Das Stadtoberhaupt stellte dabei die Frage, ob Trauer und Erinnerung durch alternde Zeitzeugen in Vergessenheit gerieten. Trauer und Erinnerung seien untrennbar miteinander verbunden. Für den Übergang von einer Kriegsnation in eine Friedensnation könne das Vergessen keine Option sein. Erst der gesamtgesellschaftliche Wandel, die kritische Aufarbeitung der Zeit, das Hinterfragen der Vergangenheit und die Lehren aus der Geschichte, sagte Habermann, könnten eine Wiederholung von Schreckensherrschaft verhindern. Vieles habe sich in den Jahren in der Region und in Deutschland zum Besseren gewendet, trotzdem seien Nationalismus, Rassismus, Hass und Intoleranz nicht völlig verschwunden - sogar in den Parlamenten wieder anzutreffen. Nationalistische Führungsansprüche im unmittelbaren europäischen Umfeld sowie „erbarmungslose Machtansprüche” unter den großen Weltmächten bereiteten zunehmend Sorge. Zudem ging Habermann auf das Leid vieler Flüchtlinge in „armseligen” Lagern ein, zeichnete ein Bild von einer Welt, in der Reichtum und Luxus auf der einen, Gewalt und Armut auf der anderen Seite stehen und sich gegenseitig bedingen. Die Bilder vom abgebrannten Flüchtlingslager in Moria müssten sich in das kollektive Bewusstsein einbrennen und deutlich machen, dass dauerhafter Friede weltweit nur möglich sei, wenn alle unter menschlich angemessenen Rahmenbedingungen leben könnten. Jede Zeit hätte ihren Fluch und ihren Segen. Aktuell hält eine Pandemie die Welt in Atem und ist auch in Aichach spürbar. Zwar seien die aktuellen Einschränkungen der Bevölkerung bei weitem nicht mit den Leiden der Nachkriegs- oder gar Kriegsgeneration vergleichbar, die entbehrungsreiche Zeit zeige aber, dass Freiheit mit Verantwortung zusammenhänge. Habermanns Ansprache war ein mit Fahnen flankiertes Requiem vorausgegangen, zelebriert von Stadtpfarrer Herbert Gugler. Er erinnerte daran, dass im Wittelsbacher Land 4000 Männer und Frauen in den Wirren des Zweiten Weltkriegs ihr Leben verloren. In der ganzen Region fanden am Sonntag Veranstaltungen anlässlich des Volkstrauertags statt.