Ihrer Mutter gehe es so weit ganz gut, teilt die Frau mit. Seit einer Woche etwa wisse sie von deren Covid-19-Infektion. Übelkeit sei aufgetreten, dazu ein „undefinierbarer Husten”, beschreibt die Tochter den Zustand der Seniorin. Was für sie beide am schwersten sei, das sei der fehlende Kontakt. Wie alle Bewohner mit einem positiven Corona-Test musste auch jene ältere Dame umziehen. Raus aus den gewohnten vier Wänden, rein in die Isolierstation. Ohne eigenes Telefon. Kontakt läuft nur über die Station. Belastend für die sonst so kommunikative Seniorin. Belastend für die Tochter, die nie genau weiß, wie es ihrer Mutter geht. Belastend für das Personal, weil die Mitarbeiter im Spital jetzt zahlreiche Telefonate mit Angehörigen führen müssen. Isolierstationen seien derzeit all die Trakte des Heilig-Geist-Spitals, in denen die Zimmer sind, schilderte am Montag Heimleiter Hans Eberle. Die Brandschutztüren in den Fluren seien quasi die Schleuse. Dort legen die Mitarbeiter die entsprechende Schutzkleidung an, die laut Eberle kurzfristig, aber ausreichend geliefert worden sei, beziehungsweise ziehen sie dort auch wieder aus. Der mittlere Bereich des Hauses, wo normalerweise der Aufenthaltsbereich ist, sei zur „neutralen Zone für die Versorgung” geworden, erklärt Eberle. Dort werde zum Beispiel das Essen hergerichtet und dann in die Trakte gereicht. Erstens, damit die Mitarbeiter sich nicht ständig aus- und anziehen müssen; zweitens, damit dort „nichts” hineingetragen wird. Die Senioren müssen alle in ihren Zimmern bleiben, führt Eberle weiter aus. Kein kleiner Ratsch auf dem Flur, kein gemeinsames Mittagessen. Man könne sich ausmalen, sagt der Heimleiter, was für eine demente Person eine Verlegung auf die Isolierstation bedeute. Eine fremde Umgebung, unbekanntes Personal in kompletter Schutzmontur mit einem ungewohnten Tonfall, ein veränderter Tagesablauf - das könne einen schon aus der Bahn werfen. „Das ist eine sehr große psychische Belastung”, weiß der Ecknacher. Nicht nur für die Senioren, auch für die Mitarbeiter. Die arbeiteten derzeit „absolut am Limit”. Von den etwa 70 Mitarbeitern des Spitals wurden allein 24 positiv auf Sars-CoV-2 getestet. Die, die arbeiten können, sind jetzt unter ganz anderen als den gewohnten Bedingungen im Einsatz. „Alle helfen zusammen, wir haben jetzt einen ganz anderen Ablauf”, schildert Eberle. „Wir müssen jetzt schauen, dass die Bewohner versorgt sind”, macht er die Prioritäten klar. „Wir hoffen, dass wir gut durchkommen, gemeinsam schaffen wir das”, sagt er. Ganz spontan kämen jetzt zwei neue Aushilfskräfte dazu, die die Mannschaft im Spital unterstützen wollen. In dem einen Fall sei das über einen persönlichen Kontakt zustande gekommen, die andere Person komme aus dem „Freiwilligen-Pool” vom Frühjahr. Den Kontakt habe die Heimaufsicht hergestellt. Menschen mit einem entsprechenden beruflichen Hintergrund, die im Spital anpacken, könne man jetzt gebrauchen, macht Eberle deutlich. Wie das Virus nun in die Einrichtung gekommen ist, dazu wisse er nichts, stellt Eberle klar. „Momentan ist das für uns nicht wichtig, das ist vergeudete Energie. Klar ist, dass niemand irgendwas absichtlich gemacht hat”, betont der Heimleiter. Absolute Priorität habe jetzt, dass man die Situation meistere. Wie Wolfgang Müller, Pressesprecher am Landratsamt, am Freitag mitteilte, gebe es „zum Viruseintrag” keine gesicherten Informationen. Die Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamts seien in den vergangen zwei Wochen mehrmals vor Ort gewesen und stünden praktisch täglich mit der Heimleitung in Kontakt. Die kommissarische Gesundheitsamtschefin Dr. Kirsten Höper hatte im Rahmen einer Pressekonferenz Vorwürfe gegen die Heimleitung erhoben, positive Corona-Testergebnisse von Mitarbeitern nicht gemeldet zu haben (wir berichteten). Damit die erwähnte ältere Dame den Kopf nicht hängen lässt, steht täglich eine Person aus ihrem Bekanntenkreis unterm Balkon. Mal mit der Familie sprechen, mal jemandem etwas zurufen, in ein vertrautes Gesicht blicken - Dinge, die der Genesung dienen. Wie wichtig das ist, weiß auch Hans Eberle, der die Sorgen der Angehörigen versteht. „Wenn einer im Krankenhaus liegt, möchte man vielleicht auch einmal dessen Hand halten. Doch das ist derzeit nicht möglich.” Ein Besuchsverbot gelte für das Spital übrigens schon seit Ende Oktober, betont er. Jene Angehörige sagt, sie schwanke „zwischen Wut und Hoffnung”. Wut, dass man ihre Mutter nicht besser vor einer Infektion geschützt habe. Wut, dass man sie, die Tochter, nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt über die positiven Tests bei den Mitarbeitern informiert habe. die Tochter quälen zudem Fragen zum Hygienekonzept. Sie sorgt sich, wer jetzt für die Mutter sorgt. Sie hofft auf einen guten Verlauf der Krankheit.