Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 03.08.2021 16:16

Begehbare Labyrinthe: Ausstellung im Köglturm

Gisela Franks Knoten   als beeindruckende Wand- und Boden-Installationen in schwarzem Leder mit Wattefüllung.
Gisela Franks Knoten als beeindruckende Wand- und Boden-Installationen in schwarzem Leder mit Wattefüllung.
Gisela Franks Knoten als beeindruckende Wand- und Boden-Installationen in schwarzem Leder mit Wattefüllung.
Gisela Franks Knoten als beeindruckende Wand- und Boden-Installationen in schwarzem Leder mit Wattefüllung.
Gisela Franks Knoten als beeindruckende Wand- und Boden-Installationen in schwarzem Leder mit Wattefüllung.

Bei der Ausstellungseröffnung wies Jakob Steinberger, Zweiter Vorsitzender des Kunstvereins, in einer intensiven Einführung auf die „spielerischen Verbindungen” der beiden Künstlerinnen hin, die nur „189 Schritte” voneinander entfernt wohnen. Beide stammen aus der ehemaligen DDR - Gisela Frank aus Rostock, Turid Schuszter, die aktives Mitglied im Kunstverein Aichach ist, aus Freiberg bei Dresden. Vor etwa sechs Jahren haben sie sich bei einem Künstlertreffen in Augsburg kennengelernt.

Mit einer gemeinsam an Ort und Stelle fertiggestellten Installation aus miteinander verwobenen Fahrradschläuchen machen die beiden Freundinnen vor dem Eingang zum historischen Köglturm auf ihre Verbundenheit aufmerksam.

Als erster Blickfang im Treppenaufgang weist ein dreiteiliges Bild von Gisela Frank, gestaltet mit verschiedenfarbig aufgetragenem Pigmentpulver und mittels Bügeleisen konserviertem Flüssigwachs, auf den Knoten als verbindendes Motiv hin. Dieses Motiv hat Gisela Frank in den Mittelpunkt ihres Ausstellungsbeitrags gestellt.

Als Wegbegleiter im Treppenhaus führen Kohle- und Fineliner-Zeichnungen ihrer zuletzt getragenen Schuhe, zum Teil mit Aquarelltönen eingefärbt, zu Erinnerungen aus ihrer Kindheit: In einer Wandinstallation mit dem Titel „Mädchenträume” hat Gisela Frank ihre Original-Ballettschuhe in Watte gebettet. Ihre großen und kleinen Knoten finden sich wieder im zweiten Stock, als Knotenknäuel oder beeindruckende Wand- und Boden-Installationen in schwarzem Leder mit Wattefüllung.

In ein offenstehendes Nischenschränkchen hat sie leere Patronenschachteln aus volkseigenem Betrieb drapiert, auf einem Sockel daneben eine große, fast liebevoll umhäkelte Granatenhülse.

Im ersten Stock beeindrucken die feinen, dreidimensionalen Webereien aus dünnstem Draht und Kunststoff von Turid Schuszter. Die gelernte Handweberin mit Diplom als Textildesignerin hat diese Arbeiten auf ihrem Handwebstuhl gefertigt. In der Nähe hängt ein gehäkelter schwarzer Kokon ihrer Freundin Gisela Frank fast bedrohlich an der Wand, inmitten von Schuszters Hochdrucken mit geradlinigen Motiven aus der Architektur. Wohin ihre Stufen und Wege führen, die sie abstrakt oder konkret, als gerade oder gewendelte Treppen darstellt, liegt im Auge des Betrachters und der Betrachterin. Wie die Künstlerin im Gespräch erklärt, ist eines dieser Motive aus dem Aichacher Gefängnis, ein anderes dem alten Augsburger Finanzamt entnommen.

Turid Schuszters Fahnen-Installation schließlich nimmt das gesamte Dachgeschoß ein. Ein Band am Boden, das alle Arten der menschlichen Fortbewegung beschreibt, geleitet die Besucher und Besucherinnen durch ein Labyrinth aus großen weißen Flies-Fahnen mit feinen Tusche-Zeichnungen, Schriftfragmenten und Typographien. Dargestellt sind menschliche Tugenden und Eigenschaften - auf dem Weg über die zweiteilige Flies-Brücke zum Ziel im Inneren, in dem das Lot vielsagend von der Decke hängt.

Die Ausstellung „189 Schritte” der Reihe „Wechselspiel - Spielwechsel” im Aichacher Köglturm am Unteren Tor ist noch bis Sonntag, 29. August, jeweils samstags und sonntags zwischen 14 und 18 Uhr, sowie auf Anfrage zu besichtigen. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.


Von Carina Lautenbacher
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