben Sie mir drei Monate Zeit, damit ich meine restlichen Tiere vermarkten kann”, bat der Kläger.

Die Behördenvertreter sahen das skeptisch, weil Kontrollen nur unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden können. „Wir kommen nicht mehr auf sein Areal, weil uns die Hunde den Weg versperren”, betonte ein Behörden-Vertreter. Eigentlich sollen die Pyrenäenberghunde, die auch schon einmal im Mittelpunkt vor dem Verwaltungsgericht standen, die Herde vor großen Beutegreifern wie Wölfen schützen. Weil die Hunde die Kontrolleure nicht mehr auf den Hof ließen, mussten sie sich andere Kontrollmöglichkeiten einfallen lassen.

So setzten sie zur Überprüfung Drohnen ein. Dabei stellten sie fest, dass auf dem Anwesen sehr wohl noch an die 20 Schafe herumlaufen, was der Kläger vorher bestritten hatte. „Das sind nicht meine, die gehören meiner Lebensgefährtin”, rechtfertigte er sich. Die Landratsamtmitarbeiter kamen nur noch in Begleitschutz von Polizeibeamten. Die Polizei habe sogar schon angedroht, die Hunde zu erschießen. „Das ist natürlich nicht im Sinne des Tierschutzgesetzes”, bemerkte der Richter. „Das wollen wir nicht.”

Müller machte aber gleichzeitig unmissverständlich klar, dass den Kontrolleuren „jeder Zeit” ungehinderter Zugang ermöglicht werden müsse. „Wenn Sie immer gegen das Landratsamt arbeiten, wird die Sache schwierig”, warnte Müller. „Futter holen dürfen Sie, füttern muss die Tiere aber jemand anders”, machte das Gericht die Bedeutung des Tierhalte- und Betreuungsverbotes deutlich.

Jetzt hat der Kläger acht Wochen Zeit, um seine restlichen Rinder zu verkaufen. Danach muss er sich in Geduld üben, mindestens ein Jahr. Dann kann er die Aufhebung des Haltungs- und Betreuungsverbots beantragen, „wenn bis dahin alles gut läuft”. Damit ist dieses Verfahren beendet. Sechs weitere - in anderer Konstellation, weil dann auch die Lebensgefährtin des Klägers involviert ist - klopfen aber schon wieder an die Tür des Augsburger Verwaltungsgerichts. Sechs weitere Verfahren des Mannes und seiner Lebensgefährtin warten am Verwaltungsgericht bereits

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