Es ging um die Ablehnung eines Bauvorhabens, genauer um die Tiefgaragenausfahrt für ein Mehrfamilienhaus. Dieser Bescheid erboste den Angeklagten so sehr, dass er in einem Schreiben an die drei Bürgermeister der Gemeinde sowie das Bauamt des Landratsamts Aichach-Friedberg von „skurriler, kruder, abenteuerlicher Fantasiebegründung in einem wirren Plädoyer” des beleidigten Kommunalpolitikers sprach. Weiter hieß es: „Ein derartiger blanker Unsinns-Sachvortrag wäre mir mit einem Alkoholpegel von über drei Promille und vollgekifft bis in die Haarspitzen im tollkühnsten Traum nicht in den Sinn gekommen.” Vor Gericht zu klären war nun die Frage, ob ein ehrenamtlich tätiges Gemeinderatsmitglied derartige Aussagen aushalten muss oder diese bereits als Beleidigung im strafrechtlichen Sinne gelten. „Ein Staatsanwalt beispielsweise müsste das aushalten”, erklärte Richter Hellriegel. Ein Gemeinderat seiner Ansicht nach aber eben nicht. Ihm sollte aufgrund seiner ehrenamtlichen Tätigkeit Respekt entgegengebracht werden. Der Angeklagte versuchte seine Wortwahl zu entkräften und gab zu, sein „Schreibstil” sei nicht ganz optimal gewesen. Außerdem seien die ihm zur Last gelegten Aussagen ja auf ihn selbst bezogen gewesen. Doch diese Argumentation ließ Hellriegel nicht gelten: „Das ist ein rhetorischer Trick, der allerdings am Umstand der Beleidigung nichts ändert.” Letztlich konnte der Mann, der überhaupt erst auf der Anklagebank Platz nehmen musste, weil er im Vorfeld einen Strafbefehl nicht akzeptiert hatte, mit dem Urteil zufrieden sein, da die Strafe nicht über die ursprüngliche Höhe hinausging. Hellriegel zeigte Verständnis für den Ärger des Angeklagten, denn hinter der Beleidigung steckt eine lange Geschichte rund um ein Bauvorhaben, das diesen nach eigener Aussage inzwischen 1,7 Millionen Euro gekostet habe. Der Richter hörte sich die langen Ausführungen des Mannes an, erklärte dabei wiederholt, dass es hier nicht um die Bauangelegenheit an sich gehe, sondern allein um „das zweifelhafte Schreiben unter der Gürtellinie”. Einziger Zeuge in der Verhandlung war der Gemeinderat, dem in dem Schreiben „erschreckendes Unwissen” unterstellt wurde. Er fühle sich durch die Aussagen beleidigt und diffamiert, stellte er vor Gericht klar. Der Angeklagte warf ein, sich von dem Zeugen bereits seit 1980 „traktiert” zu fühlen. Wieder erwähnte Hellriegel, dass dies nur am Rande mit dem Tatvorwurf der Beleidigung zu tun habe. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe in Höhe von 7200 Euro. Der Angeklagte, der ohne Verteidiger vor Gericht erschienen war, plädierte auf Einstellung des Verfahrens, da besagtes Schreiben seiner Ansicht nach nicht im Gemeinderat hätte öffentlich gemacht werden müssen. Gegen das Urteil werde er in jedem Fall Berufung einlegen. Axel Hellriegel: „Ein Staatsanwalt müsste das aushalten”